Der Ausbau der Windkraft kommt derzeit kaum von der Stelle.
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Eigentlich sollte der Ausbau der Windkraft flott vorangehen: Die hohen Strompreise, so würde man meinen, müssten neue Projekte attraktiver machen. Zusätzliche Sicherheit gibt das hohe Ausbauziel, das sich die Regierung für die Energiewende gesteckt hat. Tatsächlich aber stockt der Ausbau, die Jahresproduktion der Windkraft stagniert. Einen Grund dafür sieht die Branche in einer Verordnung, welche die Förderung für neue Anlagen regelt.

Grob funktioniert das Modell so: Anlagenbetreiber bekommen seit 2022 keinen festen Tarif mehr für den Strom, den sie ins Netz einspeisen. Stattdessen können sie in einer Ausschreibung einen Preis pro Kilowattstunde bieten, den sie mit ihrer Anlage mindestens erreichen wollen. Liegt der Strompreis, den sie später am Markt bekommen, über diesem Wert, gibt es keine Förderung durch den Staat. Bei deutlichem Überschreiten des Strompreises und damit der Erlöse müssen die Betreiber der Förderstelle zahlen. Fällt der Preis unter den gebotenen Preis, bekommen Betreiber die Differenz ausgezahlt. Der Höchstpreis für diese sogenannte Marktprämie liegt derzeit bei 8,22 Cent pro Kilowattstunde.

Das Modell soll als eine Art Absicherung dienen und etwa Betreibern helfen, Kredite von Banken zu bekommen – und gleichzeitig eine Überförderung in Zeiten besonders hoher Strompreise verhindern. Doch bei der vergangenen Ausschreibung im Frühjahr wurde nur knapp die Hälfte des verfügbaren Volumens abgeholt.

Die Regierung plant, dass die Windkraft ab 2030 jährlich 17,22 Terawattstunden Strom liefern soll. Doch der Ausbau stagniert.
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Für viele Betreiber sei der Bau schlicht nicht wirtschaftlich, erklärt die IG Windkraft. Die 8,22 Cent pro Kilowattstunde seien als Absicherung zu wenig. "Die Verordnung bremst den Ausbau. Wenn der Höchstpreis nicht angehoben wird, werden nur wenige neue Anlagen gebaut werden", sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Das gelte umso mehr, als der Bau neuer Anlagen in den vergangenen Monaten deutlich teurer geworden ist.

Die Börsenpreise der Stromgeschäfte für die nächsten Jahre liegen deutlich über den 8,22 Cent. Daher sei in den nächsten Jahren auch keine tatsächliche Förderung für diese Windkraftprojekte zu erwarten, so Moidl.

Gutachten empfiehlt höheren Höchstpreis

Ähnlich argumentiert auch ein Gutachten, das ein Konsortium der TU Wien, des Austrian Institute of Technology (AIT), der WU Wien und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im vergangenen Herbst im Auftrag des Energie- und Klimaministeriums erstellt hat. Darin empfahlen die Forschenden, den Betrag auf 9,28 Cent pro Kilowattstunde anzuheben.

"Das Gutachten bildet ab, wie sich die Kosten für Windanlagenbetreiber im letzten Jahr entwickelt haben", erklärt Franziska Schöniger, eine der Autorinnen des Gutachtens an der TU Wien. Allerdings sei die Höhe der Absicherung nur einer der Faktoren, die den Ausbau bremsen – dazu zählen etwa auch schleppende Genehmigungsprozesse sowie Flaschenhälse beim Netzausbau. Grundsätzlich beobachte sie viel Verunsicherung durch die große Preisdynamik an den Rohstoff- und Energiemärkten. "Ein stabiles regulatorisches Umfeld und eine fortlaufende Marktbeobachtung wäre essenziell für die langfristige Planung im Erneuerbaren-Ausbau", sagt Schöniger.

Nächste Ausschreibung im September

Veröffentlicht wurde das Gutachten im November. Seither ist die Inflation weiter stark in die Höhe geklettert, und auch die Zinsen sind gestiegen. "Die Energiewende wird damit teurer. Aber je länger wir an fossilen Brennstoffen festhalten, desto teurer wird sie", sagt Moidl und verweist auf die Milliarden, mit denen der Staat fossile Brennstoffe fördert.

Die nächste Ausschreibung für Windkraftanlagen startet mit 5. September. Die Grünen drängen darauf, den Höchstpreis für die Ausschreibung noch davor anzuheben, die ÖVP zeigte bisher kein Interesse.

"Ohne Anpassungen befürchten wir, dass viele Anlagen auf die lange Bank geschoben oder im schlimmsten Fall gar nicht errichtet werden können", sagt Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen. Für 2024 ist ein neues Gutachten in Arbeit, das voraussichtlich einen noch höheren Höchstpreis für 2024 empfehlen wird, der an die gestiegenen Kosten für Rohstoffe und Finanzierung angepasst ist. "Nur abzuwarten oder gar nichts zu tun ist ein mutwilliges Ausbremsen der Energiewende", so Hammer.

Windkraft dämpft Strompreise

Die schnelle Anhebung des Wertes könne den Ausbau um mehrere Monate beschleunigen, meinen die Grünen. Würde der Preis hingegen erst 2024 angehoben, würden die Kosten steigen: einerseits, weil zusätzliche Windkraft fehlen würde, um die Strompreise zu drücken, andererseits, weil die Projekte nächstes Jahr zu einem voraussichtlich noch höheren Höchstpreis bieten würden.

In Deutschland wurden die Marktprämien bereits im Dezember 2022 um 25 Prozent angehoben. Dort sei man beim Ausbau bereits weiter, sagt Moidl. "In Deutschland dämpft die Windkraft die Strompreise im Winter bereits stark. In Österreich ist der Anteil des Windes kleiner und der dämpfende Effekt leider noch geringer", kritisiert Moidl. Denn im Winter liefert die Sonne weniger Energie, dafür produziert die Windkraft mehr. Das schlägt sich auch auf die Preise an den Strombörsen: In Österreich sind sie im Winter deutlich höher als in Deutschland. (Alicia Prager, 9.8.2023)