Barbara Blaha
Barbara Blaha mit ihrem Buchtipp.
Blaha

Kleine Alltagsfluchten fand sie schon als Fünfjährige super, daher konnte sie bereits vor Schuleintritt lesen. Als Achtjährige verschlang sie die Knickerbockerbande, und als ihr die zu fad wurde, holte sie die TKKG-Bücher aus der Städtischen Bücherei in Simmering. Von der Oma hörte sie bald: "Tu nicht immer lesen! Geh mal raus spielen! So g’scheite Frauen wollen die Männer nicht!" Als Kind mit vielen Geschwistern entwickelte sie früh eine Fähigkeit: wegzuhören und um sich herum alles auszublenden. Als sie zwölf war, stieg sie mit den ersten beim Babysitten verdienten Schilling-Hundertern in den 71er und fuhr zu ÖBV-Buchhandlung am Schwarzenbergplatz. Stundenlang durchstöberte sie die Schätze, bis sie einen dicken Schinken zur Kassa schleppte, von dem sie zunächst annahm, dass die Kassierin ihn ihr nicht verkaufen würde. Zu Hause wickelte sie das Buch in Zeitungspapier, damit die Mutter das Cover nicht sehen konnte. Noch am selben Tag und in der folgenden Nacht las sie es aus. Es war Das Schweigen der Lämmer.

Im Urlaub wird sie zwei Wochen lang ausschließlich Belletristik lesen, sie hat sorgfältig auf Perlentaucher recherchiert und Rezensionen gelesen, Freunde und Buchhändlerinnen befragt. Das Handy nimmt sie erst gar nicht mit. Ob eines der neuen Bücher an Das Herz ist ein einsamer Jäger herankommen wird? Sie entdeckte es zufällig, als sie 21 war, das Diogenes-Cover und der Titel sprachen sie sofort an. "Ich habe mich in dieses Buch wirklich, wirklich verliebt, weil es so schrecklich schön ist! Es beinhaltet so viele traurige Geschichten mit gleichzeitig so viel Hoffnung, Aufbruch und Melancholie. Ich finde, dieses Buch ist wie das Leben. Und es ist unfassbar gut geschrieben!" Als sie herausfand, dass die Autorin beim Verfassen erst Mitte zwanzig war, versetzte ihr das in gewisser Weise einen Dämpfer. Als studierte Germanistin dachte ja auch sie ständig daran, irgendwann mal selbst ein Buch zu schreiben. "Aber dieses Buch sagte mir, dass ich so etwas Gutes nie würde schreiben können!" Also schreibt sie vorerst weiter fleißig auf Twitter. (Manfred Rebhandl, 6.8.2023)