Gesundheit, Lebensverlängerung, Lebensstil
Viel Bewegung, ein aktives Sozialleben, ausreichend Schlaf, kein Nikotin und keine Opioide allein würden schon ausreichen, um das Leben merklich zu verlängern.
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Ein gesunder Lebensstil kann den Tod bei günstiger genetischer Ausstattung um viele Jahre hinausschieben – diese Erkenntnis ist weder neu noch besonders revolutionär. Was das konkret bedeutet, hat deshalb ein Team um Xuan-Mai Nguyen von der University of Illinois anhand von Daten, die bei über 700.000 US-Veteraninnen und -Veteranen im Alter von 40 bis 99 Jahren erhoben wurden, über einen langen Zeitraum hinweg genauer untersucht. Das nun auf der internationalen Konferenz Nutrition 2023 in Boston präsentierte Ergebnis umfasst acht Gewohnheiten, die einen Menschen im Durchschnitt um mehr als zwanzig Jahre länger leben lassen im Vergleich zu jenen, die diese Tipps nicht beherzigen.

Sportlich und rauchfrei

Laut der Studie definiert sich ein gesunder Lebensstil durch folgendes Verhalten: körperlich aktiv zu sein, nicht zu rauchen, gut mit Stress umgehen zu können, sich gut zu ernähren, nicht unmäßig Alkohol zu trinken, gut und regelmäßig zu schlafen, positive soziale Beziehungen zu pflegen und nicht von Opioid-Schmerzmitteln abhängig zu sein. Auf Basis dieser Gewohnheiten würden 40-jährige Männer im Schnitt 23,7 Jahre länger leben als mit einem sehr schädlichen Lebensstil. Bei Frauen beträgt der Unterschied 22,6 Jahre.

"Wir waren wirklich überrascht, wie viel man mit der Einführung von einem, zwei, drei oder allen acht Lebensstilfaktoren gewinnen konnte", meinte Nguyen. Als größte Risikofaktoren stellten sich eine geringe körperliche Aktivität, die Abhängigkeit von Opioid-Schmerzmitteln und Rauchen heraus. Diese Faktoren waren mit einem erhöhten Sterberisiko von jeweils 30 bis 45 Prozent während des Studienzeitraums verbunden.

Es ist nie zu spät

Bei schlechtem Umgang mit Stress, hohem Alkoholkonsum, ungesunder Ernährung und schlechten Schlafgewohnheiten war das Sterberisiko um jeweils rund 20 Prozent erhöht, beim Mangel an guten sozialen Kontakten um fünf Prozent. Die Medizinerinnen und Mediziner stellten fest, dass ein Wechsel zu einem gesunden Lebensstil auch im gesetzten Alter noch die Lebenserwartung erhöht. "Je früher, desto besser, aber selbst, wenn Sie mit 40, 50 oder 60 nur eine kleine Änderung vornehmen, ist es immer noch von Vorteil", betonte Nguyen.

Die Daten der Studie stammen aus dem Million Veteran Program, einem nationalen Forschungsprogramm der USA, das untersucht, wie sich Gene, Lebensstil, militärische Erfahrungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von ehemaligen Militärangehörigen auswirken. Die Analyse von Nguyen und Kollegen berücksichtigte die Daten von 719.147 weiblichen und männlichen Veteranen, die in den Jahren 2011 bis 2019 erhoben wurden.

Gesundheit, Lebensstil, Lebensverlängerung, Krebs
Die Grafik zeigt die geschätzten Auswirkungen von Faktoren für eine gesunde Lebensweise auf die zusätzliche Lebenserwartung von Männern im Vergleich zu Männern, die keine dieser Gewohnheiten haben. Die Studie verdeutlicht, dass eine Lebensstiländerung bei nur wenigen dieser Faktoren oder eine Veränderung im höheren Alter immer noch einen erheblichen Gewinn bringen kann.
Grafik: VA Million Veteran Program

Wissen über Krebsrisikofaktoren

Der Lebensstil spielt auch bei der Senkung des Krebsrisikos eine wichtige Rolle. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählen Alkohol, geringe körperliche Aktivität, ungesunde Ernährung, Übergewicht, rotes und verarbeitetes Fleisch, zuckerhaltige Getränke, Tabakkonsum und ultraviolette Strahlung zu den Krebsrisikofaktoren. Eine Studie der Union for International Cancer Control (UICC) ergab, dass in zehn Industrieländern mit hohem Einkommen im Durchschnitt ein Drittel der Befragten keine Empfehlungen zur Krebsprävention befolgt. Die untersuchten Länder waren Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Japan, Kanada, Schweden, Spanien und die USA.

"Es ist wichtig, zu verstehen, ob Menschen nichts unternehmen, um ihr persönliches Krebsrisiko zu senken, weil sie nicht über die Risikofaktoren Bescheid wissen, oder ob sie trotz Kenntnis der Risikofaktoren nicht handeln", sagte Pricivel Carrera vom Nationalen Krebspräventionszentrum. Deshalb analysierte sie zusammen mit ihrer Kollegin Silvia Calderazzo vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg die Daten der UICC-Studie im Hinblick auf den Wissensstand zu Krebsrisikofaktoren.

Vermeidbare Krebsfälle

Dabei stellten sie fest: Wenn sich die Anzahl der Menschen, die gut über Krebsrisikofaktoren informiert sind, um einen Prozentpunkt erhöht, steigt die Zahl an Personen, die Maßnahmen zur Verringerung ihres Risikos ergreifen, um durchschnittlich 0,169 Prozentpunkte.

Am schlechtesten waren die Menschen in Japan informiert, und dort betrieben auch am wenigsten eine Krebsprävention. Doch auch in Deutschland wussten die Befragten unterdurchschnittlich über Krebsrisikofaktoren Bescheid. "In Deutschland gelten an die 40 Prozent aller Krebsfälle als vermeidbar – durch einen gesunden Lebensstil und die Nutzung von Impfungen", sagt Carrera. (tberg, red, APA, 26.7.2023)