Martha Krumpeck bei einer Protestaktion der Letzten Generation, umringt von Kameras.
Martha Krumpeck, Mitbegründerin der Letzten Generation, klebte sich Dienstagmorgen abermals auf der Straße fest.
Sandra Schieder

Es dauerte nicht lange, bis ein Hupkonzert von Autofahrerinnen und Autofahrern einsetzte – zum Abschluss ihrer Juli-Protestwelle blockierten die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten der Letzten Generation Dienstagfrüh ab acht Uhr eine Kreuzung vor der Wiener Secession am Naschmarkt. Sie sorgten damit einmal mehr für Chaos und Stau im Frühverkehr.

Video: Zum Abschluss der Protestwelle haben die Klimaaktivistinnen der Letzten Generation beim Wiener Getreidemarkt und der Wienzeile erneut den Verkehr lahmgelegt
APA/Kha

Angekündigt hatten die Aktivistinnen und Aktivisten eine Pressekonferenz, in der sie Ausblick über geplante Proteste und auf die Zukunft der Bewegung geben. Im Endeffekt war es aber erneut eine Sitzblockade. Künftig wollen die Aktivistinnen und Aktivisten jedenfalls wieder stärker in den Bundesländern protestieren, in Wien sind erst wieder im September Aktionen geplant - einzelne Proteste im Sommer werden allerdings nicht ausgeschlossen.

"Neue demokratische Wege"

Martha Krumpeck, Mitbegründerin der Letzten Generation, kündigte außerdem an, dass sich die Bewegung künftig nicht mehr auf die Regierung konzentrieren wolle, sondern stattdessen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen werden, Verantwortung zu übernehmen.  "Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass die Regierung entsprechend handelt", sagt auch Florian Wagner, Sprecher der Letzten Generation, im STANDARD-Gespräch. Man wolle nicht mehr "darauf warten, dass die Regierung die Dringlichkeit versteht und Maßnahmen umsetzt". Nun müssten "neue demokratische Wege" gefunden werden, "um diese Transformation zu gestalten". Als Beispiel nannte Wagner Bürgerinnen- und Bürgerräte. "Wir brauchen Möglichkeiten, dass Bürgerinnen und Bürger selbst in Verantwortung treten können."

Auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen nahmen diesmal am Protest teil. Darunter Vertreterinnen und Vertreter des Klimarats, die Scientists, Parents und Seniors for Future sowie die Omas gegen Rechts. Die Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation riefen die Politik dazu auf, dem Klimarat und seinen 93 Forderungen Gehör zu schenken und dessen vorgeschlagene Maßnahmen umzusetzen.

Polizei löste Protest auf

Auch die Polizei war mit dutzenden Einsatzkräften vor Ort und löste die diesmal im Vorhinein angekündigte Aktion schließlich in altbekannter Manier auf. Sie löste die auf der Straße festgeklebten Aktivistinnen und Aktivisten los, trug sie weg und nahm mehrere Personen fest. "Die Landespolizeidirektion Wien stellt fest, dass sich in dieser Versammlung gesetzeswidrige Vorgänge ereignen, dass diese Versammlung die öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter angenommen hat, und löst die Versammlung gemäß den Bestimmung des Versammlungsgesetzes auf", sprach ein Polizist mehrmals hintereinander in ein Mikrofon. Nach 20 Minuten war der Protest auch schon wieder vorbei.

Zu einer hitzigen Debatte kam es zwischen einem Polizisten und einer auf dem Gehsteig sitzenden Klimaaktivistin kurz vor ihrer Festnahme. "Glauben Sie denn, dass nur Österreich die Welt retten kann?", fragte der Polizist. "Nein, das glaube ich nicht, aber Österreich hat eine historische Verantwortung", entgegnete eine sichtlich aufgebrachte Klimaaktivistin. Der Beamte hat jedenfalls genug von den Klimaaktionen: "Wir hören Ihre Parolen jeden Tag und ersuchen Sie, das zu unterlassen." Ein weiterer Polizist sagte schließlich in Richtung der Aktivistin: "Ich muss diese nette, kleine Unterhaltung jetzt unterbrechen, Sie sind nämlich festgenommen." Der STANDARD lauschte dem Gespräch, machte Notizen davon und wurde umgehend von einem Polizisten gefragt: "Und was machen Sie da?"

Drei Polizisten tragen einen Aktivisten der letzten Generation in einer Warnweste von der Straße
Die Einsatzkräfte trugen die Aktivistinnen und Aktivisten von der Straße.
Sandra Schieder

Neuer Protestort Autobahn

Erst Montagfrüh legten die Aktivistinnen und Aktivisten drei Standorte in Wien – am Altmannsdorfer Ast, auf der Schüttelstraße und direkt vor dem Schloss Schönbrunn – lahm und sorgten damit für gehörigen Unmut unter den Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Nicht zuletzt, weil erstmals auch eine Autobahn blockiert wurde – und zwar Österreichs meistbefahrene, die aus Staumeldungen bekannte A23. Laut ÖAMTC kollabierte am Montag daraufhin der Verkehr.

Ob auf der Autobahn oder mitten in der Stadt: Weitere Aktionen der Letzten Generation sind bereits geplant. Erhöhte Aufmerksamkeit herrscht derzeit jedenfalls am Flughafen Wien. Nachdem sich die Aktivistinnen und Aktivisten vergangene Woche auf Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf Zugang zu Rollfeldern verschafft und sich dort festgeklebt hatten, rechnet man auch in Wien mit ähnlichen Aktionen. (Sandra Schieder, 18.7.2023)