Anna Stierschneider im Labor
Anna Stierschneider forschte an der IMC Fachhochschule Krems und wurde für ihre Arbeit bereits mehrfach ausgezeichnet.
IMC Krems

"Sei ein Einhorn in einer Herde Pferde und hebe dich von der Masse ab.“ Anna Stierschneider findet ungewöhnliche Worte für ihre Berufung - die Biotechnologie. Für sie sind Fabelwesen und Wissenschaft gut vereinbar: "Einhörner sind sehr abstrakt, und in der Forschung sind abstraktes Denken, kindliches Denken und Neugier extrem wichtig." Letztere werde in der Schule leider oft abtrainiert. Nach den Sternen zu greifen und das Unmögliche möglich zu machen seien Ziele ihrer Forschung.

Biotechnologie als Glücksgriff

Ursprünglich ging die heute 28-Jährige auf eine eher wirtschaftlich ausgerichtete Schule. Das klassische Nine-to-five-Arbeiten im Büro hat ihr aber nie ganz zugesagt. Sie wollte lieber etwas Kreatives machen und Dinge bewegen. Zufällig ist sie bei einem Karrieretag auf den Studiengang Medical and Pharmaceutical Biotechnology an der IMC Fachhochschule Krems aufmerksam geworden. Das war so ein Glücksgriff, dass sie der Biotechnologie bis über den Ph.D. hinaus erhalten geblieben ist. Biotechnologie ist die Schnittstelle zwischen Biologie, also der Lehre vom Leben, und Technik.

Sie nutzt Enzyme, Zellen und ganze Organismen für menschliche Zwecke. Nicht jede Biotechnologie hat mit Medizin zu tun: Blaue Biotechnologie setzt sich mit Meeren und Gewässern auseinander, grüne mit Umweltfragen und weiße Biotechnologie umfasst etwa die Erforschung und Optimierung von Waschmitteln. Stierschneider war und ist im Bereich der roten Biotechnologie tätig, die sich um medizinische Fragen dreht. Ihr Spezialgebiet ist die Optogenetik. Dabei werden Zellkulturen mit Blaulicht beschienen. So können sogenannte Toll-like-Rezeptoren ein- und ausgeschaltet werden. Ein Lichtschalter für Botenstoffe sozusagen.

Mit Licht gegen Krebs und Sepsis

Dadurch lassen sich mehr Medikamente in kürzerer Zeit testen, als das bisher der Fall war. Ein Gewinn für die medizinische und pharmazeutische Forschung: Durch ihre Erkenntnisse werden etwa weniger Tierversuche notwendig. Spheroide - so heißen die Zellkulturklumpen, die menschliche Körper nachbilden - liefern annähernd die gleichen Informationen wie ein lebendiges Tier.

"Forschung ist immer Teamsache", sagt Stierschneider. Ihr Ph.D.-Projekt befasste sich mit Sepsis, ein früheres Forschungsprojekt mit Krebs. Immer im Zusammenhang mit den Toll-like-Rezeptoren und Licht. Dabei arbeiteten sie mit Unis in Österreich und international mit der Linköping Universität in Schweden oder dem Unternehmen Molecular Devices aus den USA zusammen.

Für ihre Forschung hat Stierschneider schon den Tecnet/Accent Innovation Award 2021 und den IMC Science Award 2023 erhalten. Gefragt, was sie denn sonst noch so mache, sagt sie mit einem Lächeln: "Jetzt während des Ph.D. nicht so viel." Stierschneiders nächstes Ziel ist ein eigenes Forschungsprojekt. Viel darf sie dazu noch nicht verraten, jedenfalls bleibt sie der Optogenetik und der Krebsforschung treu. (Luca Gasser, 17.7.2023)