Niamey – Die Putschisten in Niger haben die Verfassung für ausgesetzt erklärt. Die Institutionen des Staates seien aufgelöst, sagte Oberst Amadou Abdramane am Freitag im Fernsehen. Der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tchiani, sei nun das Staatsoberhaupt. Tchiani hatte sich zuvor selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt. Tchiani äußerte sich am Freitag im nationalen Fernsehen – zwei Tage nachdem Offiziere der Präsidentengarde, einer Eliteeinheit des Militärs, den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.

Unter dem demokratisch gewählten Präsidenten des Landes, Mohamed Bazoum, habe es noch einen "politischen Diskurs" gegeben, wonach "alles in Ordnung" gewesen sei, sagte Tchiani. Die harte Realität sei allerdings geprägt von "Toten, Vertriebenen, Erniedrigung und Frustration", sagte der General weiter. Tchiani ist General des Heeres und wurde von Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou nach dessen Amtsübernahme 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert. Ob Tchiani den Rückhalt der gesamten Armee hat, war zunächst unklar.

Der demokratisch gewählte Präsident des Landes, Mohamed Bazoum, wurde unterdessen weiter von den Putschisten festgehalten. Offiziere der Präsidentengarde hatten Bazoum am Mittwoch in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt. Die Streitkräfte Nigers stellten sich am Donnerstag auf die Seite der rebellierenden Militärs. Die Putschisten warnten ausländische Staaten davor, militärisch einzugreifen.

Unruhen bei Demonstrationen

Freitagmorgen war die Lage in der Hauptstadt Niamey Berichten eines Reporters der Deutschen Presse-Agentur vor Ort zufolge zunächst ruhig. Für den Nachmittag hat eine zivilgesellschaftliche Unterstützerallianz der Putschisten Demonstrationen angekündigt.

Video: Militärputsch im Niger destabilisiert Sahelzone weiter
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Am Donnerstag hatte das nigrische Innenministerium eigentlich jegliche Proteste "bis auf weiteres verboten", um die Bürger zu schützen, wie es hieß. Bei Demonstrationen am Donnerstagnachmittag hatten Unterstützer der Putschisten die Zentrale der Präsidentenpartei angegriffen und diese Medienberichten zufolge in Brand gesetzt.

Opposition soll auf der Seite der Putschisten sein

Die Streitkräfte Nigers stellten sich in einer Bekanntmachung am Donnerstag auf die Seite der Putschisten. Einer Mitteilung in nigrischen Medien zufolge stellen sich auch Oppositionsparteien hinter sie. Unklar blieb zunächst, welche und wie viele Parteien dahinterstanden. Die Verfasser der Mitteilung riefen für Freitag zu Demonstrationen auf. Am Donnerstag hatten Unterstützer des Putsches bei Protesten den Sitz der Präsidentenpartei in Niamey angegriffen.

Ein Mann, der ein brennendes Auto löscht.
Am Mittwoch wurde im westafrikanischen Niger die Regierung vom Militär gestürzt.
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Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Der Niger ist in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt der westlichen Bemühungen gerückt, dem gewaltsamen Vormarsch der Jihadisten in Westafrika und auch einem wachsenden militärischen Einfluss Russlands entgegenzuwirken. (APA, 28.7.2023)