Rayan Sarlak in
Klavier wird im wunderbaren "Hit the Road" auf Papis Gipsbein gespielt.
Panda Film

Panah Panahi trägt nicht zufällig den Nachnamen Jafar Panahis, eines der bekanntesten iranischen Filmemacher. Er ist dessen 1984 geborener Sohn und legt nun mit Hit the Road ein fulminantes, reifes Filmdebüt vor. Panah Panahi folgt damit nicht nur seinem berühmten Vater, der sich seit Jahrzehnten in seinen Filmen mit dem iranischen Regime anlegt und erst kürzlich aus der Haft entlassen wurde, weil er in den Hungerstreik trat.

Er tritt auch in die Fußstapfen Samira und Hana Makhmalbafs, die wie ihr Vater Mohsen in den 1990er-Jahren gemeinsam mit Abbas Kiarostami das iranische Kino auf der Weltkinokarte verankerten. Mit seinen genau beobachteten, gleichermaßen malerischen, poetischen und realistischen Filmen wirkte das iranische Kino damals wie eine lang vergessene, frische Brise.

Im Auto gen Westen

Hit the Road vermag es, an den spezifisch iranischen Realismus nahtlos anzuknüpfen und mit der politischen Haltung, die sein Vater wie kein anderer der genannten Filmschaffenden verkörpert, zu ergänzen.

Pandafilm

So geht es in dem Roadmovie denn auch um eine Flucht. Vater, Mutter, ein kranker Hund und zwei Söhne – einer ist klein und quirlig, der andere erwachsen und voller Sorgen – reisen gen Westen, Richtung Türkei, um die illegale Ausreise eines Sohnes zu ermöglichen.

Doch anfangs bekommt man das gar nicht wirklich mit, so lebendig, ja fröhlich ist die Stimmung zwischen den vier Erwachsenen und dem Kind im Auto. Das Auto ist im Iran noch herrschaftsfreier Raum, in Bewegung, auf Straßen lässt sich offenbar ohne Zugriff des Regimes filmen. Und doch haben die drei Erwachsenen beständig Angst, dass sie verfolgt werden. Das Handy des kleinen Buben vergraben sie unter seinen lautstarken Protesten.

Malerische Bilder

Die Reise geht durch wunderbar malerische Landschaften: Wüsten, Berge, Felder. Oft sieht man das Auto vor beeindruckendem Panorama, doch die Stimmen, das melodische Dauergeplauder, sind ganz nah (das machte schon Kiarostami gern, etwa in Der Wind wird uns tragen).

Hit the Road Panahi
Wunderbare Landschaftsbilder, trotz der Trockenheit.
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Bei all der landschaftlichen Schönheit bleibt das sich verändernde Klima nicht unbemerkt: "Im Urmiasee sind wir früher geschwommen", sagt der Vater. "Heute ist hier nur Sand." "Ist doch besser, wer will schon nass werden?", entgegnet ihm sein pfiffiges Söhnchen. Mal ist es lustig und poppig, mit iranischen Liedern, die voller Freude und Schmerz im Auto gesunden werden und zu denen der Kleine gern die Hüften schwingt.

Ein anderes Mal blickt einer der Protagonisten mit Schwermut direkt in die Kamera, ins Publikum, und zeigt, dass hinter dieser ganzen Reise existenzielle Gründe stecken: Warum steckt das Bein des Vaters im Gips? Und warum hat die Familie ihr Haus verpfändet, damit ein Sohn fliehen kann? Ein rätselhafter und ergreifender Film. (Valerie Dirk, 29.8.2023)