Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Piroska Vargha, welche Leistungen bei einer Vermögensaufteilung nach einer Scheidung vom Gesetzgeber berücksichtigt werden.

Eine Ehescheidung zieht Veränderungen in vielerlei Hinsicht nach sich. Im Idealfall sind sich die zu scheidenden Parteien über Themen wie Kindesobsorge, Unterhalt sowie die Aufteilung der Vermögenswerte einig. Diesfalls sind die Grundvoraussetzungen für die einvernehmliche Ehescheidung gegeben. Gelingt eine solche Einigung nicht, ist das (strittige) Ehescheidungsverfahren einzuleiten, in welchem lediglich über die Ehescheidung an sich sowie die Verschuldensteilung entschieden wird. Eine Entscheidung über Vermögenswerte ist damit nicht verbunden, und diese sollte dem Gesetzgeber nach tunlichst außergerichtlich erfolgen. Wenn trotzdem die Hilfe eines Gerichts in Anspruch genommen werden soll, muss ein entsprechender Antrag innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils eingebracht werden.

Scheidung
Wird eine Entscheidung über Vermögenswerte vor Gericht gesucht, werden verschiedene Aspekte einberechnet– auch Kindeserziehung.
Getty Images/iStockphoto

Die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ist dabei stets eine Einzelfallentscheidung. Das eheliche Gebrauchsvermögen umfasst all jene beweglichen als auch unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter Ehe von beiden Eheteilen genutzt wurden, wogegen man unter ehelichen Ersparnissen beispielsweise Bargeld, Sparguthaben, Lebensversicherungen, aber auch einen Lottogewinn versteht. Das Gesetz sieht dabei einige Grundsätze vor, demzufolge soll die Aufteilung (unter anderem) nach dem Grundsatz der Billigkeit vorgenommen werden. Dabei soll primär auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Eheteils Bedacht genommen werden. Daneben ist auch auf den Grundsatz des Wohlbestehenkönnens Rücksicht zu nehmen, demnach sollen die bisherigen Lebensgrundlagen der Eheteile möglichst gewahrt bleiben, um einen leichteren Einstieg in den neuen Lebensabschnitt zu gewährleisten. Zuletzt stellt das Gesetz auf den Trennungsgrundsatz ab, welcher – nach Möglichkeit – die Trennung der Lebensbereiche der geschiedenen Eheteile vorsieht.

Auch immaterielle Leistungen zählen

Hinsichtlich der Beiträge der Eheteile ist nicht bloß auf die wirtschaftlichen Leistungen eines jeden Eheteiles abzustellen, sondern sind auch die Haushaltsführung, die Pflege und die Erziehung gemeinsamer Kinder sowie sonstiger ehelicher Beistand bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse entsprechend zu berücksichtigen.

In einer unlängst ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 257/22h) stellte dieser klar, dass eben diese immateriellen Leistungen auch höher wiegen können als ein rein finanzieller Beitrag, und bestätigte damit die Entscheidung des Erstgerichts, welches ein Aufteilungsverhältnis von 60:40 zugunsten der Ehefrau vorsah, da diese neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch die Kindeserziehung und Haushaltsführung übernahm. Die dadurch unstrittig bestehende – und den Alltag vieler Frauen widerspiegelnde – Doppelbelastung sah das Höchstgericht als größeren Beitrag als jenen des Ehegatten, der abseits seiner beruflichen Tätigkeit keinen berücksichtigungswürdigen Beitrag leistete. Wobei diese nach seiner eigenen Erkrankung ebenfalls entfiel und die Ehefrau sohin auch seine Pflege übernehmen musste.

Mit der Bestätigung dieser Aufteilung ist der Oberste Gerichtshof von seiner ständigen Rechtsprechung, wonach die Aufteilung zumeist eins zu eins vorgenommen wird – wenn auch nur geringfügig – abgewichen.

Wenn auch der Unterschied in absoluten Zahlen nicht wahnsinnig groß ist und der im gegenständlichen Verfahren für die Ermittlung des Aufteilungsschlüssel betriebene Verfahrensaufwand in keinem Verhältnis stehen mag, so ist die Anerkennung und Mehrbewertung der Doppelbelastung eine zu begrüßende Entscheidung. (Piroska Vargha, 14.7.2023)