"Für Spitzenvertreter:innen der Bundesebene wird es eine Nulllohnrunde geben", stellte Kanzler Karl Nehammer am Dienstag klar.
APA/GEORG HOCHMUTH

PRO: Idealisten statt Kapitalisten

von Guido Gluschitsch

Das ist ja wohl das Mindeste, dass sich Politikerinnen und Politiker nicht die Inflation entschädigen, für die sie mitverantwortlich sind. Zudem verdienen sie mehr als gut, auch wenn man mitunter den Eindruck gewinnen könnte, dass manche den Hals nicht vollkriegen. Etwa wenn die einen auf Ibiza beraten, wie sie noch mehr Macht und Reichtum anhäufen können, oder die anderen Parteigünstlingen Förderungen zuschieben, um selbst davon zu profitieren. Ein paar Ebenen weiter unten werden Geschäfte mit Grundstücken und Umwidmungen gemacht. Alles ganz legal – wenn es aufkommt, legt man das Amt ruhend.

Zudem darf man nicht vergessen, dass Spitzenpolitiker zu den stattlichen Gehältern, die sie erhalten, noch einen Dienstwagen mit Chauffeur bekommen und eine Spesenabrechnung haben, die jeden Normalverdiener blass werden lässt. So hart trifft sie die Inflation also nicht, und unterm Strich bleibt stehen: ordentliches Gehalt, kaum Ausgaben, jede Menge Vorteile und keine Haftung.

Die KPÖ geht die Sache anders an. Deren Politiker brauchen keinen Luxusdienstwagen, und von den ausbezahlten Gehältern wird ein Teil gespendet, um sozial Benachteiligten zu helfen. Das geht sich mit dem aktuellen Gehalt aus. Das ist die Art von Politikern, die wir brauchen. Idealisten, die über die eigene Gürtelschnalle blicken und über die nächste Legislaturperiode hinaus denken wollen – keine egoistischen Kapitalisten. (Guido Gluschitsch, 1.8.2023)

KONTRA: Demokratie darf kosten

von Katharina Mittelstaedt

Ich werde mich gleich unbeliebt machen – und das ist verständlich. Denn die österreichische Politik hat einen miserablen Ruf – großteils selbstverschuldet: mutmaßliche Korruption, wirres Management, viele Stehsätze, wenige Ideen. Trotzdem: Kanzler, Ministerinnen, Abgeordnete, Bundespräsident und Landeshauptleute sollen gut bezahlt werden – auch künftig. Das ist richtig und wichtig.

Die Spitzenpolitik ist ein Job auf Zeit. Politische Karrieren sind selten lang, gemütlich und erfüllt. Oft enden sie abrupt und wenig glorreich. Natürlich, auch das liegt zumeist an den Betroffenen selbst. Und doch sollten uns in einer repräsentativen Demokratie die Repräsentanten etwas wert sein. Sie tragen enorme Verantwortung.

Auf Druck der Opposition und öffentlichen Meinung hat Karl Nehammer für 2024 eine Nulllohnrunde ausgerufen. Das bedeutet für alle politischen Amtsträger einen Einkommensverlust von bis zu einem Zehntel. Dabei verdienen Kanzler und Co schon jetzt deutlich weniger als noch Ende der Neunzigerjahre – und einen Bruchteil von Topmanagern in der Privatwirtschaft.

Verteilungsgerechtigkeit wird eine der größten Aufgaben der Zukunft. Es gibt genug Anlassfälle, sie zum Thema zu machen. Politikergehälter sind ein schlechter Grund. Politische Topjobs sollten hochattraktiv und schwer umkämpft sein. Denn wir werden die besten Köpfe brauchen. (Katharina Mittelstaedt, 1.8.2023)