Wien – Unter dem Titel "Schlägerei in Wiener Schafbergbad: Polizei und Notarzt im Einsatz" berichtete das Rechts-außen-Onlinemedium "Exxpress" am Sonntag von einer "brutalen Schlägerei", die sich im Wiener Schafbergbad zugetragen hätte. "Der Täter soll über einen längeren Zeitraum mit seinen Fäusten auf das Opfer eingeschlagen haben", heißt es etwa.

Der "Exxpress" stellte zudem einen Konnex zu den deutschen Bädern her, wo "Beleidigungen, Körperverletzungen und sexuelle Attacken auf Mädchen" zur Tagesordnung gehörten. Die Angriffe gingen etwa auf das Konto "zugewanderter Machos", wie es laut "Exxpress" ein "Chefbademeister" formulierte.

"Exxpress"-Chefredakteur Richard Schmitt will eine Schlägerei im Wiener Schafbergbad erlebt haben.
Screenshot/Exxpress

Laut einem Bericht des "Falter" hat es die Schlägerei in Wien allerdings nie gegeben. "Die Geschichte im 'Exxpress' ist frei erfunden und gelogen", zitiert der "Falter" einen Sprecher der Wiener Bäder. Gegenüber dem STANDARD bestätigte der Pressesprecher seine Einschätzung unter Berufung auf den Einsatzbericht der MA 44, die für die Wiener Bäder zuständig ist. Von einer Schlägerei könne keine Rede sein. Die Polizei war zwar vor Ort, aber auch sie stellt einen Einsatz wegen einer Prügelei in Abrede.

Der Vorfall laut Einsatzbericht

Laut "Falter" hätten die beiden Bademeister am Sonntagnachmittag eine bewusstlose Person im Becken bemerkt, sie herausgezogen und in eine stabile Seitenlage gebracht. Der alkoholisierte Mann kam bereits vor dem Eintreffen der Rettung wieder zu sich und soll "äußerst aggressiv" auf die Einsatzkräfte reagiert haben, heißt es im Einsatzbericht, der dem "Falter" und dem STANDARD vorliegt. Aus diesem Grund wurde die Polizei gerufen. Nach dem Eintreffen der Beamten soll sich der Mann wieder beruhigt haben. "Weder war jemand aggressiv, noch gab es im Zuge dieses Vorfalls eine Schlägerei. Der Mann wollte sich lediglich anfänglich nicht behandeln lassen", heißt es laut "Falter" seitens der Landespolizeidirektion Wien. Der Badegast sei schließlich mit der Rettung ins Spital gebracht worden.

"Exxpress" bleibt bei seiner Version

Der "Exxpress"-Artikel über die "Schlägerei" steht noch immer unverändert auf der Homepage des Mediums. Auf Anfrage des STANDARD sieht "Exxpress"-Chefredakteur Richard Schmitt auch keinen Grund, den Bericht zu ändern. Er sei am Sonntag mit seiner Familie vor Ort gewesen. "Einer der Bademeister hat stark gestikulierend auch den vier Polizisten erzählt, dass er – der Täter – 'dem anderen immer wieder ins Gesicht geschlagen hat'", schildert Schmitt seine Version des Vorfalls. "Ich stand bei dieser Schilderung vier Meter neben dem Bademeister und dem Notarztwagen, meine Ehefrau auch", so Schmitt.

Im "Exxpresso"-Morgenmagazin erzählte Schmitt übrigens am Montag, dass er "selbst Augenzeuge" geworden sei, "wie zwei Männer aufeinander eingeprügelt haben". Und ein Bademeister hätte den Vorfall so berichtet. "Wir wissen natürlich nicht, ob das jetzt Herrschaften mit Migrationshintergrund waren oder nicht, es hat jedenfalls für ziemlich viel Aufregung gesorgt." Es sei eine "sonderbare Entwicklung, dass hier aufeinander eingeprügelt wird mit den Fäusten". Die Polizei müsse härter durchgreifen, fordert er.

ÖVP-Politikerin Sachslehner springt auf

Auf die Geschichte aufgesprungen ist die ÖVP-Politikerin Laura Sachslehner. Sie schreibt auf Twitter: "Dass es nach Vorfällen in Deutschland nun auch zu Gewalt in Wiener Freibädern kommt und dort die Polizei tätig werden muss, ist ein Armutszeugnis. Wieder einmal werden uns die Versäumnisse der Wiener Stadtregierung vor Augen geführt. Solche Zustände sind unserer Stadt unwürdig."

Die zahlreichen Hinweise, dass es sich bei der "Exxpress"-Geschichte um eine Falschmeldung handle, ignoriert Sachslehner vorerst. Am Donnerstagabend erklärte sie dann telefonisch, sie habe sich in ihrem Tweet um 10.21 auf einen Artikel in der "Kronen Zeitung" vom Vortag bezogen. Es wäre kein Wunder, wenn sich bald der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer mit einem Videoteam im Schafbergbad tummelt. (omark, 20.7.2023)