Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein großer Gasfund gemeldet wird. Nicht in Europa, noch weniger in Österreich. Und noch dazu in einer Zeit, wo die mahnenden Stimmen lauter werden, die Abhängigkeit von russischem Gas endlich zu reduzieren. Mit dem Gasfund bei Groß-Enzersdorf in Niederösterreich hat die OMV am Freitag bei den einen Hoffnungen geweckt und bei anderen für herbe Kritik gesorgt.

Vertreter von Industrie- und Wirtschaftskammer, aber auch viele Haushalte, die mit Gas heizen oder kochen, sehen das Fördervorhaben mit Wohlwollen. In den Chor der Befürworter stimmt auch Brüssel ein. Klimaschützer sowie Unterstützer erneuerbarer Energien hingegen halten die Gasförderung für verzichtbar. Manche kritisieren, dass damit die Bekämpfung der Erderhitzung konterkariert würde, geopolitische Lage hin, wirtschaftspolitische Lage her. Doch so einfach ist es nicht.

In Baumbarten kommt auch russisches Gas an. Um dieses zu ersetzen, kommt ein Gasfund in Niederösterreich gerade recht.
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Tatsache ist, dass Österreich mit Ungarn zu jenen Ländern in der EU gehört, die am stärksten von Gaslieferungen aus Russland abhängig sind. Und das, obwohl seit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine und den Erschütterungen, die dieser Akt ausgelöst hat, inzwischen fast eineinhalb Jahre vergangen sind. Deutschland, das vor dem Krieg rund 55 Prozent seiner Lieferungen aus Russland erhielt, hat mittlerweile die gesamte Menge durch andere Bezugsquellen ersetzt. Der Anschlag auf die Ostseepipeline Nord Stream ließ Berlin schlicht keine andere Wahl, als möglichst rasch Ersatz zu finden.

Auch Länder wie Polen und Bulgarien kommen ohne russisches Gas aus, weil Moskau den Hahn zugedreht hat, oder stehen, wie Tschechien, kurz davor. Italien hat von sich aus die Importe kontinuierlich gekürzt und will bis Ende dieses Jahres ganz ohne russisches Erdgas auskommen.

Österreich ist anders. Wurden vor Putins Angriff auf die Ukraine fast 80 Prozent des Gasbedarfs aus russischen Quellen gedeckt, war es im heurigen Mai noch immer gut die Hälfte. Im März, als die Nachfrage höher war, lag der Wert bei 74 Prozent. Da kommt der Gasfund gerade richtig, möchte man meinen. An die 48 Terawattstunden (TWh) förderbares Gas wird in dem Feld vermutet, dessen Existenz schon länger bekannt war. Wirtschaftlich interessant geworden ist es erst mit dem Anstieg der Gaspreise, eine Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. So schließt sich der Kreis.

Ist der Fund wirklich so groß, wie behauptet wird? Ja und nein. Er enthält etwa 55 Prozent dessen, was Österreich im Vorjahr insgesamt verbraucht hat. Es ist ein Beitrag, der die Erdgasförderung im Inland längerfristig stabil halten kann, zumal aus bestehenden Feldern immer weniger Gas kommt. Allein wird es aber nicht reichen, um russisches Gas zu ersetzen. Dazu bräuchte es eine Strategie und einen Willen. Vor allem an Letzterem fehlt es. Das hat einen Grund: Die teilstaatliche OMV und somit indirekt die Republik profitieren von den vergleichsweise niedrigen Preisen für russisches Gas. Gaskunden und -kundinnen hingegen merken höchst wenig davon.

Und der Klimaschutz? Der würde nur dann leiden, wenn Österreich den massiven Ausbau von Wind- und Solarenergie stoppt. Doch davon ist nichts bekannt. Ganz ohne Gas wird es auch in den nächsten Jahren nicht gehen. Dann allemal besser aus heimischer, überwachter Förderung als aus Russland und anderen unsicheren Quellen. (Günther Strobl, 2.8.2023)