Die Inflation ist im Juli laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 7,0 Prozent gesunken. Gegenüber dem Vormonat steigt das Preisniveau voraussichtlich nur um 0,1 Prozent. Damit setzt sich der Rückgang der Teuerung in Österreich fort. Im Juni war die Inflation laut Statistik Austria noch bei 8,0 Prozent gelegen, im Mai bei 9,0 Prozent. Im Jänner hatte das Land noch eine satte Teuerung von 11,2 Prozent durchgemacht. Mit 7,0 Prozent erreicht Österreich im Juli nun voraussichtlich den niedrigsten Wert seit März 2022. Im internationalen Vergleich bleibt die Inflation aber hoch – laut Eurostat lag diese in den Staaten der Eurozone im Juni bei durchschnittlich 5,5 Prozent.

Wie erklärt sich die leichte Dämpfung im Juli? "Die Treibstoffpreise waren letztes Jahr im Juni und Juli am höchsten. Da hatten wir Diesel- und Superbenzinpreise deutlich über zwei Euro. Derzeit sind wir hingegen bei 1,50 bis 1,55 Euro beim Diesel und um die 1,60 Euro bei Super", sagt Wifo-Forscher Josef Baumgartner zum STANDARD. Ähnlich sieht das Statistik-Austria-Chef Tobias Thomas: "Die Treibstoffe und Heizöl sind im Vergleich zum Juli des Vorjahres deutlich günstiger." Bei den aktuellen Zahlen handelt es sich um eine Schnellschätzung. Die genauen Ergebnisse für Juli werden am 18. August bekanntgegeben.

Im Herbst sei dann ein weiterer dämpfender Effekt auf die Inflation zu erwarten, wenn die Haushaltstarife für Strom und Gas sinken werden, insbesondere im Osten des Landes. Energiekonzerne wie Wien Energie und EVN würden ab Oktober wohl "markant niedrigere Preise" als im September des Vorjahres anbieten, erwartet Baumgartner. Die Preise für Haushaltsenergie treiben die Teuerung nun weitaus weniger als vor einem Jahr, sagt auch Statistik-Austria-Chef Thomas.

Gasherd in Österreich
Strom und Gas sind in Österreich teuer geworden, und viele Wirtschaftszweige kochen derzeit auf kleiner Flamme. Die Konjunktur schwächelt.
DER STANDARD/Heribert Corn

Deftige Energiepreise

Warum die Österreicher im Vergleich der Eurostaaten dennoch unter einer hohen Inflation stöhnen? Die Gründe seien vielfältig, sagt Baumgartner. Ein Grund: In Österreich würden die Energiepreise immer noch einen hohen Beitrag zur Teuerung liefern.

"Die Preissenkungen im europäischen Energiegroßmarkt kommen in Österreich verzögert bei den Kunden an, weil wir hierzulande längere Vertragslaufzeiten mit Bindungen haben und die Tarife dadurch länger hoch bleiben", sagt der Ökonom. Da müssten die Energieversorger von sich schon früher niedrigere Tarife anbieten, damit die Preisreduktionen schneller bei den Haushalten ankämen.

Teure Dienstleistungen

Ein zweiter Grund liege im Dienstleistungsbereich. In österreichischen Hotels und Restaurants sind Preise besonders stark gestiegen. Das Gewicht dieser Preise im Warenkorb des Verbraucherpreisindex sei im Tourismusland Österreich ungefähr doppelt so hoch wie zum Beispiel in Deutschland.

Ein weiterer Grund sei der Mix der politischen Maßnahmen. Im vergangenen Jahr seien Maßnahmen verabschiedet worden, die hauptsächlich den Kaufkraftverlust durch die Teuerung abgeschwächt haben, und nur wenige Maßnahmen, die direkt auf die Preise selbst gezielt haben, sagt Baumgartner. Zudem seien diese Unterstützungen sehr breit für alle Haushalte unabhängig vom Einkommen ausgerollt worden, etwa der erweiterte Klima- und Antiteuerungsbonus.

"Es wäre sinnvoller, wenn diese Maßnahmen viel zielgerichteter auf das Einkommen abgestimmt wären. Das Problem ist, dass es nach wie vor kein Instrumentarium dafür gibt, wie man das unbürokratisch bewältigen kann", sagt der Wifo-Forscher.

Hohe Lohnabschlüsse

Als vierten Grund führt Baumgartner die sogenannte Kerninflation an, bei der bestimmte Güter bei der Berechnung der Inflation ausgeschlossen werden. "Da kommen die Lohnkosten ins Spiel. Um den Kaufkraftverlust auszugleichen, werden die Lohnforderungen der Gewerkschaften höher. Diese höheren Lohnabschlüsse wirken dann erst im nächsten Jahr. Die Unternehmen werden wiederum die höheren Arbeitskosten auf die Preise überwälzen."

Wifo: Leichte Rezession

Als hätten gerade Menschen mit kleineren Einkommen mit der Inflation nicht schon genug zu kämpfen, schwächelt auch die Konjunktur. Österreichs Wirtschaftsleistung ist im zweiten Quartal gegenüber dem Vergleichsquartal 2022 laut Wifo-Schnellschätzung preisbereinigt um 0,4 Prozent geschrumpft. Industrie und Bauwirtschaft haben zu kämpfen. Übers Jahr gesehen soll die Wirtschaft aber leicht wachsen.

"Mit der Weigerung, gezielt und strategisch in Preise und Mieten einzugreifen, hat die Bundesregierung Österreich nicht nur zum Hochinflationsland gemacht, sondern auch die Sozialpartner vor der Herbstlohnrunde in eine schwierige Ausgangslage gebracht: hohe Inflation und Konjunkturabschwung", kritisierte jüngst Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer.

Ausblick: Inflation bleibt hoch

Die horrende Teuerung wird wohl noch lange die politischen und ökonomischen Debatten im Land bestimmen. Im Wifo geht man davon aus, dass Österreich auch 2024 und 2025 unter den Ländern in der Eurozone mit der höchsten Inflation sein wird. Wenngleich anzunehmen sei, dass die Inflation deutlich zurückgeht, sagt Wifo-Ökonom Baumgartner. Für das nächste Jahr erwarte man in Österreich eine Inflation zwischen 3,5 und vier Prozent. (Lukas Kapeller, 31.7.2023)