Taubenschwänzchen im Schwirrflug beim Sommerflieder
Ein Taubenschwänzchen an der Sommerflieder-Bar. Cheers! (Belichtungszeit 1/1250 Sek., Blende f8, Lichtempfindlichkeit ISO 640, Brennweite 410 mm am APS-C-Sensor entspricht Bildwirkung v. 615 mm umgerechnet aufs Kleinbildformat)
Michael Simoner

Haben Sie auch einen Doppelgänger oder eine Doppelgängerin? Freunde haben mich einmal auf dem Flughafen von Athen gesehen, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt in einem Pub in Wien saß. Ich zum Beispiel tu mir schwer, die Schauspielerinnen Natalie Portman und Keira Knightley auseinanderzuhalten. Andere wiederum rufen im Garten entzückt "Kolibri!", wenn sie ein Taubenschwänzchen sehen. Dabei ist das nicht einmal ein Vogel, sondern ein Schmetterling.

Tagaktive Nachtfalter

Tatsächlich erinnern die Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum) wegen ihres Schwirrfluges direkt vor Blüten an die kleinen Nektar fressenden Vögel aus Amerika. Deswegen werden die Nachtfalter auch Kolibrifalter genannt. Sie sind tagsüber äußerst aktiv, derzeit dürfte schon die zweite oder dritte Jahresgeneration unterwegs sein. Sehr auffällig sind ihre bis zu drei Zentimeter langen Saugrüssel, die sie am Stand schwebend in die Blüten eintauchen. Bei uns im Garten fliegen sie vor allem auf den Sommerflieder und das Patagonische Eisenkraut. Sie gehören zu den wenigen Fluginsekten, die sogar einen Rückwärtsgang haben.

Manchmal werden die Taubenschwänzchen auch mit Wollschwebern verwechselt. Letztere sind aber Fliegen und haben einen starren Saugrüssel, der nicht eingezogen werden kann. Hier zum Vergleich ein Fotoblog-Beitrag aus dem Mai. Die Kolibri-Doppelgänger hingegen können ihre angeborenen Trinkhalme wie alle Schmetterlinge einrollen. So ein Saugrüssel besteht beim Schlüpfen aus der Puppe noch aus zwei Halbrohren, die danach sofort mehrfach parallel zueinander ein- und ausgerollt werden. Forschende des Zoologischen Instituts der Universität Wien haben herausgefunden, wie die Schmetterlinge schließlich die beiden Halbrohre miteinander zu einem Saugrüssel verkleben.

Wanderfalter aus dem Süden

Der deutsche Name der Taubenschwänzchen bezieht sich auf die verlängerten Schuppen am hinteren Ende, die an Federn erinnern und die zur Flugsteuerung dienen. Die Insekten gehören zur Familie der Schwärmer, ihre Cousinen und Cousins (u.a. Totenkopfschwärmer, Weinschwärmer) sind aber meistens in der Dämmerung und in der Nacht aktiv.

Ein Teil der Taubenschwänzchen kommt jedes Jahr als Wanderfalter aus südlicheren Gebieten zu uns. In zwei Wochen können sie bis zu 3.000 Kilometer zurücklegen (falls Sie also noch jemanden für den Jakobsweg suchen ... ). Über den Winter kommen sie – ungewöhnlich für Schmetterlinge – als Imagines, also fertige Falter. Schnee und Frost haben sie zwar nicht gerne, aber Klimaerwärmung und mildere Winter locken Taubenschwänzchen immer weiter nach Norden. Auf Kolibris hingegen können wir noch lange warten. (Michael Simoner, 30.8.2023)

Taubenschwänzchen im Schwirrflug
Die verlängerten Schuppen am Hinterende dienen zur Steuerung. (1/1250 Sek., f8, ISO 640, 500 mm, APS-C)
Michael Simoner
Taubenschwänzchen beim Sommerflieder
Schwirrflug und der lange Saugrüssel bewahren die Schmetterlinge vor Fressfeinden wie Krabbenspinnen, die auf Blüten lauern. (1/1250 Sek., f8, ISO 640, 500 mm, APS-C)
Michael Simoner
Taubenschwänzchen im Schwirrflug
Auch das Patagonische Eisenkraut bietet ideale Blüten für einen Schluck im Flug. (1/800 Sek., f6.3, ISO 450, 460 mm, APS-C)
Michael Simoner
Taubenschwänzchen am Eisenkraut
Der Energieaufwand ist beträchtlich. Taubenschwänzchen müssen täglich das Doppelte ihres Körpergewichtes zu sich nehmen. (1/1000 Sek., f8, ISO 1000, 500 mm, APS-C)
Michael Simoner