Kaum jemand rechnet mit Hochwasser, Hangrutschungen oder Erdbeben – und fehlende Vorbereitungen machen die Folgen von Wetterextremen noch schlimmer. Rund 39 Prozent der Fläche Österreichs sind besiedelbarer Raum, können also von Menschen bewohnt, landwirtschaftlich genutzt oder für Infrastruktur verwendet werden. Die restlichen Flächen sind Wald, alpines Gelände, Gewässer oder Ödland. Doch durch den steigenden Platzbedarf dehnen sich Siedlungen immer weiter in Gelände aus, das von Naturgefahren bedroht wird. Darüber hinaus werden durch den Klimawandel bestimmte Regionen, etwa durch ein erhöhtes Überflutungsrisiko, unbewohnbar.

Hochwasserrisiko Simulation Grafik hora.gv.at
Auf hora.gv.at lässt sich für jede Adresse in Österreich das Hochwaserrisiko simulieren.
STANDARD / Oana Rotariu

Solche Regionen gibt es auch jetzt schon. Immer wieder wurden in Österreich Menschen etwa aus Hochwassergebieten abgesiedelt. Wenn Gefahrenzonenpläne überarbeitet werden, weil sich die Einschätzung der Expertinnen ändert, kann es sein, dass plötzlich zahlreiche Häuser in einer roten Zone stehen. In Salzburg ist das beispielsweise so, nachdem vor einiger Zeit Rutschungen und Muren abgegangen sind und Orte getroffen haben, in denen man bisher nicht von einer Gefahr ausging.

Eine Studie der World Weather Attribution hat gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für solche Katastrophen, etwa ein hundertjährliches Hochwasser, heute um den Faktor 1,2 bis neun höher ist als im Vergleich zu einem um 1,2 Grad kühleren Planeten. Hundertjährliche Hochwasser werden also künftig häufiger auftreten als tatsächlich alle hundert Jahre. Mit ein Grund dafür, dass die Unwetter in Kärnten und der Steiermark zuletzt so heftig waren, sind die besonders hohen Wassertemperaturen im Mittelmeer, die künftig aufgrund des Klimawandels weiter zunehmen werden. Und auch Erdbeben könnten durch die Gletscherschmelze langfristig häufiger werden.

Risiko abklären

Wer sich auf die Suche nach einem Grundstück oder Haus macht, muss diese neuen Realitäten bedenken. Bestimmte Regionen sind von Wetterereignissen stärker betroffen als andere. Gefahrenzonenpläne sind bei Gemeinden einsehbar, doch nicht immer sind sie auf dem neuesten Stand – und mitunter hat sich im Lauf der Zeit auch die Einschätzung geändert, sagt der Klimatologe Herbert Formayer von der Universität für Bodenkultur.

Um abschätzen zu können, wie betroffen eine Region oder ein Grundstück von Naturgefahren ist, gibt es auf hora.gv.at, dem Umweltwarndienst des Landwirtschaftsministeriums, öffentlich einsehbare Karten. Für alle Fälle sollten neue und bestehende Gebäude in betroffenen Regionen gegen mögliche Naturgefahren gerüstet sein – wie, das erfahren Sie unten. Im besten Fall, rät Formayer, wird der Wohnort überhaupt so gewählt, dass er mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist und keine weiteren Flächen versiegelt werden müssen. Denn Bodenversiegelung erhöht die Gefahr von Hochwasser und verstärkt die Hitze.

Hochwasser und Starkregen

Regionen an Gewässern sind besonders gefährdet. Wie groß das Risiko für das eigene Grundstück ist, lässt sich auf hora.gv.at für die jeweilige Adresse simulieren. Wer seinen Wohnort eingibt, sieht, wie hoch das Wasser am eigenen Gebäude bei einem 30-, 100- oder 300-jährlichen Hochwasser steigen würde. Zunehmende Versiegelung des Bodens verhindert auch in Orten ohne Gewässer, dass Niederschlag bei Starkregen versickern kann. Vor dem Kauf einer Immobilie ist es sinnvoll, sich über Wasserhöchststände zu informieren und darauf zu achten, ob das Gebäude tiefer liegt als die Umgebung, Gewässer in der Nähe oder Überflutungen von Gebäuden in der Nachbarschaft bekannt sind. Ein Hinweis könnte laut Naturgefahrenwegweiser der Boku etwa sein, dass die Nachbarhäuser keine Keller haben. Wer sich baulich schützen will, kann auf Stelzen bauen, Flutmulden schaffen, möglichst wenig versiegeln, Fenster und Türen verstärken und sie auf strömungsabgewandter Seite planen.

Blitz, Hagel und Sturm

Diese meteorologischen Gefahren treten meist mit Gewittern auf. Für Österreich gibt es unterschiedliche Blitzhäufigkeitskarten, die vom Blitzortungs- und Forschungsunternehmen Aldis bereitgestellt werden. Die Blitzdichte ist etwa in der Ost- und Südsteiermark sowie im nördlichen Kärnten am höchsten. Die ZAMG führt eine Hagelgefährdungskarte, die auf hora.gv.at abrufbar ist und zeigt, mit welchen Hagelkorngrößen in den unterschiedlichen Regionen des Landes zu rechnen ist. Sie wurde mittels langjähriger Daten erstellt und berücksichtigt auch die Geländeform. Vergangene Sturmereignisse und Windböenspitzen sind ebenfalls auf hora.gv.at dargestellt. Wer in betroffenen Regionen lebt, sollte Blitzableiter einbauen, resistente Baustoffe und Sicherheitsglas gegen Hagel verwenden, die Ausrichtung des Gebäudes auf die Hauptwindrichtung abstimmen, die Windangriffsfläche gering halten, etwa bei der Dachform, und Bäume mit Abstand zum Haus pflanzen.

Muren und Rutschungen

Muren sind ein Gemisch aus Wasser und Schlamm oder Geröll. Rutschungen entstehen, wenn durchfeuchtete Hänge instabil werden. Die Erde kann sich auch langsam bewegen, etwa nur wenige Zentimeter pro Jahr. Doch das reicht, damit sich Gebäude verschieben oder verformen. Gefahrenzonenpläne gibt es bei Gemeinden und der Wildbach- und Lawinenverbauung. Einige Bundesländer haben öffentliche Gefahrenhinweiskarten, allerdings nicht für einzelne Parzellen. Ist ein steiles Gerinne in der Nähe oder gibt es schief stehende Bäume, unruhiges Gelände mit Wülsten oder Rissen, könnten das laut Naturgefahrenwegweiser Hinweise auf ein erhöhtes Risiko sein. In dem Fall sollten Gebäude verstärkt sowie auf Anhöhen platziert werden, und mit der Baugrube sollte nicht der Hangfuß angeschnitten werden. Hänge können durch Drainagen entwässert oder durch tiefwurzelnde Bäume stabilisiert werden. Um Verformungen vorzubeugen, sollte man Bauteile statisch voneinander trennen.

Erdbeben

Forschungen zufolge kann durch die Gletscherschmelze das Aufkommen von Erdbeben langfristig begünstigt werden. In allen österreichischen Bundesländern gibt es Erdbeben, am häufigsten sind sie im Wiener Becken, im Mürztal, Inntal, im Rheintal und im südlichen Kärnten. Es gibt eine Erdbebengefährdungskarte der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die das Land in fünf Zonen von null bis vier einteilt. Auf der Homepage können die Bemessungswerte für den eigenen Wohnort abgefragt werden. Anhand der Erdbebengeschichte einer Region lässt sich laut ZAMG abschätzen, wie oft ein Erdbeben einer bestimmten Stärke durchschnittlich auftritt. In Regionen der Zone vier ist bei Neubauten besondere Vorsicht geboten – und auch bestehende Gebäude sollten entsprechend gesichert sein.

Lawinen und Schneelast

Auskunft über die Lawinengefahr gibt der Gefahrenzonenplan der Wildbach- und Lawinenverbauung. Er ist auf hora.gv.at einsehbar, ebenso wie die Schneelastkarte. Sie legt fest, wie viel Gewicht Dächer in Österreich aushalten müssen. Je nach Region gibt es mehr oder weniger Schneefall – und er bleibt unterschiedlich lange liegen. Zusätzlich kann starker Wind den Schnee verblasen, und wenn es wärmer wird oder regnet, wird der Schnee schwerer. In Österreich gibt es vier Lastzonen. Die Dachform und die Neigung sollten der Zone entsprechend geplant werden – oder eine Schneeräumung vom Dach ist vorzusehen. Zum Schutz vor Lawinen können Neubauten in die Geländeoberfläche integriert werden, und es sollte auf Leitungen, Schlafräume und große Fenster auf der Prallseite des Hauses verzichtet werden. Auch eine Verstärkung durch Stahlbeton ist ratsam. Vorsicht ist geboten, wenn es in der Nähe einen Hang mit einer Neigung größer als 25 Grad und länger als hundert Meter gibt.

Hitze und Tropennächte

Hohe Temperaturen schaden nicht unmittelbar der Gebäudesubstanz, können aber für die Gesundheit eine Belastung sein. Im Hochsommer ist es in den Städten am heißesten – und überall dort, wo der Grad der Versiegelung sehr hoch ist und kaum Verdunstung möglich ist. In den Städten kühlt es nachts weniger gut ab als auf dem Land, Tropennächte sind die Folge. Wälder, Grünflächen, Gewässer oder Dachbegrünungen sind ebenfalls eine Hilfe gegen Hitze. Am Stadtrand ist es auch tagsüber oft bis zu sieben Grad kühler als in der Stadtmitte. Ratsam ist, eine Immobilie an einem heißen Sommertag zu besichtigen. Bei Hitze spielen auch Luftschneisen eine Rolle, weiß Formayer: So gebe es etwa im Grazer oder Klagenfurter Becken im Sommer wenig Ventilation, dafür seien diese Regionen weniger sturmanfällig als das Wiener Becken. (Text: Bernadette Redl; Grafiken: Moritz Leidinger, Sebastian Kienzl, Robin Kohrs; 29.8.2023)