Im ORF-"Sommergespräch" am Montagabend erinnerte die Location des Interviews FPÖ-Chef Herbert Kickl an den "Charme eines Stasi-Verhörzimmers", "Stasi" wurde in der DDR das Ministerium für Staatssicherheit genannt. Fritz Hausjell, Präsident der Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen und Kommunikationswissenschafter, kommentiert das via X (vormals Twitter) mit: "Die Denunzierung des Journalismus in diesem Land geht weiter und erreicht unerträgliche Dimensionen."

Herbert Kickl bei den ORF-
"Stasi-Verhörzimmer": FPÖ-Herbert Kickl über die Location der diesjährigen ORF-"Sommergespräche" – ein Besprechungszimmer im Parlament.
ORF/BFILM

"Nächster schamloser Schritt" Kickls

"Wurden in der Vergangenheit vonseiten mancher politischer Parteien präzise geführte journalistische Interviews mit Politiker:innen als 'Verhöre' geframt, so ging Herbert Kickl den nächsten schamlosen Schritt der gezielten Rufschädigung des Journalismus", erklärt Hausjell. Mit dem "Charme eines Stasi-Verhörzimmers" habe "Propagandaprofi" Kickl "mit Absicht das Wort 'Stasi-Verhör' platziert“, kritisiert der Wissenschafter. Zudem habe der FPÖ-Chef "an mehreren Stellen des Interviews den Verdacht gestreut, dass ihm wichtige Passagen rausgeschnitten werden könnten". In der TVthek des ORF gibt es das "Sommergespräch"*.

Einen Appell an die FPÖ, "den politischen Diskurs durch derartig unlautere rhetorische Manöver nicht weiter zu vergiften", halte Reporter ohne Grenzen Österreich "aufgrund bisheriger Erfahrungen für nicht zielführend". Zielführender findet es die Pressefreiheitsorganisation, wenn Medien "die Kompetenzen der Bürgerinnen und Bürger stärken, indem sie unter anderem derartige Strategien eines Teils der Politik journalistisch deutlich thematisieren".

"Weiß nicht, warum Sie so viel Angst haben"

Kickl kritisierte im "Sommergespräch" zudem erwartungsgemäß (im Zusammenhang mit der Parteienförderung), dass sich der ORF "selber eine Zwangsabgabe organisiert" habe. Der FPÖ-Chef forderte Schnabl auch hier auf, der ORF dürfe das "nicht hinausschneiden". Schnabl: "Wir schneiden nichts hinaus, keine Angst, ich weiß nicht, warum Sie so viel Angst haben", beruhigte die ORF-Moderatorin den FPÖ-Chef.

"Wie bei einem Verhör"

Die Location der ORF-"Sommergespräche" in diesem Jahr kritisierte bereits Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger vor zwei Wochen nach ihrem Auftritt. Sie habe sich "wie bei einem Verhör in einem Spionagethriller" gefühlt.

ORF-Anchor Armin Wolf zeigte sich auf X voll der Anerkennung: "Es ist das interessanteste Kickl-Gespräch geworden, das ich kenne", schreibt Wolf über das ORF-"Sommergespräch" von Montagabend.

Quoten-Update: 715.000 sahen am Montag das "Sommergespräch" auf ORF2, rund 70.000 weniger als "Liebesgschichten und Heiratssachen" davor. Das entspricht einem Marktanteil von 30 Prozent. (fid, 22.8.2023)