Gewisse Schutzmechanismen können notwendig und auch umsetzbar sein, schreibt die Rechtsanwältin Julia Berger in ihrem Gastkommentar.

Nahaufnahme eines elektrischen Ventilators in Betrieb
Ventilatoren schaffen Erleichterung, aber bei extremer Hitze wird es für Beschäftigte trotzdem schnell unerträglich. Auch Leistungsfähigkeit und Konzentration nehmen ab.
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In den vergangenen Wochen haben uns die hochsommerlichen Temperaturen ordentlich ins Schwitzen gebracht. Die Erinnerungen an Hitzefrei aus unserer Schulzeit kommen wieder hoch – jene Zeiten, in denen der Unterricht an besonders heißen Tagen vorzeitig beendet wurde. Angesichts dessen stellen sich einige Fragen: Muss ich bei solchen Wetterbedingungen überhaupt am Arbeitsplatz erscheinen? Wie ist das mit einer etwaigen Freistellung? Und besteht vielleicht sogar die Option einer Erholungspause, einer Siesta?

Das österreichische Arbeitsrecht hält zwar keine explizite Regelung für Hitzefrei bereit, Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind nach Arbeitnehmerschutzgesetz aber sehr wohl zu gewährleisten – dazu gehört daher auch der Schutz vor extremen Temperaturen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind angehalten, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Auswirkungen von Hitze am Arbeitsplatz zu minimieren. Freigegeben kann Beschäftigten aus arbeitsrechtlicher Sicht grundsätzlich immer werden, solange sie weiter ihr Entgelt bekommen.

Kein Automatismus

Den Arbeitgeber trifft gegenüber seinen Arbeitnehmerinnen eine Fürsorgepflicht. Diese umfasst verschiedene Aspekte, wie etwa die Bereitstellung angemessener Schutzmaßnahmen und die Vermeidung von Gefahren am Arbeitsplatz. Diese Fürsorgepflicht sollte auch bei außergewöhnlichen Umständen wie extremer Hitze am Arbeitsplatz gewahrt bleiben – unabhängig von der Art der Tätigkeit. Betonenswert ist hierbei: Hitzefrei im Sinne eines freien Tages aufgrund hoher Temperaturen wird nicht automatisch gewährt. Die Entscheidung darüber liegt letztendlich beim Arbeitgeber.

Etwaige Regelungen zum Raumklima finden sich in der Arbeitsstättenverordnung. Diese schreibt beispielsweise vor, dass die Lufttemperatur in Arbeitsräumen zwischen 19 und 25 GradCelsius zu betragen hat, sofern dort Arbeiten mit geringer körperlicher Belastung durchgeführt werden. Wenn die Temperatur in den Arbeitsräumen die Grenzwerte der Verordnung überschreitet, haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber keinen Anspruch auf Freistellung.

"Gewisse Schutzmechanismen können notwendig und auch umsetzbar sein."

In der Praxis bedeutet dies, dass sie bei extremen Temperaturen oft auf das Wohlwollen ihrer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber angewiesen sind. Im Sinne der Fürsorgepflicht sollten jedoch Maßnahmen ergriffen werden, die vor einer etwaigen Gesundheitsschädigung aufgrund der Hitze schützen – sei es durch die Bereitstellung von Ventilatoren, Klimaanlagen oder einer Anpassung der Kleiderordnung.

In einigen Branchen, wie dem Baugewerbe, können spezifische Regelungen gelten, die zusätzliche Schutzmaßnahmen oder Pausen bei extremer Hitze gewähren: Seit 2013 gilt Hitze laut Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz als "Schlechtwetter". Ab einer Temperatur von mehr als 32,5 Grad Celsius kann auf Anordnung des Arbeitgebenden die Arbeit entfallen. Der Arbeitnehmende hat dann einen Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung. Hier zeigt sich, dass gewisse Schutzmechanismen notwendig und auch umsetzbar sein können.

Variable Pausen

So ist die Siesta in einigen südlichen Ländern seit jeher fester Bestandteil des Tagesablaufs. Während der heißesten Stunden des Tages wird die Arbeit unterbrochen, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, sich auszuruhen und der Hitze zu entkommen. Dem österreichischen Arbeitsrecht ist der Begriff der Siesta, also eine lange Mittagspause zur Erholung und Entspannung – meist zwischen 14 und 17 Uhr –, jedoch fremd. Dabei wäre das Arbeitszeitgesetz durchaus flexibel. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Ruhepausen bei längeren Arbeitszeiten, und die Gestaltung dieser Pausen kann variabel sein.

So könnten flexible Arbeitszeiten oder Gleitzeitmodelle eingeführt werden. Durch individuelle Vereinbarungen zwischen Beschäftigten und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern könnte eine Art Siesta – im Rahmen des Gesetzes – also durchaus möglich sein. Eine moderne Arbeitskultur bietet Raum für Anpassungen und Lösungen – nutzen wir sie! (Julia Berger, 24.8.2023)