Mit Zahlen zum Bodenverbrauch in Österreich ist es derzeit eher schwierig. Das Umweltbundesamt erhob sie bisher alljährlich auf Grundlage von Daten des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, konkret dessen Digitaler Katastralmappe (DKM). Doch im Zuge der Erarbeitung der Bodenstrategie wurde die Erhebung auf neue Beine gestellt. Erste neue Zahlen sollte es eigentlich längst geben, ihre Veröffentlichung wurde aber an die Präsentation der Bodenstrategie gekoppelt. Und die lässt, wie berichtet, noch länger auf sich warten. Auch neue Bundesländerzahlen gibt es deshalb noch nicht.

Eine Grafik zum Bodenverbrauch in den einzelnen österreichischen Bundesländern.
STANDARD

Bei der Umweltorganisation WWF findet man eine noch schärfere Methode der Erhebung zwar prinzipiell gut, sagt Bodenschutzsprecher Simon Pories dem STANDARD. Allerdings gehe die Vergleichbarkeit verloren, jedenfalls zumindest bis 2025. Denn die Erhebung soll künftig nur noch alle drei Jahre durchgeführt werden. "Diese jahrelange Verzögerung entspricht sicher nicht der Dringlichkeit dieses Themas", kommentiert Pories. Und deshalb wurde man beim WWF nun selbst aktiv und hat die Bundesländerzahlen für 2022 nach der bisherigen Methode berechnet - mit recht ernüchternden Ergebnissen.

Oberösterreich trauriger Spitzenreiter

In vier von neun Ländern ist der Bodenverbrauch 2022 im Vergleich zum Jahr davor demnach sogar gestiegen. In Oberösterreich um mehr als 70 Prozent, von 2,48 (2021) auf 4,25 Hektar pro Tag.

Die Gründe dafür laut Pories: "großflächige Umwidmung von Grünland in Bauland und mangelnde Regionalplanung". Allein die Betriebsflächen seien 2022 in Oberösterreich um sechs Quadratkilometer gewachsen. Zum Vergleich: Das Ziel von nur noch 2,5 Hektar pro Tag, das mit der Bodenstrategie eigentlich erreicht werden sollte, müsste auf einen maximalen bundesweiten Bodenverbrauch von neun Quadratkilometern pro Jahr hinauslaufen.

In der Steiermark stagniert der Bodenverbrauch auf hohem Niveau bei 2,54 Hektar. Doch allein diese beiden genannten Bundesländer, jedes für sich, verbrauchten damit mehr Boden als für ganz Österreich als Nachhaltigkeitsziel vorgesehen ist.

"Alle zuständig, niemand verantwortlich"

Auch nicht viel besser ist die Lage in Niederösterreich, wo 2022 laut WWF 2,3 Hektar pro Tag in Anspruch genommen wurden. "Das heißt, dass dort im Schnitt alle sechs Tage ein neuer 'Sonnenweiher' verbraucht wird", sagt Pories. Das 14 Hektar große Projekt rund um den Folienteich in Grafenwörth sorgt seit Wochen für heftige Kritik am Bürgermeister und Gemeindebund-Präsidenten Alfred Riedl (ÖVP).

Reihenhäuser des umstrittenen Projekts
Das umstrittene Projekt "Sonnenweiher" in Grafenwörth.
STANDARD/Czaja

An diesem lässt Pories erwartungsgemäß kein gutes Haar: Riedl sei in den letzten Jahren immer sehr vehement dafür eingetreten, dass die Widmungskompetenzen bei den Gemeinden verbleiben. "Doch er ist selbst das beste Beispiel dafür, dass es da dringende Änderungen braucht." Darüber müsse dringend diskutiert werden, findet Pories, denn: "Alle wollen zuständig sein, aber niemand verantwortlich."

Rückgänge im Burgenland und in Salzburg

Zurück zum Bodenverbrauch: Einen Anstieg gab es im Vorjahr auch in Kärnten (von 0,57 auf 0,87 Hektar) und in Vorarlberg (von 0,45 auf 0,73 Hektar). In Tirol wurden weiterhin rund 0,5 Hektar pro Tag in Anspruch genommen, das Burgenland verzeichnete einen Rückgang auf 0,4 Hektar, sei aber bereits stark zersiedelt.

In Salzburg sank der Bodenverbrauch nach einem besonders hohen Wert 2021 im Jahr 2022 wieder auf 0,39 Hektar pro Tag und damit auf den Schnitt der vergangenen Jahre. Wien hat den geringsten Bodenverbrauch, aber dafür einen besonders hohen Versiegelungsgrad, sagt Pories. "Daher braucht es großangelegte Entsiegelungsprogramme in allen Bezirken, gerade angesichts der steigenden Zahl an Hitzetagen. (Martin Putschögl, 3.8.2023)