Demonstranten unterstützen die nigrische Junta am 63. Jahrestag der Unabhängigkeit Nigers.
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Niamey/Washington/London – Zum 63. Jahrestag der Unabhängigkeit von Niger haben sich tausende Menschen in der Hauptstadt Niamey versammelt, um ihre Unterstützung für die selbsternannten neuen Militärmachthaber zu demonstrieren. "Lang leben Niger, Russland, Mali und Burkina", hieß es auf einem Plakat, das ein Demonstrant hoch hielt. "Nieder mit Frankreich, Ecowas, EU."

Zuvor hatte das US-Außenministerium angesichts des Militärputschs in Niger vorübergehend die Ausreise von amerikanischen Regierungsmitarbeitern aus dem Land angeordnet. Das teilte das Ministerium am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington mit. Eine Notfallbesetzung bleibe vor Ort. Auch Familienmitglieder von Mitarbeitern sollten vorerst das Land verlassen. Die Botschaft in der Hauptstadt Niamey bleibe für begrenzte Notfalldienste für US-Bürger geöffnet. Auch Deutschland hält seine Botschaft weiter offen. "Wir beobachten die volatile Lage", hieß es am Donnerstag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

Biden: "Große Herausforderung für Demokratie"

Anlässlich des Unabhängigkeitstages sagte US-Präsident Joe Biden, das westafrikanische Land stehe "vor einer großen Herausforderung für seine Demokratie". Die Vereinigten Staaten würdigten demnach die jahrzehntelange Partnerschaft mit dem Land, die auf gemeinsamen demokratischen Werten und der Unterstützung einer zivilen Regierung beruhe.

Nach den USA zieht auch Großbritannien einen Teil seines Botschaftspersonals aus Niger ab. Die britische Botschaft in der Hauptstadt Niamey werde aufgrund der Sicherheitslage vorübergehend ihr Personal verringern, teilte das Außenministerium in London am Donnerstag mit. "In Niger kam es zu einer militärischen Machtübernahme, die zu Protesten und Unruhen geführt hat", hieß es zur Begründung. Die Gruppe, die die Demonstration am 30. Juli organisiert habe, habe zu einer weiteren Kundgebung am nigrischen Unabhängigkeitstag aufgerufen. "Proteste können gewalttätig sein, und die Lage könnte sich ohne Vorwarnung schnell ändern", erklärte das Ministerium.

Evakuierungen

Am Dienstag hatten Frankreich und Italien mit Evakuierungen ihrer und ausländischer Staatsbürger aus Niger begonnen. Am Donnerstag erklärte das französische Außenministerium, die Evakuierung seiner Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus Niger sei beendet. 1079 Menschen seien in Sicherheit gebracht worden, teilte das Außenministerium auf Twitter mit. Neben 577 Französinnen und Franzosen und deren Angehörigen seien auch Menschen zahlreicher anderer Nationalitäten evakuiert worden. Paris hatte die Evakuierung auch mit der Schließung des Luftraums im Niger begründet. Diese habe den eigenen Bürgerinnen und Bürgern keine Möglichkeit gelassen, das Land selbst zu verlassen. Zudem hatte es am Wochenende bei Pro-Putsch-Protesten Berichten zufolge Gewalt an der französischen Botschaft gegeben. Nigers neue Militärjunta warf Frankreich vor, eine militärische Intervention zu planen.

Fluggäste am Flughafen Niamey
Europäerinnen und Europäer bei der Ausreise am Flughafen Niamey.
AFP/STANISLAS POYET

Paris hatte die Evakuierung auch mit der Schließung des Luftraums in Niger begründet. Diese habe den eigenen Bürgern keine Möglichkeit gelassen, das Land selbst zu verlassen. Zudem hatte es am Wochenende bei Pro-Putsch-Protesten Berichten zufolge Gewalt an der französischen Botschaft gegeben. Nigers neue Militärjunta warf Frankreich vor, eine militärische Intervention zu planen.

Nach Angaben des Außenministeriums in Wien vom Mittwoch konnten bisher drei Österreicher sicher außer Landes gebracht werden. Am Donnerstag waren noch vier Österreicher mit Aufenthaltsort Niger beim Ministerium registriert.

Der nigrische Militärjunta-Chef wies jegliche Bedrohung für die Ausgeflogenen zurück. Franzosen in Niger seien nie "der geringsten Bedrohung" ausgesetzt gewesen und hätten "keinen objektiven Grund, Niger zu verlassen", sagte General Abdourahamane Tiani, der sich nach dem Putsch vergangene Woche als neuer Machthaber in dem afrikanischen Land präsentiert, in einer Fernsehansprache am Mittwoch.

Militärjunta weigert sich, "Drohung nachzugeben"

Mit Blick auf die von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) am Sonntag gegen Niger verhängten Sanktionen sagte Tiani, der "Nationale Rat für den Schutz des Vaterlandes (CNSP)" lehne die Sanktionen ab und weigere sich, "irgendeiner Drohung nachzugeben, egal, woher sie kommt". Die Sanktionen seien "zynisch und ungerecht" und darauf ausgerichtet, die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte und das Land zu "demütigen" und "unregierbar" zu machen. Tiani bekräftigte, dass die sich verschlechternde Sicherheitslage in Niger das Militär dazu veranlasst habe, die Macht zu übernehmen.

Niger: Hunderte demonstrieren für Putschisten
Zum Jahrestag der Unabhängigkeit sind in der nigrischen Hauptstadt Niamey hunderte Menschen für die selbsternannten Militärmachthaber auf die Straße gegangen. Einige Teilnehmer schwenkten russische Flaggen, auf Plakaten wurde Frankreich raus aus Afrika gefordert
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Die Ecowas hatte eine Wirtschaftsblockade gegen Niger angeordnet und ein militärisches Eingreifen "als letzte Option" in Betracht gezogen, sollte der am 26. Juli gestürzte Präsident Mohamed Bazoum nicht innerhalb von sieben Tagen wieder eingesetzt werden.

Frankreich appellierte unterdessen an die Militärjunta, angesichts weiterer angekündigter Proteste vor der französischen Botschaft in Niamey die Sicherheit seiner dortigen Botschaft "vollständig zu garantieren". Das Außenministerium in Paris teilte am Donnerstag in einer Erklärung mit, es habe die nigrischen Sicherheitskräfte aufgefordert, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um "die Sicherheit ausländischer diplomatischer Wegerechte und des diplomatischen Personals" zu gewährleisten. In seiner Erklärung erinnerte das Außenministerium die Putschisten an die Einhaltung der "Verpflichtungen nach internationalem Recht, insbesondere nach der Wiener Konvention".

Niger plant Zusammenarbeit mit Mali

Der stellvertretende Chef der neuen Militärjunta in Niger, General Salifou Modi, hat dem Nachbarland Mali indes eine gute Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. "Wir freuen uns über die Nähe, die wir zu unseren Brüdern in Mali haben", sagte Modi nach einem Treffen mit der Regierung in der malischen Hauptstadt Bamako am Mittwoch. Insbesondere im Bereich Sicherheit gebe es bereits eine gute Zusammenarbeit.

Burkina Fasos Militärmachthaber Ibrahima Traoré habe ihm bei einem weiteren Treffen am Mittwoch in der Hauptstadt Ouagadougou ebenfalls seine Unterstützung zugesichert, so Modi. "In Abstimmung mit unseren Brüdern in Burkina Faso haben wir beschlossen, eine Reihe von Maßnahmen zu treffen, um unsere Bevölkerung und unsere beiden Länder zu sichern", sagte Modi. Welche konkreten Maßnahmen dies sind, teilte Modi nicht mit.

Nach Sanktionen des Westens und insbesondere der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas suchen die neuen Machthaber in Niger nach Verbündeten. Die nach Militärputschen ebenfalls sanktionierten Ecowas-Mitglieder Mali und Burkina Faso hatten sich an die Seite der Putschisten gestellt und Ecowas vor einer militärischen Intervention in Niger gewarnt.

Offiziere der Präsidialgarde hatten in Niger in der vergangenen Woche den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss selbst zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. (APA, red, 3.8.2023)