Anfang Oktober 2021 berichteten Profil und Kronen Zeitung von einer absoluten Unverfrorenheits- und Schamlosigkeits-Höchstleistung: Alfred Riedl, Präsident des österreichischen Gemeindebundes und Bürgermeister der niederösterreichischen Gemeinde Grafenwörth, hat 2019 vier Grundstücke, die er in den Jahren zuvor erworben hatte, an Projektentwickler verkauft und dank der kurz darauf vom Gemeinderat abgenickten Umwidmung der Äcker, Wiesen und Pappelwälder in Bauland einen privaten Gewinn von über einer Million Euro gemacht.

Welche Konsequenzen hatte diese Enthüllung? Keine. Riedl blieb in allen Ämtern, und Würde für ihn weiterhin ein Fremdwort.

Verheerender Flächenfraß

Und auch seine Chuzpe hat er sich erhalten. Vor sechs Wochen habe ich in dieser Kolumne von Riedls Anteil am Scheitern des, angesichts des verheerend hohen Flächenfraßes in Österreich dringend notwendigen Bodenschutz-Gesetzes berichtet. Als oberster Bürgermeister des Landes verbat er sich Eingriffe in das Recht der Gemeinden, unser Land auch in Zukunft nach eigenem Gutdünken zubetonieren zu lassen. Immerhin spreche der Mann aus Erfahrung, schrieb ich damals und verwies auf seinen Grundstücksdeal von 2019. Ein Gedanke, der erfreulicherweise von mehreren Medien aufgegriffen wurde und weitere interessante Fakten ans Tageslicht brachte. So fand wienerzeitung.at heraus, dass Riedls Name über siebzigmal im Grundbuch von Grafenwörth aufscheint. Ihm und seiner Familie gehören Wiesen, Wälder und Weingärten ebenso wie Baugründe und Wohnungen und natürlich eine Immobilienfirma. Wenn er also von Grafenwörth als "meiner Gemeinde" spricht, ist das durchaus wörtlich zu verstehen.

Mahnende Symbolfigur

In Besitz all dieser Grundstücke kam er mitunter auch auf höchst bemerkenswerte Art und Weise. So bezahlte er 2020 für ein 4.779 Quadratmeter großes Stück Land weltrekordverdächtig günstige 630 Euro und 83 Cent. Drei Jahre später schenkte Riedl das Grundstück seinen Kindern und Enkeln. Der Wert der Immobilie ist im Schenkungsvertrag mit 190.000 Euro festgehalten, hat sich also innerhalb von nur drei Jahren verdreihundertfacht. Ein atemberaubend gutes Geschäft, das dem Bürgermeister unter anderem durch eine mysteriöse Übertragung von Rückkaufsrechten seines Amtsvorgängers an Riedl ermöglicht wurde. An diesen Ex-Bürgermeister erinnert heute noch ein Gedenkstein in Grafenwörth. Aber was wird einst an Alfred Riedl erinnern?

Als mahnende Symbolfigur, die für das Versagen der Politik beim Bodenschutz gleichermaßen wie für jenes bei der Informationsfreiheit steht, hätte er sich eine Gedenkstätte verdient. In der Vorwoche wurde vermeldet, dass der USC Grafenwörth seinen Spielbetrieb im nach dem Bürgermeister benannten Alfred-Riedl-Stadion einstellen könnte. Als künftige Nutzung böte sich dann eine Fortsetzung der For Forest-Kunstintervention an, bei der 2019 im Klagenfurter Stadion ein Wald auf das Spielfeld gestellt wurde und über 100.000 Besucher anzog.

Das Klagenfurter Stadion 2019 während einer Kunst-Aktion, der Rasen ist voller Bäume
Neue Wege der Bodenentsiegelung: In Grafenwörth könnte man sich die Klagenfurter Stadion-Aktion "For Forest" zum Vorbild nehmen.
Foto: APA / Gert Eggenberger

Angesichts der üblichen Berechnung des Bodenfraßes in der Einheit von Fußballfeldern könnte eine Aufforstung der Grafenwörther Sportstätte als Kunstintervention "Get rid of Riedl"-Arena zu einer echten Attraktion werden. (Florian Scheuba, 10.8.2023)