Mit einer Novelle will die Bundesregierung künftig härter bei Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz vorgehen. Unter anderem droht bei Verurteilungen im öffentlichen Dienst der Jobverlust. Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) warnt in ihrer Begutachtungsstellungnahme vor einer überschießenden Regelung. Auch der Strafrechtsexperte Alois Birklbauer ist skeptisch.

Der Professor an der Johannes Kepler Universität Linz argumentiert: "Die gesetzliche Verpflichtung entbindet den Arbeitgeber. Dieser sollte aber zu der Entscheidung einer Kündigung stehen." Auch die GÖD ist mit der vorgesehenen Regelung nicht ganz einverstanden. Es werde sehr niederschwelliges Verhalten unter Strafe gestellt. Ein automatischer Amtsverlust sollte daher den Schweregrad der Tat berücksichtigen. Der Rechtsanwaltskammertag wiederum kritisiert, dass bei einer Diversion kein Amtsverlust erfolgt.

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) bei einer Pressekonferenz.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) verhandelt die Gesetzesnovelle mit Koalitionspartner ÖVP.
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Eindruck einer "Bagatellisierung"

Andere Kritik kommt vom Mauthausen Komitee Österreich - vor allem daran, dass die Möglichkeit einer Diversion künftig auch erwachsenen Tätern offen stehen soll, wie DER STANDARD berichtete. Auch die KZ Gedenkstätte Mauthausen sieht diese Ausweitung "kritisch". Offen bleibe etwa, nach welchen Qualitätsstandards die Diversionsmaßnahmen stattfinden werden, wer die ausführenden Institutionen sein sollten und wer die Kosten für zu entwickelnde Programme tragen werde. Das MKÖ, aber auch die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft befürchten wiederum, dass der Eindruck einer "Bagatellisierung" dieser Straftaten entstehen könnte.

Begrüßt wird die Möglichkeit der Diversion hingegen vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Allerdings sollte diese nur für Jugendliche und junge Erwachsene angeboten werden. Erfreut über diese Möglichkeit zeigt sich auch Strafrechtsexperte Birklbauer gegenüber der APA. Die Möglichkeit einer Diversion sei begleitet von pädagogischen Maßnahmen wie einem Besuch der Gedenkstätte in Mauthausen und komme ohnehin nur für jene infrage die "keine gefestigte NS-Ideologie" zeigen, betonte Birklbauer, der selbst Teil der Arbeitsgruppe zur Evaluierung des Verbotsgesetzes war. Das betreffe beispielsweise Menschen, die "aus Spaß" ein entsprechendes Foto in Sozialen Netzwerken teilen oder "angetrunken aufstehen und Heil Hitler schreien."

Effektiveres Vorgehen

Weiters in der Novelle enthalten ist, dass etwa gegen das Tragen von gelben modifizierten Judensternen, wie es im Zuge der "Corona-Demonstrationen" stattfand, effektiver vorgegangen werden kann. Den Plänen zufolge wird etwa auch strafbar, wenn einschlägige Inhalte vom Ausland aus mit Zielrichtung Österreich gepostet werden. Das DÖW hält hier die Einschränkung auf über das Internet oder den Rundfunk abrufbare Inhalte für hinterfragenswert und würde auch Papier-Produkte einbeziehen. Nämlicher Vorschlag kommt vom Obersten Gerichtshof. Denn auch die gezielte Versendung von Printprodukten in großer Zahl nach Österreich - wie in der Vergangenheit erfolgt - könne keineswegs ausgeschlossen werden.

Weiters soll es eine neue Regelung den Behörden ermöglichen, NS-Devotionalien auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr zu ziehen. Derzeit können Gegenstände nur eingezogen werden, wenn Wiederbetätigung vorliegt. Bloßer Besitz ist nicht strafbar. Ginge es nach dem DÖW, sollte zusätzlich in digitaler Form Vorliegendes (z.B. Sammlungen einschlägiger Musikdateien, Memes) der Löschung anheimfallen. Dies spricht auch der Rechtsanwaltskammertag an. Er regt in seiner Begutachtungsstellungnahme an, auch digitale Sammlungen in die Bestimmung aufzunehmen.

Gesenkt wurde der Strafrahmen für die Leugnung des Holocausts von einem bis zehn Jahre auf sechs Monate bis fünf Jahre. Dafür wurde in der neuen Novelle das Wort "gröblich" gestrichen, womit auch leichtere Fälle von Holocaust-Verharmlosung umfasst werden sollen. Birklbauer geht davon aus, dass durch die Strafdrohungssenkung mehr Vorfälle umfasst werden können und diese schließlich zu mehr Verurteilungen führen wird. Besonders im Rahmen der "Corona-Demonstrationen" sei es zu vielen Vorfällen gekommen, die durch die neue Novelle juristisch belangbar werden würden.
Die Begutachtungsfrist für die Novelle ist am Mittwoch zu Ende gegangen. Ein Beschluss des Gesetzes ist für den Herbst angepeilt. (red, APA, 19.7.2023)