Das mit der Verfassung braucht man nicht ernst zu nehmen. Denn dass Parteien regelmäßig Kraut und Rüben dort verankern wollen, hat offenkundig keinen juristischen Zweck, sondern soll mit populären Ansagen Punkte in der eigenen Zielgruppe holen. Das gilt für den Bargeldvorstoß von ÖVP und FPÖ ebenso wie für die Idee der SPÖ, einen freien Seezugang in Verfassungsrang zu heben.

Privat? Öffentlichen Zugang zu Seen muss man in Österreich oft suchen. Das ist ein historisches Versäumnis.
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Abseits dieses Geplänkels ist die Forderung nach rechtlicher Absicherung öffentlicher Seezugänge, etwa über ein Vorkaufsrecht für Länder und Gemeinden, dennoch grundvernünftig. Denn an den meisten heimischen Badeseen reiht sich Privatgrund an Privatgrund und Eigenheim an Eigenheim – jeweils mit abgeschotteten Zugängen zum Wasser. Das ist schön für die wenigen glücklichen Eigentümer und Pächter, aber schlecht für alle anderen. Denn die ausgeuferte Privatisierung lässt vielerorts nur Platz für knapp bemessene und daher völlig überfüllte öffentliche Strandbäder.

Dass sich Seeufer so entwickeln konnten, ist ein historisches Versäumnis – selbst an der hunderte Kilometer langen Adriaküste Kroatiens ist es gelungen, einen fast lückenlos freien Meerzugang bis heute zu erhalten. Umso mehr gilt es, die wenigen heimischen Seezugänge für alle abzusichern. Wie einfach das mit politischem Willen geht, zeigen die österreichischen Wälder. Für sie ist der freie Zugang zu Erholungszwecken schon seit 1975 im Forstgesetz verankert. (Martin Tschiderer, 18.8.2023)