Klassisch und dennoch markant modern: Der MX-5 ND, vierte Generation also, ist ein Bilderbuch-Roadster.
Klassisch und dennoch markant modern: Der MX-5 ND, vierte Generation also, ist ein Bilderbuch-Roadster.

Meine erste Begegnung mit dem Phänomen Roadster war die mit dem Gig. Heißt eigentlich "die Gig", aber alle benannten das Gefährt maskulin. Per definitionem ein "zweirädriger offener Wagen mit Gabeldeichsel" und "Vorläufer des Cabriolets", war das eine abenteuerlich zusammengezimmerte und -geschweißte Konstruktion, mit der wir als Kinder Bauschutt, gemähten Rasen und wasweißichwassonstnochalles zur Entsorgungsstelle fahren mussten.

Gig am Fahrrad fixiert, hieß es auf dem Hinweg schieben. Auf dem Rückweg bestieg mein Bruder die leere Ladefläche und, heißa!, ging es im Schuss bergab, beim Queren der Gleise der "Pemperlbahn" hüpfte der Gig noch lustig herum, da waren dann doch ein paar Schutzengel gut beschäftigt, dass die Personenfracht nicht irgendwann einmal herausfiel.

Es gibt auch eine Targa-Version des Mazda MX-5.
Es gibt auch eine Targa-Version des Mazda MX-5.

Am Original Maß nehmen

Die andere frühe Begegnung war mit einem MGB Roadster – als Modellauto. Damit sind wir auch schon mittendrin im Hauptgeschehen, denn als es um Großbritanniens Automobilindustrie bereits geschehen war und die Japaner mit ihren Gefährten die Welt eroberten, sahen sich die von Mazda, mit seltenem Gespür für das Machbare gesegnet, das Konzept des klassischen vorwiegend britischen Roadsters an.

Das wär’ doch was: knackige Proportionen wie die Vorlage(n), gepaart mit unkaputtbarer japanischer Technik. 1989, da war vielleicht was los: Tian'anmen-Massaker in China. Umweltkatastrophe des Öltankers Exxon Valdez vor Alaska. Und in Japan: Tod von Tenno Hirohito, Geburt der Toyota-Premiummarke Lexus. In diesem bedeutungsschwangeren Jahr also legte der MX-5 los, mit Klappscheinwerfern noch, und er war auf Anhieb ein überwältigender Erfolg.

Was damals galt, gilt heute noch, in vierter Generation, die auch schon wieder seit 2015 auf dem Markt ist: preislich erschwinglich, leichtfüßig, verhältnismäßig maßvoll motorisiert – und man ist mit dem Popometer immer beinahe auf Asphaltfühlung. Wie weiland im Gig lautet die Losung: Heißa!

Der Standard

Spaßgenerator

Von den beiden aktuellen Maschinen leistet die kleinere mit 1,5 Litern Hubraum 132 PS, die größere mit 2,0 Litern 184. Letztere gibt es in der Targa-Version RF jetzt sogar wieder mit 6-Gang-Wandlerautomatik. Aber ganz ehrlich, wer sollte in diesem Auto zur Automatik greifen, wo doch die knackige 6-Gang-Schaltung mit ihren superkurzen Schaltwegen integrierender Bestandteil des Spaßgenerators MX-5 ist?

Wir hatten diesmal zur Frischluftsaison den Roadster mit 184 PS ausgehändigt bekommen, und mag sein, die Zukunft gehört dem Elektroauto, aber wenn man eine ganze Weile nichts anderes gefahren ist, merkt man erst wieder, was ein Auto mit Seele bedeutet.

Bevor es losgeht, drücken wir die Taste für den elektrischen Dachversenkmechanismus, dauert um die 15 Sekunden – falsch, gut aufgepasst, war eine lesetechnische Sollbruchstelle: Das Textilverdeck öffnet und schließt so schnell, wie man das hinbekommt, von Hand. Griff mittig nach oben, entriegeln, hochdrücken, nach hinten werfen, reindrücken, fertig. Schlauer geht’s nicht.

Für das Design zeichnet Masashi Nakayama verantwortlich.
Für das Design zeichnet Masashi Nakayama verantwortlich.

Artgerechte Haltung

Die 184-PS-Maschine ist nicht etwa auf brüllkreischblubber getrimmt (waren die Motoren im MX-5 nie, sondern stets akustisch zurückhaltend), beteiligt sich aber angemessen lustvoll am Geschehen, und auch wenn man diesen MX-5 ein paar Tage artgerecht hält, wird man keinen Schock beim Verbrauch bekommen. Laut Bordcomputer ergab sich ein Wert von 7,6 Litern je 100 Kilometer, das ist nicht weit weg vom Normverbrauchswert von 6,9.

Beim Entschleunigen tritt die Brembo-Bremsanlage in Aktion, sie lässt sich fein dosieren, und die rot lackierten Bremssättel machen auch optisch etwas her. Zum Erbgut des MX-5 zählt auch die Option, ein wenig mit dem Heck zu schwanzeln – was übrigens auch für Nichtgeradesuperkönner ein rasch erlernbares Gaudium ist. Bei dem einem erst auffällt, wie gekonnt die Recaro-Sportsitze für Seitenhalt sorgen.

Recaros und Brembo gehören zur neuen Topversion Homura, zu der auch noch Bilstein-Stoßdämpfer und geschmiedete 17-Zoll-Leichtmetallräder von BBS zählen. Damit Schluss für heute, ich geh’ jetzt MX-5 fahren. Raus in Luft, Licht und Sonne. Den MX-5 genießen, solange es geht. Heiß, heißer, heißa! (Andreas Stockinger, 20.7.2023)