Viel Kritik gibt es für den Vorstoß von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), wonach Bargeld in der Verfassung verankert werden soll.
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Dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Bargeld als Zahlungsmittel in der Verfassung verankern will, ruft zahlreiche durchwegs negative Reaktionen des politischen Mitbewerbs hervor.

Nichts von der Idee hält etwa der grüne Koalitionspartner: "Jeder hat die Freiheit, so zu bezahlen, wie er oder sie möchte. Diese Freiheit ist mit den derzeit bestehenden Gesetzes gut abgesichert", heißt es auf STANDARD-Anfrage von den Grünen. Sie betonen außerdem, dass Bargeld "auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen" werde: "Bargeld bleibt, darüber gibt es überhaupt keine Diskussion – weder in Europa noch in Österreich", verweisen die Grünen hierbei auch auf gleichlautende Aussagen von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

Video: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) will Bargeld als Zahlungsmittel in der Verfassung verankern.
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Nehammer hat außerdem angekündigt, dass es zum Thema Bargeld und Versorgungssicherheit im September einen runden Tisch mit der Bankenwirtschaft und der Nationalbank im Kanzleramt geben werde. Hierzu sagen die Grünen: "Was die Ideen des Kanzlers betrifft, erwarten wir mit Interesse die Beiträge und Umsetzungsvorschläge beim Bargeldgipfel."

SPÖ will Bankomat in jeder Gemeinde

Die SPÖ wiederum ortet im Vorschlag des Kanzlers reinen Populismus. "Auch wenn wir hundertmal das Wort 'Bargeld' in die Verfassung schreiben, gibt es damit keinen einzigen Bankomaten mehr in Österreich", sagt Klubobmann Philip Kucher in einer Aussendung. Die SPÖ wolle vielmehr ein Bargeldversorgungsgesetz, "damit jeder Mensch in ganz Österreich jederzeit zu seinem eigenen Bargeld kommt und auch überall damit bezahlen darf – das gerne auch im Verfassungsrang".

Konkret wolle die SPÖ, das habe die Partei auch erst vor wenigen Tagen vorgeschlagen, einen Bankomaten in jeder Gemeinde, "statt eine plumpe Sommerlochdebatte zu führen", sagt Kucher.

FPÖ für Bargeld im Verfassungsrang

Die FPÖ wiederum wirft Nehammer "Ideendiebstahl" vor – steht das Thema Bargeld doch seit langer Zeit ganz oben auf der blauen Agenda. "Weil die FPÖ derzeit in Umfragen klar führt, Wahlen unaufhaltsam näherrücken und Nehammer und seiner Partei das Wasser bis zum Hals steht, wird halt abgekupfert, dass es ärger nicht mehr geht", kommentiert Parteichef Herbert Kickl den Vorschlag in einer Aussendung. Und der blaue Parteichef fragt in Richtung Nehammer, der "plötzlich die Liebe zum Bargeld entdeckt" habe: "Nehmen Sie sich selbst eigentlich noch ernst? Ist Ihnen Ihr Ideendiebstahl (...) nicht peinlich? Fällt Ihnen selbst überhaupt gar nichts Vernünftiges ein?"

Die FPÖ erinnert in ihrer Aussendung auch daran, dass die ÖVP und andere Parteien im Nationalrat schon mehrfach gegen blaue Initiativen zum Thema Bargeld gestimmt hätten und Bargeld im Verfassungsrang schon längst Realität sein könnte.

Neos orten "populistische Scheindebatten"

Ein Bekenntnis zum Bargeld gibt es auch von den Neos, allerdings habe dieses "in der Verfassung nichts verloren", sagt Vizeklubchef Nikolaus Scherak zum STANDARD. Die Debatte darüber sei "ein weiterer Beweis dafür, was die ÖVP tut: mit populistischen Scheindebatten von den großen Problemen ablenken".

"Wir leben in einer Zeit mit einer enormen Inflation, in manchen Bereichen einer Rezession, im Gesundheits- und Bildungssystem kracht's, die Herbstlohnrunde steht an, und der Kanzler erklärt uns, was normal sein soll, und will das Bargeld in die Verfassung schreiben", äußert Scherak Unverständnis. (Sandra Schieder, 4.8.2023)