Mohamed Bazoum
Vergangene Woche wurde Mohamed Bazoum (hier zu sehen auf einem Archivbild) von Offizieren der Präsidialgarde festgesetzt und für entmachtet erklärt.
IMAGO/Cia Pak/UN Photo/Xinhua

Niamey/Abuja – Gut eine Woche nach dem Staatsstreich im Niger hat der gestürzte Präsident Mohamed Bazoum einen dringenden Appell an die Weltgemeinschaft gerichtet, die "letzte Bastion des Respekts für Menschenrechte" im Sahel zu retten. "Dieser versuchte Putsch ist eine Tragödie für den Niger, doch sein Erfolg hätte verheerende Folgen weit über unsere Grenzen hinaus", warnte Bazoum in einem am Donnerstag veröffentlichten Gastbeitrag für die "Washington Post".

Der demokratisch gewählte Bazoum war vergangene Woche von Offizieren der Präsidialgarde festgesetzt und für entmachtet erklärt worden. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz darauf setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.

Bazoum richtet sich an Weltgemeinschaft

Er schreibe als Geisel, so Bazoum in der "Washington Post". "Der Niger wird von einer Militärjunta angegriffen, die versucht, unsere Demokratie umzustürzen, und ich bin nur einer von hunderten Bürgern, die willkürlich und illegal eingesperrt worden sind", schrieb Bazoum. Der Staatsstreich gegen seine Regierung habe keinerlei Rechtfertigung. Sollte er gelingen, werde er Folgen für die gesamte Welt haben.

Seine Regierung sei 2021 in demokratischen Wahlen an die Macht gekommen. Jeder Versuch, eine rechtmäßige Regierung zu stürzen, müsse gestoppt werden, so Bazoum. Er schätze die klare Verurteilung "dieses zynischen Versuchs, den bemerkenswerten Fortschritt zu untergraben, den der Niger als Demokratie gemacht hat". Die USA, die Afrikanische und die Europäische Union sowie die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hätten sich laut und deutlich dazu geäußert.

In dieser Notlage rufe er nun die US-Regierung und die gesamte Weltgemeinschaft dazu auf, seinem Land bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung zu helfen, schrieb Bazoum. Nur durch die Verteidigung gemeinsamer Werte wie Demokratie und Respekt für die Rechtsstaatlichkeit könne es Fortschritte im Kampf gegen Armut und Terror geben. Sein Land befinde sich an einem Wendepunkt seiner Geschichte.

Neue Machthaber beenden Militärzusammenarbeit mit Frankreich

Die neue Junta hat indes die militärische Zusammenarbeit mit der einstigen Kolonialmacht Frankreich aufgekündigt. Das erklärte ein Sprecher der Militärregierung am Donnerstagabend im staatlichen Fernsehen. Frankreich hat dort noch immer mehr als 1.000 Soldaten stationiert, unter anderem zur Bekämpfung islamistischer Terrormilizen in der Sahelzone.

Unklar blieb zunächst, was die Ankündigung für die französische Präsenz bedeuten würde. Zuvor hatte Frankreichs Außenministerium bereits bekannt gegeben, dass die französischen Sender France 24 und RFI im Niger nicht mehr zu empfangen seien.

In einer weiteren Mitteilung der nigrischen Militärregierung hieß es zudem, dass die neuen Machthaber die Botschafter in Frankreich, den USA, in Togo und in Nigeria abgezogen hätten.

Das deutsche Außenministerium meldete indes am Freitag, dass rund 60 deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger Niger verlassen haben.

Nigerias Präsident rief zu friedlicher Lösung auf

Indes hat der Präsident des Nachbarlands Nigeria zu einer friedlichen Lösung aufgerufen. Vor der Abreise einer Ecowas-Delegation in den Niger rief Bola Tinubu dem Präsidialamt zufolge dazu auf, "alles Nötige zu tun, um eine endgültige und einvernehmliche Lösung der Situation in Niger zu gewährleisten".

Geleitet wird die Delegation vom früheren nigerianischen Staatschef Abdulsalami Abubakar. Sie traf nach Angaben des Flughafens in der nigrischen Hauptstadt Niamey am Donnerstag dort ein. Später waren Treffen mit Vertretern der Militärjunta vorgesehen.

Die Ecowas-Staaten waren zuvor zu einem Treffen in der nigerianischen Hauptstadt Abuja zusammengekommen, das bis Freitag dauern sollte. Dabei sprachen die Militärchefs über die Möglichkeit einer militärischen Intervention, sollten diplomatische Verhandlungen scheitern. Sie betonten, ein militärisches Eingreifen werde weiter als "letzte Option" in Betracht gezogen.

Ultimatum der Ecowas-Staaten

Die Ecowas-Staaten hatten eine Wirtschaftsblockade gegen den Niger angeordnet und gefordert, den gestürzten Präsidenten innerhalb von sieben Tagen wieder einzusetzen. Dieses Ultimatum läuft am Sonntag aus.

Am Donnerstag versammelten sich im Niger in verschiedenen Städten indes tausende Menschen, um ihre Unterstützung für die selbsternannten neuen Militärmachthaber zu demonstrieren. Am Jahrestag der Unabhängigkeit von der früheren Kolonialmacht Frankreich skandierten Demonstrierende am Donnerstag "Nieder mit Frankreich", manche schwenkten russische Flaggen.

Der Niger ist nach Mali und Burkina Faso bereits der dritte Staat in der Sahelzone, der seit 2020 einen Staatsstreich erlebt. Das 20-Millionen-Einwohner-Land zählt trotz seiner Uranvorkommen zu den ärmsten Staaten der Welt. (APA, red, 4.8.2023)