ÖBB-Zug am Hauptbahnhof Wien, Mitarbeiter schaut aus dem Fenster einer Lok
Für Mitarbeitende mit Schichtdienst würden Dienstpläne schon jetzt so gestaltet, dass nur an drei oder vier Tagen pro Woche gearbeitet wird.
Alstom

Die ÖBB richtet beim heurigen Europäischen Forum Alpbach (EFA) einen Blick auf die Arbeitswelt von morgen und macht Arbeitsmarkt und Recruiting zum Thema. Rund ein Fünftel der aktuellen Belegschaft geht in den nächsten Jahren in Pension. Bis 2028 werden rund 18.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Wie der Generationenwechsel gelingen soll, haben ÖBB-CEO Andreas Matthä und AMS-Chef Johannes Kopf am Donnerstagabend im ÖBB Dinner Talk beim EFA diskutiert.

Laut Kopf müsse man eine "Vielzahl an Hebeln in Bewegung setzen". Am wichtigsten wäre eine flächendeckende Ganztagsbetreuung für Kinder, damit "Frauen, die das wollen, mehr Stunden arbeiten können". Österreich werde auch Zuwanderung benötigen, um den Bedarf an Fachkräften zu decken, betont der AMS-Chef. Vorstandsvorsitzender Matthä spricht von einer Mammutaufgabe: "Wir müssen Frauen mobilisieren, in technischen Berufen zu arbeiten, den Zugewanderten Chancen geben." Die Bundesbahn wolle bei der Personalsuche – neben bewährten Methoden – auch neue Akzente setzen, heißt es.

Viertagewoche im Test

Dem Bedürfnis nach Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben trage die ÖBB bereits überall dort, wo es möglich ist, mit flexiblen Arbeitszeiten Rechnung. Für Mitarbeitende mit Schichtdienst würden Dienstpläne schon jetzt so gestaltet, dass viele nur an drei oder vier Tagen pro Woche arbeiten müssen.

Darüber hinaus testet die ÖBB Infrastruktur mit rund 1.500 Mitarbeitenden ab Oktober ein "Flexi-Friday-Modell", mit dem durch den Wegfall der Kernarbeitszeit – eben am Freitag – eine Viertagewoche möglich wird. Auch eine Ausweitung auf weitere Bereiche und Berufsbilder sei ab Jänner 2024 in Planung. Weniger Wochenstunden bei gleichem Gehalt bedeutet die Viertagewoche bei der ÖBB jedoch nicht, wie eine Sprecherin auf Nachfrage des STANDARD bestätigt. "Die Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden bleibt erhalten", sagt Pressesprecherin Julia Krutzler.

Die Idee zum Pilotprojekt sei nicht auf Wunsch der Belegschaft entstanden, sondern diene dazu, neue – und vor allem junge – Beschäftigte für die ÖBB zu gewinnen. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine normale Arbeitswoche mit fünf Tagen vorziehen würden, sei das aber kein Problem. Die genauen Abläufe in den Teams werden jedoch erst ab Herbst erprobt und laufend evaluiert.

Neue Zielgruppen ansprechen

Auch das Potenzial von Menschen mit Fluchthintergrund soll in Zukunft stärker genutzt werden. Die ÖBB bietet beispielsweise Lehrplätze für geflüchtete Jugendliche. 95 Lehrlinge sind bereits in Ausbildung, mit dem neuen Lehrjahr 2023/24 werden weitere 17 folgen. In Kooperation mit dem AMS und NGOs sucht die ÖBB auch gezielt nach Frauen mit Fluchthintergrund, die Interesse an einer Ausbildung haben, und unterstützen mit Sprachlernangeboten den Einstieg ins Unternehmen.

Auch die Frauenquote im Konzern soll von aktuell 15 Prozent bis 2028 auf 17 Prozent gesteigert werden. Im Angebot hat die Bundesbahn unter anderem Karriereworkshops, Netzwerkveranstaltungen, Weiterbildungsangebote und Cross-Mentoring-Programme. Im Bereich der Lehrlinge, wo der Frauenanteil bei 21 Prozent liegt, und im Top-Management, wo ab 2024 der Frauenanteil auf 46,2 Prozent steigt, hätten die Maßnahmen bereits besonders gut ihre Wirkung entfaltet.

Ältere Arbeitnehmer seien ebenfalls ein wichtiger Faktor: Wenn Pensionistinnen und Pensionisten dem Unternehmen tages- oder stundenweise erhalten bleiben, werde einerseits der Wissenstransfer sichergestellt – und andererseits bleiben ansonsten offene Positionen besetzt. Die ÖBB prüft demnach gerade, unter welchen Konditionen und in welchen Bereichen eine Weiterbeschäftigung über das Pensionsalter hinaus sinnvoll und möglich ist. (red, 1.9.2023)