Wieder eine mutlose Woche in der öffentlichen Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung. SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler zementiert im ORF-Sommergespräch seine Forderung nach 32 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich, Interessenvertretungen und Lobbyisten der Wirtschaft wiederholen ihre Gleichung, wonach das nur den Fachkräftemangel verschärfen und den Standort inmitten der Stagflation schwächen würde. Dieser Schlagabtausch hat sich nunmehr so oft wiederholt, dass es schon langweilig ist.

Welche Fähigkeiten braucht es für Green Jobs, die für den Kampf gegen den Klimawandel wichtig sind?
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Worum es wirklich geht und wie wir gemeinsam dorthin kommen könnten, bleiben beide Seiten schuldig. Genau das interessiert uns Arbeitende aber für uns und unsere Kinder, unsere Unternehmen. Dass es auch bei anhaltend hoher Inflation und problematischer konjunktureller Lage viele Menschen gibt, die nicht mehr offiziell 40 und inoffiziell 50 oder mehr Stunden ihres Lebens einem Job widmen wollen, bleibt ein Faktum. Ob nun privilegiert oder "verblendet", die Frage ist eine andere: Wie können wir eine heterogene Jobwelt so gestalten, dass möglichst viele Menschen beitragen wollen und die Möglichkeit haben zu arbeiten, Steuern und Abgaben leisten, ohne lediglich einer Lohnsteuernummer verpflichtet zu sein?

Nur ideologisches Bashing

"Weniger arbeiten" ist dafür keine hinreichende Lösung. Mit dieser Forderung als Vision reinzugrätschen ist schon gut und wichtig als Impuls, sonst gibt es keine soziale Innovation. Aber ohne Diskussionsvorschlag des Wie bleibt es eben beim ideologischen Bashing des guten alten Leistungsthemas mit einem Hauch von "eat the rich". Die großen Treiber des notwendigen Wandels werden nicht einmal erwähnt: Klimawandel, der riesige Bedarf an neuen Fähigkeiten im Bereich der (grünen) Zukunftstechnologien – ein großes Thema auch beim Forum Alpbach diese Woche.

Wie kann Arbeitszeitverkürzung überhaupt gedacht werden ohne grundlegende Reform von Bildung und Weiterbildung? Wie kann sie gedacht werden auf Basis aller gegenwärtigen Steuer-, Abgaben- und Sozialversicherungssysteme? Wie kann sie gedacht werden, ohne die gewohnten Ansprüche auf allumfassende Versorgung ebenfalls auf den Tisch zu legen? Kaum.

Besonders Mutige könnten sogar noch den Faktor Glücksempfinden der Gesellschaft, bei uns noch nicht anstelle des Bruttoinlandsprodukts gesetzt, mit in die Diskussion nehmen. Immerhin hängen Gesundheit und Zusammenhalt daran.

Wir sollten Szenarien und deren Konsequenzen, deren Chancen für eine neue (Arbeits-)Welt diskutieren statt allen, die es anders wollen, als es jetzt ist, auszurichten, dass sie aus dem Takt ticken. Das macht sicher keine neue Lust auf Leistung. Das ist keine Vision für die nächsten Generationen. (Karin Bauer, 3.9.2023)