Hitze Europa Abkühlung am Brunnen Trinken
Viel trinken ist bei der aktuellen Hitzewelle angeraten. Ist die Luftfeuchtigkeit hoch, belastet das auch bei jüngeren Personen den Kreislauf zusätzlich.
Dominic Lipinski/PA Wire/AP

Die global gesehen bisher heißeste Woche liegt hinter uns, wie die Weltwetterorganisation WMO berichtet. Erst galt der 3. Juli als weltweit wärmster Tag seit Beginn der Aufzeichnungen, kurz darauf war es der 4. Juli. Ein neuer Rekord dürfte mittlerweile am 7. Juli 2023 verzeichnet worden sein: Vorläufigen Daten zufolge betrug die globale Durchschnittstemperatur an diesem Tag 17,24 Grad Celsius. Das sind etwa 0,3 Grad mehr als am 16. August 2016. Auch damals war das Wetterphänomen El Niño, das aktuell wieder beginnt, besonders stark.

Mehr als 61.000 Hitzetote in Europa im Sommer 2022
Durch die Hitze im Sommer 2022 sind in Europa laut einer Studie mehr als 61.000 Menschen gestorben.
AFP

Die neuen Zahlen stammen vom japanischen Analyseprojekt JRA-3Q und sind noch nicht bestätigt, passen aber zu den bisherigen Daten des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus, heißt es seitens der WMO. Angesichts der neuen Höchstwerte sagte WMO-Klimadirektor Christopher Hewitt: "Wir befinden uns auf unbekanntem Terrain, und es ist zu erwarten, dass weitere Rekorde gebrochen werden, wenn sich El Niño weiterentwickelt, und diese Auswirkungen werden bis 2024 andauern." Sowohl an Land als auch im Wasser sei mit weiteren Hitzewellen zu rechnen. "Dies ist eine beunruhigende Nachricht für den Planeten."

Graph einer Temperaturkurve, die die Durchschnittswerte 1991 bis 2020 mit den Werten des Hitzejahrs 2016 und den bisherigen Zahlen des Jahrs 2023 vergleicht.
Die vorläufigen Daten deuten auf ein neues globales Hitzemaximum am 7. Juli 2023 hin, das den bisherigen Höchstwert im August 2016 übertrifft.
WMO, JRA-3Q

Das sind sowohl für Ökosysteme weltweit als auch für die menschliche Gesundheit düstere Aussichten. Wie derzeit viele Menschen in Europa merken, sind hohe Temperaturen körperlich belastend und können im Extremfall zum Tod führen. Eine neue Studie im Fachmagazin "Nature Medicine" zeigt, dass im Sommer 2022 auf dem Kontinent knapp 62.000 Personen im Zusammenhang mit Hitze gestorben sind. Auf Europa bezogen handelte es sich um den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen.

Ältere und Vorerkrankte besonders gefährdet

Den Datenanalysen und Computermodellen zufolge starben die meisten Hitzeopfer in Italien, 18.010 an der Zahl. Dahinter kommen Spanien (11.324 hitzebezogene Todesfälle) und Deutschland (8.173 Fälle). Für Österreich wurden 419 Hitzetote errechnet. Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ergeben sich in den 35 erfassten Ländern durchschnittlich 114 Hitzetote pro Million Einwohner, berichtet das Team um Joan Ballester vom Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal). In Österreich waren es 47 Todesfälle pro Million Einwohner.

Ausgewertet wurden mehr als 45 Millionen Todesfälle, die zwischen Jänner 2015 und November 2022 eintraten. Repräsentativ ist das für knapp drei Viertel der europäischen Bevölkerung, genauer: für etwa 543 Millionen Europäerinnen und Europäer in 35 Ländern. In den Sommermonaten 2022 war es im Durchschnitt etwa 0,2 bis 3,6 Grad wärmer als im Referenzzeitraum 1991 bis 2020.

Eine solche Analyse ist nicht trivial, weil sich Hitze unterschiedlich auf den Körper auswirkt. Die wenigsten Menschen versterben offiziell etwa an Hitzschlag. Meist sind die hohen Temperaturen ein erschwerender Faktor, der insbesondere für vulnerable Gruppen gefährlich wird. Personen mit Vorerkrankungen sterben häufiger während Hitzewellen. Eine solche Übersterblichkeit werten Forschungsgruppen als hitzebezogene Todesfälle aus, im Vergleich zum ähnlichen Zeitraum in früheren, weniger heißen Jahren.

In Zukunft mehr Hitzetote

Ältere Menschen sind besonders gefährdet, was auch angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung relevant ist. Nach Alter aufgeschlüsselt waren es im Sommer 2022 rund 37.000 Hitztetote im Alter von 80 Jahren oder mehr (in Österreich 213 Fälle), mehr als 9.000 Todesfälle zwischen 65 und 79 Jahren (160 in Österreich) sowie rund 5.000 Hitzetote unter 65 Jahren (52 in Österreich). In Frankreich starben besonders viele Menschen unter 65 Jahren an den Folgen hoher Temperaturen.

Im Zuge der Klimakrise dürften sich die Zahlen in den kommenden Jahren erhöhen, wenn keine passenden Maßnahmen ergriffen werden, warnt das Forschungsteam. Nötig sei die "Neubewertung und Stärkung von Hitzeüberwachungsplattformen, Präventionsplänen und langfristigen Anpassungsstrategien". Die Fachleute rechnen ohne ein solches Vorgehen in Europa mit ungefähr 68.000 hitzebezogenen Toten pro Sommer bis 2030. Bis 2050 würde sich die Zahl mit deutlich mehr als 120.000 Hitzetoten pro Sommer sogar verdoppeln.

Herz-Kreislauf-System belastet

Das Problem dürfe auch in den gemäßigten Klimazonen nicht unterschätzt werden, sagt Matthias an der Heiden vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin: "In heißeren Ländern gibt es oft schon mehr Anpassungen an hohe Temperaturen als hierzulande." Wie eine Metaanalyse aus dem Jahr 2022 zeigte, steigt das Sterberisiko bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen pro Grad Außentemperatur um etwa zwei Prozent.

Eine aktuelle Studie im "Journal of Applied Physiology" macht zudem deutlich, dass insbesondere eine feuchte Umgebung das Kreislaufsystem belastet. Die jungen, gesunden Probandinnen und Probanden zeigten in trockener Umgebung gehend bei Temperaturen von 41 Grad einen schnell und fortschreitend steigenden Puls, der auf starke Kreislaufbelastung hindeutet. Bei hoher Luftfeuchtigkeit wurde dieser Wert schon bei 34 Grad erreicht. Der Herzschlag kann als Indikator für die Belastung des Kreislaufsystems herangezogen werden: Etwa 20 Minuten, nachdem der Puls schnell zu steigen begonnen hat, erhöhte sich die Temperatur im Körper der Testpersonen. Ein Zeichen dafür, rasch für Abkühlung zu sorgen. (Julia Sica, 11.7.2023)