San Francisco/Los Angeles - Die extreme Hitzewelle im Süden der USA hat einen ersten Höhepunkt erreicht. Im berühmten Death Valley - dem Tal des Todes - im Bundesstaat Kalifornien wurden am Samstagnachmittag 51 Grad Celsius gemessen. Für Sonntag wird sogar eine Rekordtemperatur von 54 Grad erwartet. In dem Nationalpark, der im Sommer zu den heißesten und trockensten Regionen der Erde zählt, bringt selbst die Nacht mit 38 Grad keine Abkühlung.

Im Süden und in der Mitte Kaliforniens wurden am Samstag Höchsttemperaturen von 41 bis 43 Grad erreicht.

Hitzewarnungen in mehreren Bundesstaaten

Der US-Wetterdienst hatte die Menschen in weiten Teilen des Landes zuvor vor einem "extrem heißen und gefährlichen Wochenende" gewarnt. Für dutzende Millionen Menschen in Bundesstaaten von Florida im Südosten über Louisiana und Texas bis nach Arizona, Nevada und Kalifornien im Südwesten galten Hitzewarnungen.

Die Region leidet seit Tagen und teilweise sogar schon seit Wochen unter großer Hitze. In Arizonas Hauptstadt Phoenix herrschen seit 16 Tagen Temperaturen von über 43 Grad, am Samstagnachmittag wurden sogar 47 Grad gemessen. Die Bewohner der Millionenstadt sind aufgerufen, wegen der "extremen Hitze" so wenig wie möglich ins Freie zu gehen, viel zu trinken und luftige Kleidung zu tragen.

Eine Hitzewarnung im Death Valley. Auf einem roten Schild steht in weißer Schrift:
Eine Hitzewarnung im Death Valley.
GETTY IMAGES NORTH AMERICA/DAVID MCNEW

In Texas wurden in der Stadt El Paso an der Grenze zu Mexiko inzwischen an 30 aufeinanderfolgenden Tagen Temperaturen von über 38 Grad gemessen. In Houston forderte der Energieversorger Reliant Energy die Menschen auf, von Samstag bis Montag jeweils von 14 bis 22 Uhr Strom zu sparen, weil Klimaanlagen den Verbrauch massiv in die Höhe getrieben haben.

Und bisher ist keine Abkühlung in Sicht: Die Meteorologen erwarten, dass die Hitze im Westen der USA mindestens das ganze Wochenende anhalten wird und dass es im Süden bis Anfang kommender Woche sogar noch heißer wird.

Über dem Süden der USA hat sich eine sogenannte Hitzekuppel gebildet, ein Hochdruckgebiet, das die Hitze wie ein Deckel in einer Region gefangen hält. Hitze ist in den USA in den meisten Jahren das Wetterphänomen mit den meisten Todesopfern. Wissenschaftern zufolge führt der Klimawandel dazu, dass Hitzewellen häufiger vorkommen, heißer sind und länger andauern.

Nordamerika erlebt schon seit Monaten beispielloses Extremwetter: Im Norden verbrennen riesige Wälder, Regen fällt wie sonst nur einmal im Jahrtausend, Städte sind überschwemmt und der Süden leidet unter Rekordhitze. Die Schäden sind riesig - die Anstrengungen der Industrieländer überschaubar. Es ist eigentlich egal, in welchen Teil der USA oder Kanadas man schaut: Wetterkatastrophen sind nie fern.

100.000 Quadratkilometer heuer in Kanada bereits abgebrannt

Während die Überschwemmungen nach Starkregen in New York und Vermont im Nordosten der USA gerade zurückgegangen sind, stellt Kanada in diesem Jahr indes einen traurigen Rekord auf: Den Behörden zufolge sind bereits 100.000 Quadratkilometer Wald und andere Landschaften abgebrannt (Stand Samstag) - eine Fläche größer als Ungarn. Kanada leidet damit unter der schlimmsten Waldbrand-Saison in seiner Geschichte. Rekordhitze und Rekordtrockenheit sorgten nicht nur für Feuer, sondern auch für apokalyptische Bilder. Nicht nur die US-Ostküstenmetropole New York versank zeitweise in einem dichten gelblichen Schleier des nach Süden ziehenden Rauches.

Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bringt das Ausmaß der kanadischen Waldbrände in direkten Zusammenhang mit der fortschreitenden Klimakrise: "Der Winter in Kanada war zu trocken, das Frühjahr zu warm; in den arktischen Gebieten verstärkt sich die Wirkung des Klimawandels, hier war es viel zu warm", erklärt sie. Teilweise seien schon im Frühjahr über 30 Grad in Städten wie Toronto gemessen worden - 18 Grad wärmer als normal.

"Die Ursache dafür ist ein beständiges Hochdruckgebiet, welches warme und trockene Luft in die Region brachte. Mit zunehmendem Klimawandel werden diese Wetterkonstellationen immer stabiler, diese Situationen halten also immer länger an", so Thonicke weiter. Ökologisch seien die Megafeuer jedenfalls eine Katastrophe und gefährdeten die Erholungsfähigkeit der betroffenen Wälder und Tundragebiete. Und nicht nur hier schlagen Forschende Alarm: Im Süden Floridas ist die Wassertemperatur auf über 32 Grad gestiegen - und gefährdet das Überleben der Korallen in der Region akut.

176 Milliarden US-Dollar Schaden im Jahr 2022

Wissenschafterinnen und Wissenschafter sind sich über den Zusammenhang der jüngsten Wetterphänomene mit der Klimakrise einig. Doch während Aktivistinnen und Aktivisten mit immer polarisierenderen Aktion versuchen, sich Gehör zu verschaffen, tun Politik und Wirtschaft nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) noch immer nicht ansatzweise genug, um das Pariser 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Viele Expertinnen und Experten sehen es schon längst außer Reichweite.

Ein Waldbrand in Donnie Creek, Kanada.
Ein Waldbrand in Donnie Creek, Kanada. Das Bild stammt vom 2. Juli 2023.
AP/Noah Berger

Derweil steigen mit jedem Jahr die Schäden, die durch Wetter- und Klimakatastrophen anfallen. Offiziellen Angaben zufolge waren es im Jahr 2022 allein in den USA 176 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert pro Jahr von 1980 bis heute liegt bei 58,5 Milliarden.

In New York trat zuletzt ein immer verzweifelter wirkender UN-Generalsekretär vor die Kameras. António Guterres hat den Kampf gegen die Klimakrise zu seinem zentralen Anliegen gemacht. Er predigt immer wieder, dass alle Länder ihre Anstrengungen deutlich verstärken müssten, um eine Reduzierung der Emissionen um 45 Prozent bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen.

Und während Staaten noch immer um Kompromisse für die Zukunft ringen und radikale Maßnahmen außer Reichweite sind, zog Guterres vor einigen Tagen einen ebenso nüchternen wie schockierenden Schluss: "Die Situation, die wir derzeit erleben, ist ein Beweis dafür, dass der Klimawandel außer Kontrolle geraten ist."

Biden: "Größte Bedrohung für die Menschheit überhaupt"

US-Präsident Joe Biden hat den Klimawandel zuletzt als "größte Bedrohung für die Menschheit überhaupt" bezeichnet. "Er ist real, ernst, wir haben nicht mehr viel Zeit", warnte Biden am Mittwoch in einer Rede in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Nur wenn man weltweit zusammenarbeite, ließe sich verhindern, dass die schlimmsten Folgen des Klimawandels "unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkelkinder zerstören".

Auf einem brauen Schild in Furnace Creek, Kalifornien, wird vor der Hitze gewarnt. Auf dem Schild steht:
Auch in Furnace Creek, Kalifornien, wird vor der Hitze gewarnt.
GETTY IMAGES NORTH AMERICA/DAVID MCNEW

Biden betonte auf die Klimakrise und andere Herausforderungen bezogen: "Wir stehen an einem Wendepunkt in der Geschichte, an dem die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, die Richtung unserer Welt für die nächsten Jahrzehnte bestimmen werden." (APA, red, 16.7.2023)