Salzburger Festspiele
Gerold Huber am Klavier und der Bariton Christian Gerhaher am Dienstag in Salzburg.
Credit: SF/Marco Borrelli

Märzveilchen gehen gleich zum Auftakt in eisgrauer Leere zugrunde. Die Raben vor dem Fenster machen mit dem Muttertraum kurzen Prozess: "Dein Engel, dein Engel wird unser sein." Das Herz zerreißt es dann nicht nur dem Soldaten, der ins Erschießungspeloton kommandiert und den Freund ins Herz treffen wird: Da nimmt Schumann Mahler vorweg – und Christian Gerhaher erlaubt sich einen ersten durch gesteigerte Lautstärke expressiven Moment.

Der Sänger beehrte am Dienstag, begleitet von Gerold Huber am Klavier, die Salzburger Festspiele mit einem Schumann-Liederabend: Verratene Liebe, das letzte der Fünf Lieder op. 40, fordert wiederum weder Sterben noch Verderben, sondern einfach den guten Ruf von zweien, die sich haben erwischen lassen.

Mit dem Liederkreis op. 39nach Gedichten von Joseph von Eichendorff ist man aufgrund der märchenhaften Disposition der meisten Texte die Seelenruhe betreffend eher auf der sicheren Seite. Da mögen Bräute sterben, Hochzeitszüge schauerlich und Freunde treulos sein: Das "Schwarze" der Romantik ist bei Eichendorff immer ein wenig von Licht durchwoben: im Walde, in der Mondnacht, im Zwielicht ... Der strahlende Liedklang von Gerhaher/Huber leuchtet freilich auch diese Nummern taghell aus und lässt etwa in der betörenden Mondnacht die Konjunktive hervortreten.

Stupende Textdeutlichkeit

Die Deklamationskunst von Christian Gerhaher, seine stupende Textdeutlichkeit, seine traumhaft sichere Technik machen auch bei unbekannteren Nummern jeden Blick auf den Text entbehrlich. Der Facettenreichtum dieser Jahrhundert-Liedstimme, mitgetragen vom delikaten Klavierpart, verleiht sogar eisgrauer Resignation Farbe, Glanz.

Positiv, ungefährdet, fast naiv hymnisch klingt Blondels Lied, die erste der Romanzen und Balladen III op. 53. Da wendet Gerhaher erstaunlich einheitliche, wenn auch strahlende Klangfarben an. Sein Interesse gilt den Graustufen. So setzen er und Huber den Protagonisten des Armen Peter ein gruseliges Epitaph. (Heidemarie Klabacher, 2.8.2023)