Bregenzer Festspiele,
Der Vorverkauf läuft gut bei den Bregenzer Festspielen. Jetzt kann nur noch das Wetter "Madama Butterfly" die Laune verderben.
APA/STIPLOVSEK DIETMAR

Als die garstige Inflation mit dem Ukrainekrieg zu galoppieren begann und durch steigende Energiekosten, die alle anderen Preise befeuern, einen Schub bekam, wurde auch die sommerliche Festivalbranche durchgerüttelt. Ihre Kosten stiegen. Die Weitergabe der Belastungen per Ticketpreise findet statt, erfolgt jedoch unterschiedlich intensiv. Die Sitzplatzpreise der Seeproduktion Madama Butterfly bei den Bregenzer Festspielen beginnen bei 30 und enden bei 194 Euro. "Obwohl zum Zeitpunkt der Preisfestlegung absehbar war, dass die Teuerungsrate Richtung zehn Prozent tendierte, wurden die Preise im Schnitt nur um drei Prozent erhöht. Die günstigste Kategorie wurde seit 2016 nicht mehr erhöht", sagt der kaufmännische Direktor Michael Diem.

Im Burgenland darf's ein bisserl mehr sein: Bei den Seefestspielen Mörbisch wurden die Tickets bereits 2022 um sieben Prozent angehoben, um heuer unverändert zu bleiben. Daniel Serafin, Intendant der Oper im Steinbruch St. Margarethen, wo Carmen gezeigt wird, berichtet hingegen von einer 15-Prozent-Steigerung der Kartenpreise. Inflation und Energiekosten produzierten Mehrkosten in genau diesem Ausmaß. Auch die Salzburger Festspiele kommen nicht um moderate Steigerungen herum. Dort argumentiert der kaufmännische Direktor Lukas Crepaz mit der "hohen Eigenwirtschaftlichkeit von 75 Prozent". Das bedeute, dass 75 Prozent des Budgets von 68 Millionen Euro "insbesondere durch Kartenverkauf, privates Sponsoring und Spenden finanziert werden". Daraus folgt, dass "wir die höchsten Kategorien in der Oper moderat und deutlich unter dem Inflationsniveau anpassen, um hieraus Kartenmehrerlöse von etwa 3,4 Prozent zu erzielen". Es wäre dem Festival aber wichtig gewesen, die Preise "aller günstigeren Karten und der vielen Konzerte stabil zu halten. Dadurch kosten 50 Prozent unserer Karten weiterhin weniger als 110 Euro."

Kurz- und Spontankäufe

Wird das Publikum, das die Auswirkungen der Kosten auch in anderen Bereichen spürt, wegbleiben? Nun, Katastrophe ist keine in Sicht: "Auch in diesem Jahr verkaufen sich die gehobenen Karten früher als die günstigen", sagt Diem in Bezug auf Bregenz. Ähnlich lautet Crepaz' Salzburger Botschaft: "Der Vorverkauf läuft so gut wie in Vorpandemiezeiten. Prinzipiell zeigt sich, dass sich das Verhältnis zwischen Frühbuchungen und Kurz- und Spontankäufen nicht signifikant geändert hat." Generell spüre man "die große Sehnsucht nach gemeinsamen künstlerischen Erlebnissen". Auch die internationalen Gäste, die wegen Reisebeschränkungen in den letzten Jahren nicht kommen konnten, kämen wieder zurück. "Sehr viele Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Wie jedes Jahr gibt es aber für kurzfristig Entschlossene die Möglichkeit, zu Karten zu kommen. Das ist uns sehr wichtig", betont Crepaz.

Sorgenfrei wirkt auch Mörbisch, wobei es sich wegen des Blockbusters Mamma Mia! in einer Ausnahmesituation wähnt. Zieht das beliebte Musical, das auch ein Filmhit mit Hollywoodstar Meryl Streep wurde, aber womöglich in einem nicht wiederholbaren Ausmaß? Der Kartenverkauf läuft jedenfalls so gut wie im lang zurückliegenden Spitzenjahr 2009. Insgesamt rechnet man mit 180.000 verkauften Tickets. Auch im benachbarten St. Margarethen liegt der Kartenvorverkauf über Vorjahresniveau. Dennoch bemerkt Intendant Serafin einen Wandel: "Seit der Pandemie beobachten wir, dass die Spät- und Spontankäufe zunehmen. Dieser Trend hat sich seit dem Frühjahr verstärkt, was mit Sicherheit auf die Betriebskostennachzahlungen und Energiepreisanpassungen zurückzuführen ist."

Rechtzeitig bestellt

Ob die Leute gar nicht mehr zahlreich kommen oder später kaufen würden? Diese Frage mag im Vorfeld ebenso für Spannung gesorgt haben wie jene, wie man das Budget vor roten Zahlen bewahrt. "Die Personal-Valorisierungen von 2022 auf 2023 lagen bei etwa acht Prozent, wodurch sich zirka 40 Prozent des Gesamtaufwands um mindestens diesen Prozentsatz erhöhen", so Diem bezüglich Bregenz.

Glas Sekt
Wie teuer ist ein Glas Sekt heuer bei den Festspielen im Land? Bei 6,10 Euro beginnt's.
Der Standard/Getty Images

In St. Margarethen, sagt Serafin, gab es backstage Unsicherheit und Planungssorgen vor allem bei der Beschaffung von Holz und Stahl. Mit Partner Winter Artservice habe man durch rechtzeitige Bestellung den Bedarf sichergestellt, sodass es zu keiner Verzögerung beim Bühnenbau kam. Durch zeitgerechte Anschaffung wären auch Preissteigerungen im Wesentlichen kompensiert worden. Und die Seefestspiele Mörbisch? Belastend seien Materialkosten und höhere Löhne, heißt es. Durch einen gestiegenen Ticketverkauf würden die Mehrkosten jedoch abgedeckt.

Wird 2024 noch "lustiger"?

In Salzburg, sagt Crepaz, habe man nach multiplen Krisen der letzten dreieinhalb Jahre eine gewisse Routine in Krisenbewältigung erreicht. Wird diese Routine 2024 womöglich erneut ihre Wirkung entfalten müssen? "Die große Herausforderung liegt im kommenden Jahr, da die lang anhaltende Inflation entsprechend den Druck bei den Kollektivvertragsverhandlungen erhöht." Die Festspiele seien als produzierender Kulturbetrieb sehr personalintensiv, der Personalkostenanteil belaufe sich auf knapp 75 Prozent des Budgets. Eine Inflationsanpassung für die nächste Spielzeit sei notwendig. Und überhaupt, wer weiß, was noch kommt? Wer hätte gedacht, dass der Angriffskriegs gegen die Ukraine kommt, dass die unvorhersehbare Verdreifachung der Stromkosten 2022 belasten würde, sagt Crepaz.

Heuer, da mehr als 212.000 Karten angeboten werden, musste man "allein bei Personal, Energie und Material Zusatzkosten von mehr als 2,6 Millionen Euro auffangen. Das Budget, im Mai 2022 bereits am Anfang der Inflationsentwicklung erstellt, sah aber nur eine kleine Anpassung um 400.000 Euro vor", sagt Crepaz, der sich vor Zukunftsprognosen bezüglich Rezession oder aber eines kleinen Aufschwungs in Ermangelung einer Glaskugel hütet. "Wenngleich ich eine wirtschaftswissenschaftliche Universitätsausbildung genossen habe, fühle ich mich nicht bemüßigt, meine eigenen Prognosen abzugeben. Ich lese lieber die Analysen der Experten der Wirtschaftsforschungsinstitute, die bei allen Unsicherheiten von Stagflation bis zu einem schwachen Wachstum im nächsten Jahr ausgehen. Aber einfach wird die Situation für uns Kulturorganisationen sicher nicht." Dem würden wohl auch die Verantwortlichen in Bregenz, Mörbisch und St. Margarethen zustimmen. (Ljubiša Tošić, 10.7.2023)