Der Mediziner Hanns Moshammer begann seine Pressekonferenz mit ungewöhnlichen Worten. "Ich möchte mich kurz vorstellen. Hanns Moshammer, ich bin nicht von der Windindustrie gekauft", sagte der Leiter der Abteilung Umwelthygiene und Umweltmedizin der Med-Uni Wien. Er bekomme nicht einmal die Zugfahrt zur Pressekonferenz bezahlt, weil er ein Klimaticket habe.

Die IG Windkraft will unberechtigten Ängsten und Mythen rund um diese erneuerbare Energiequelle entgegentreten – gleichsam mit wissenschaftlichem Rückenwind. Neben Moshammer saß auf Einladung der Interessenvertretung auch Heinz Fuchsig von der Ärztekammer am Mittwoch auf dem Podium. Ein Irrglaube, der beharrlich im Internet kursiert und mit dem die beiden Mediziner aufräumen wollen: Der sogenannte Infraschall, also nicht hörbare Frequenzen durch Windräder, sei angeblich gesundheitsschädlich.

Grundsätzlich sei Infraschall ein problematischer Begriff, weil die Hörschwelle "individuell sehr unterschiedlich" sei, meint Moshammer. Natürlich könne Schall mit niedriger Frequenz "störend sein". Er sei "daher streng zu begrenzen, und wir begrenzen ihn auch sehr streng", sagte der Forscher mit Blick auf den gesetzlichen Status quo. In Österreich dürfen Windkraftanlagen nur hochgezogen werden, wenn keine Lärmbelästigung für Anrainer folgt.

Windpark in Neudorf im Burgenland
Windpark Neudorf: Im Burgenland stehen rund 450 Windkraftanlagen.
APA/ROBERT JAEGER

Windräder machen nicht krank

Die wichtigste Botschaft Moshammers an Skeptiker: Dass der Lärm von Windrädern zu Herzinfarkten, Schlaganfällen oder anderen schweren Erkrankungen führe, ist ein Mythos. Er verwies auf eine flächendeckende Untersuchung in Dänemark, wo bei Anrainern von Windparks keinerlei negative Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt wurden. Die Infraschall-Angst in Internetforen beruhe auf einer Verwechslung von "sehr energiereichem tieffrequentem Schall" mit Infraschall, erklärte Moshammer.

Eine Rolle dabei, wie sich Windräder aufs Wohlbefinden auswirken, spiele auch die persönliche Einstellung, sagte Moshammer über die dänischen Daten. "Bei Menschen, die nahe an Windparks wohnen und daher höheren Belastungen ausgesetzt sind, gab es tatsächlich mehr Schlafstörungen und einen höheren Konsum von Schlafmedikamenten. Dabei hat aber hauptsächlich die Einstellung zu den Windrädern und nicht die tatsächliche Belastung mit diesen Effekten korreliert."

Lösungsleugner

Fuchsig sieht die dunklen Mythen rund ums Windrad eingebettet in andere Verschwörungserzählungen über neue Technologien wie Photovoltaik und Wärmepumpen. Die Verbreiter dieser Narrative seien einst Klimawandelleugner gewesen, später dann zu Leugnern des menschlichen Einflusses aufs Klima geworden, und nun bekämpften sie die Lösungen, sagte der wissenschaftliche Leiter des Kurses Umweltmedizin der Ärztekammer.

Windräder seien auch für die Gesundheit besser als fossile Energiequellen. "Ich habe selber in einem Windpark geschlafen, um das zu erleben. Ein Ortsaugenschein ist für einen Gutachter ja unverzichtbar", erzählte Fuchsig. Sein Fazit: "Infraschall ist definitiv nicht wahrnehmbar. Gehört habe ich ein Getriebe, das es bei modernen Windrädern aber nicht mehr gibt."

Ziel: 120 Anlagen pro Jahr

Laut der IG Windkraft stehen in Österreich derzeit rund 1.700 Windkraftanlagen, die elf Prozent des heimischen Strombedarfs decken. Geschäftsführer Stefan Moidl betonte, die Windkraft sei beliebter, als manche Medienberichte glauben ließen. Er verwies auf eine Umfrage der Universität Klagenfurt von 2021, in der 78 Prozent der Befragten die Errichtung eines Windrads etwas außerhalb ihres Ortes befürworteten. Die Zustimmung von Leuten, die bereits in der Nähe eines Windparks wohnten, sei bei 88 Prozent und damit noch höher gelegen.

Die Regierung will den Strom aus Windkraft bis 2030 auf rund 17 Terawattstunden jährlich erhöhen, derzeit sind es acht. Dafür braucht Österreich laut IG Windkraft grob geschätzt 120 neue Windkraftanlagen pro Jahr. (Lukas Kapeller, 26.7.2023)