In Kärnten und der Steiermark sind die Menschen noch mit den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser beschäftigt. Die Betroffenen haben viel verloren, der materielle Schaden ist mitunter existenzbedrohend, es gibt aber auch noch einen anderen emotionalen Schaden, wenn das Zuhause derart verwüstet wurde. Die Menschen sind verzweifelt, man braucht ihnen jetzt nicht gescheit mit dem Klimawandel daherkommen. Sie haben andere Sorgen.

In Kärnten und der Steiermark sind die Menschen noch mit den Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser beschäftigt.
APA/WOLFGANG JANNACH

Der Zusammenhang zwischen dem menschengemachten Klimawandel und der Häufung an Wetterextremen liegt aber auf der Hand. Für eine große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ist der Klimawandel auch eine erwiesene Tatsache. Laut einer aktuellen Umfrage, vom Klima- und Energiefonds in Auftrag gegeben, nehmen mehr als 90 Prozent den Klimawandel wahr. 72 Prozent verbinden damit negative Folgen für Mensch und Natur, 82 Prozent halten Maßnahmen für notwendig.

Verpasste Gelegenheit

Und dennoch negiert die Politik das Thema oder turnt sich darüber hinweg. Wenn sich eine breitere Öffentlichkeit mit dem Thema befasst, es ist zumeist die Aufregung über die Aktivisten, die als Klimakleber verunglimpft werden.

Gerade die jüngsten Unwetter mit ihren Überschwemmungen, Hangrutschungen und Murenabgängen hätten der Politik Gelegenheit geboten, auf den Zusammenhang hinzuweisen. Es wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, einmal anzumerken, dass es so nicht weitergehen kann. Dass wir uns nicht auf China ausreden, sondern dass wir auch selber etwas tun können. Müssen. Österreich wird die Welt nicht retten, aber wir können etwas beitragen. Im Großen wie im Kleinen. Wir müssen Maßnahmen diskutieren und unser Verhalten infrage stellen.

Wir müssen diskutieren, was wir als Gesellschaft, als Staat tun können, aber auch, was jeder von uns als Einzelner beitragen kann, um dem Klimawandel etwas entgegenzuhalten oder ihn wenigstens abzubremsen. Es ist auch die Aufgabe der Politik, das Thema in der Öffentlichkeit zu verankern. Da gehört der Ausbau der erneuerbaren Energie dazu, der Energieverbrauch im Allgemeinen, die Reduzierung des Schadstoffausstoßes und ja, auch über Tempo hundert auf der Autobahn müssen wir reden. Es gibt viele Argumente dafür, es gibt auch, vor allem aus subjektiver Sicht jener, die viel auf der Autobahn fahren, Argumente dagegen.

Kurzsichtige Ignoranz

Bundeskanzler Karl Nehammer hat angekündigt, die Mittel für den Katastrophenfonds zu erhöhen, falls notwendig. SPÖ-Chef Andreas Babler eiert beim Tempo 100 herum. Einen ernstzunehmenden Beitrag der Politik, wie wir gemeinsam das Problem angehen könnten, gab es zuletzt gar nicht. Dabei wären die jüngsten Vorkommnisse doch Anlass genug, für eine Sensibilisierung der Bevölkerung zu sorgen und etwa das Thema Bodenversiegelung offen anzusprechen. Das sind alles keine angenehmen Themen, das sind Fragestellungen, die wehtun, die ein Umdenken erfordern, die auch eine Änderung der Lebensgewohnheiten notwendig machen.

Lieber reden wir über Bargeld in der Verfassung, überlegen, wie wir Klimaaktivisten bestrafen können, oder streiten über das T-Shirt eines Jugendforschers. Die kurzsichtige Ignoranz der Politik ist gefährlich und verantwortungslos, begünstigt wird sie aber durch die fatalistische Lahmarschigkeit, die wir selbst als Gesellschaft an den Tag legen. (Michael Völker, 13.8.2023)