Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) spricht sich dafür aus, dass Wien künftig als Ersatz für die Landesrundfunkabgabe auf die GIS eine neue Gebühr einhebt. Im Interview mit der APA verwies er auf entsprechende Verhandlungen mit dem Koalitionspartner – also den Neos. Diese hatten sich hier zuletzt ablehnend gezeigt. Das Thema ist laut Ludwig Teil der Gespräche zum nächsten Budget. Mit dem neuen ORF-Gesetz löst ab 2024 ein ORF-Beitrag, unabhängig von Empfang und Empfangsgeräten von Hauptwohnsitzen und Unternehmen eingehoben, die GIS ab.

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Wenn der ORF 2024 eine für alle Zahler günstigere Haushaltsabgabe bekommt, möchte Wien darauf weiterhin monatlich 5,80 Euro aufschlagen.
APA Eva Manhart

"Bevölkerung gewöhnt"

"Ja, das werden wir noch diskutieren", sagte Ludwig. Denn natürlich bedeute jede Streichung einer Einnahme entweder eine andere Form einer Abgabe oder eben Leistungsreduzierung, gab er zu bedenken. "Das ist auch in dem Fall so. Wir verwenden diese Mittel in Wien fast ausschließlich für kulturelle Zwecke, insbesondere für den Altstadterhaltungsfonds." Man könne damit Sanierungsprojekte etwa in Kirchen oder bei kulturellen Objekten rasch umsetzen. "Also ich würde da am jetzigen Zustand, an den sich die Bevölkerung auch gewöhnt hat, nichts ändern." Aktuell hebt Wien 5,80 Euro Landesabgabe monatlich ein.

Niederösterreich verzichtet

Niederösterreich hat bereits kundgetan, ab 2024 keine Landesabgabe mehr auf den neuen ORF-Beitrag einheben zu wollen. In Vorarlberg und Oberösterreich wurde bisher schon keine Landesrundfunkabgabe eingehoben.

Die Steiermark ließ verlauten, sie wolle künftig 4,70 Euro pro Monat als Kultur- und Sportförderungsabgabe einheben, die dann mit der ORF-Haushaltsabgabe vorgeschrieben werden soll. Die steirische Landesabgabe beträgt bisher 30,7 Prozent des Programmentgelts an den ORF. Bisher erhält der ORF aus der GIS 18,59 Euro pro Monat, die Steiermark daher 6,20 Euro pro Monat. Der ORF-Beitrag beträgt ab 2024 15,30 Euro pro Monat – also sinkt auch die Landesabgabe mit dem bisherigen Prozentsatz auf exakt 4,70 Euro. Der Betrag ergibt sich also aus einem unveränderten Prozentsatz im Landesgesetz über die Abgabe.

Wiens Abgaberegelung sieht bisher 28,85 Prozent des Programmentgelts als Landesrundfunkgabgabe vor (Niederösterreich hat bisher denselben Prozentsatz) und kommt damit bei 18,59 Euro für den ORF auf 5,80 Euro pro Monat. Um diesen Wert stabil zu halten, müsste Wien den Prozentsatz erhöhen: Der ORF-Beitrag von 15,30 Euro würde nur noch 4,41 pro Monat und Haushalt beziehungsweise Firma einspielen.

625.000 Zahlungspflichtige mehr

Aber: Für ORF und Länder bedeutet die Änderung von der GIS mit Ausnahmen für Streamingnutzung zum ORF-Beitrag von allen unabhängig vom Empfang Mehreinnahmen auch bei gleichbleibendem Prozentsatz: Laut Finanzministerium ist mit 525.000 zusätzlich zahlungspflichtigen Haushalten und 100.000 zusätzlich zahlenden Firmen gegenüber der bisherigen GIS zu rechnen.

ÖVP, FPÖ, Grüne gegen Landesabgabe

Die Wiener ÖVP-Gemeinderätin Laura Sachslehner forderte in einer Reaktion Ludwig auf, auch in Wien die Abgabe "ersatzlos" zu streichen. "Die Mittel aus der GIS-Landesabgabe sollten bereits seit Jahren in den Altstadterhaltungsfonds fließen. In Wahrheit macht sich die Stadtregierung jedoch mit dieser zusätzlichen Gebühr ein beachtliches Körberlgeld", beklagte sie. Eine Anfragebeantwortung habe gezeigt, dass nur ein Bruchteil davon in Sanierung und Erhaltung geflossen sei.

Tatsächlich sei in den vergangenen Jahren durch die Einnahmen eine Rücklage von mehr als zehn Millionen Euro gebildet worden, kritisierte sie. Eine neue Gebühr in Erwägung zu ziehen, sei darum "schlicht dreist".

"Gerade angesichts der aktuellen Teuerung sollten auf keinen Fall zusätzliche Gebühren eingeführt werden", hieß es auch in einer Stellungnahme aus dem Grünen Klub. Die Stadt solle stattdessen das Kulturbudget um den entsprechenden Betrag erhöhen, schlug man vor.

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp zeigte sich in einer Aussendung erstaunt, dass Ludwig "ernsthaft" über neue Abgaben nachdenke und den Bürgern noch mehr Geld aus der Tasche ziehe wolle: "Anstatt sich so weiter schamlos zu bereichern, fordere ich zum wiederholten Mal die ersatzlose Streichung der ORF-Landesabgabe." Er appellierte auch an Neos-Chef Christoph Wiederkehr, nicht wieder "im Liegen umzufallen", sondern sich gegen die neue Gebühr zu stellen. (APA, fid, 29.8.2023)