Zwei bunte Schultüten
Am Montag gibt es wieder Schultüten für die Erstklässlerinnen und Erstklässler.
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Schulbeginn in Zahlen: Mehr als eine Million Schülerinnen und Schüler an 5700 Schulen werden von über 120.000 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet. Werden Sie das wirklich? Obwohl allerorten Lehrkräfte fehlen und mitunter bis zur letzten Ferienminute gesucht werden? Der Bildungsminister beruhigt. Auf STANDARD-Anfrage erneuert Martin Polaschek auf der Zielgerade der Ferien seine Zusicherung, "dass im kommenden Schuljahr trotz des generellen Fachkräfte- beziehungsweise Arbeitskräftemangels jede Unterrichtsstunde gehalten wird". Auch aufgrund der Größenordnung sei der schulische Personalbereich "sehr dynamisch".

Für 2023/24 seien insgesamt 6846 Voll- sowie Teilzeitstellen (etwa 5000 Vollzeitäquivalente) für 104.545 Unterrichtsstunden ausgeschrieben worden. Dass sich dafür 11.383 Interessierte, darunter 600 zertifizierte Quereinsteigende, mit insgesamt 86.340 Bewerbungen gemeldet hätten, zeige, "dass es viel Interesse für diesen wunderbaren Beruf gibt". Allerdings seien der Bedarf und die Bewerbungen für offene Stellen regional unterschiedlich.

Gewerkschaft sieht Belastungslimit erreicht

Paul Kimberger würde sich wünschen, dass sich der (nicht nur) in Österreich herrschende Lehrkräftemangel so einfach lösen ließe. Allerdings habe er "ganz andere Rückmeldungen aus vielen Schulen", sagte der Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft vor dem letzten Ferienwochenende im Osten zum STANDARD. Von Schulen, die noch jetzt um Personal kämpfen und alle möglichen Wege beschreiten, "damit die Schülerinnen und Schüler pädagogisch wieder gut versorgt werden können". Das können für die einen viele Überstunden zur bisherigen Lehrverpflichtung sein, für andere ist es ein beruflich völlig neues Metier, in das sie einsteigen, und einige kommen, weil sie so dringend gebeten wurden, wieder an den Ort zurück, der vor der Pension ihr langjähriger Arbeitsplatz war.

Der Gewerkschaftschef fürchtet angesichts dieser Manöver, dass die personelle Überdehnung erst recht "weitere Ausfälle provoziert". Die entscheidende Frage werde sein: "Wie hoch ist der Preis, wenn andere das kompensieren müssen, was in Wirklichkeit einfach fehlt an Lehrkräften? Wir sind schulisch längst weit über dem Belastungslimit drüber." (nim)

Schulwart Gerhard Kropik
Schulwart Gerhard Kropik freut sich schon auf den Schulstart.
© Christian Fischer

1. Der Schulwart, der fertig hat

Über einen glänzenden Schulstart

Mindestens 240 Fenster. An die 120 Heizkörper. 300 Sessel. 150 Tische. Und 3500 Quadratmeter Boden. Gerhard Kropiks Bilanz kann sich sehen lassen. Während andere in den vergangenen zwei Monaten auf Urlaub waren, es etwas langsamer angegangen sind, hat der Wiener fast nonstop geschrubbt und gewischt. Dank Iron Maiden.

Die Metal-Band dreht der Schulwart am liebsten auf, wenn er mit dem Hochdruckreiniger Klassenzimmer um Klassenzimmer säubert. Empfehlung: The Number of the Beast. Die musikalische Untermalung sei für einen erfolgreichen Großputz entscheidend: "Volksmusik brauchst da ned hören."

Die Sommerferien sind Kropiks einzige Gelegenheit, die städtische Volksschule am Johann-Hoffmann-Platz in Wien-Meidling von Grund auf zu reinigen. Nur dann sind die rund 260 Schulkinder und 35 Lehrkräfte lange genug weg. Übrig bleibt nur der Schulwart – mit seiner Frau. Der 54-Jährige arbeitet nicht nur in der Schule, er lebt auch dort. Wienweit tut das etwa ein Drittel der insgesamt 580 Schulwartinnen und Schulwarte, die an öffentlichen Pflichtschulen beschäftigt sind. "Die Schule ist mein Haus", sagt Kropik. Und genauso achte er auf sie.

Von seiner besten Seite zeigt sich das Gebäude an zwei Tagen im Jahr: Montag und Dienstag in der letzten Ferienwoche. Da hat Kropik bereits fertig durchgeputzt. Aber erst am Mittwoch kehren die Lehrerinnen und Lehrer zurück, um den Schulbeginn vorzubereiten. "Man geht das Haus ab und ist stolz auf seine Arbeit", erzählt der Schulwart. Nach 32 Jahren in dem Beruf weiß er aber, dass dieser Zustand nur von kurzer Dauer sein wird. "In drei Wochen schaut es eh nimmer so aus. Man kann ja von den Kindern nicht verlangen, dass auf Zehenspitzen gehn." Aber: Zumindest der erste Eindruck, der solle gut sein.

Während die Lehrkräfte die Klassenzimmer herrichten, macht Kropik letzte Handgriffe: Wasserhähne aufdrehen, um die Leitungen zu spülen; wo nötig, Möbel umstellen; Putzmittel wieder einsortieren. Allein an Wiens Pflichtschulen wurden diesen Sommer 4700 Liter Glasreinigungsmittel, 6500 Liter Sanitär-, 1800 Liter Allzweck- und 11.600 Liter Grundreinigungsmittel verbraucht.

Wie all diese Chemikalien einzusetzen sind, hat Kropik als Springer an verschiedenen Schulen geübt, bevor er am Johann-Hoffmann-Platz eine fixe Stelle bekam. Eigentlich hat Kropik Fleischer gelernt. In der Branche arbeitete er sich hoch, verdiente gut: "Familienfreundlich war das aber nicht." Als sein drittes Kind zur Welt kam, sattelte er um. "Ich bin ein Firmenauto gefahren, habe Anzug getragen – und dann plötzlich Klos aufgewischt. Das war ein Kulturschock." So sehr, dass Kropik an der Entscheidung zweifelte. Heute weiß er: Es war die richtige.

Auf die Rückkehr der Schulkinder freut er sich: "Nach neun Wochen Ruhe ist es Zeit, dass Leben ins Haus kommt." Miterleben wird er den ersten Schultag heuer aber nicht. Eine Vertretung wird am Montag das Tor aufsperren. Denn nun ist er mit dem Urlaub an der Reihe. Vier Wochen hat er nun frei, verbringen wird er sie in Österreich.

Nur der Kopf, der bleibt in der Schule: "Ich werde schon anrufen und fragen, ob alles gutging." Nachsatz: "Aber heimlich, wenn meine Frau duschen ist." Stefanie Rachbauer

2. Die Lehrerin, für die alles neu und anders ist

Über den Wiedereinstieg in die Schule nach der Karenz

Anfang August war sie da, die Aufregung. Jetzt, dachte ich mir, dauert es nicht mehr allzu lange, bis das Schuljahr beginnt. Nach zweijähriger Karenz steige ich mit September wieder als Lehrerin ins Berufsleben ein, allerdings an einem anderen Ort und in einer anderen Schulform. Es ist ein neues Kapitel für mich und vieles noch im Unklaren.

Vor der Geburt meiner Tochter habe ich knapp vier Jahre in einer Mittelschule in Stadtnähe gearbeitet und Englisch und Geschichte in fast allen Jahrgängen unterrichtet. Zuletzt war ich Klassenvorständin von 21 Teenagern im Alter von 13 bis 14 Jahren. Im Herbst beginne ich an einer Volksschule im ländlichen Raum und teile mir mit einer anderen Jungmama eine dritte Klasse Volksschule. Eine derartige Aufteilung gibt es für gewöhnlich nicht.

Unsere zukünftigen Schülerinnen und Schüler lernten wir schon im Juni kennen. Kurz vor Schulschluss waren meine Kollegin und ich mit kleinen Geschenken zu Besuch und haben uns der Klasse an einem Vormittag und ihren Erziehungsberechtigten an einem Abend vorgestellt. Die Kinder haben uns mit einem Lied, in dem jeder Name der Klasse besungen wurde, begrüßt. Als ich so im Sitzkreis saß, umringt von 17 neugierigen und erwartungsvollen Augenpaaren, freute mich auf den Herbst und die Arbeit mit den Kleinen. Klar, ich werde mehr erklären, wiederholen und auch Grenzen setzen müssen. Meine Unterrichtsstunden können aber noch offener, lustbetonter und spielerischer sein. Es bleibt mehr Zeit und Raum für Kreativität.

Auch mein Schulweg verkürzt sich enorm. Zuvor saß ich für eine Strecke rund 45 Minuten im Auto, ab September sind es acht. Auf meiner neuen Route liegt auch die Krabbelstube meiner Tochter. Da die Kinderbetreuung leider erst in der letzten Ferienwoche aufsperrt, wird ihre Eingewöhnungsphase im Schnellverfahren ablaufen müssen. Sollte sie nicht bleiben wollen, können notfalls meine Eltern oder mein Partner die Betreuung übernehmen, ein Problem wäre es dennoch.

Das Dekorieren der Klasse ist der zweite Fixtermin in der letzten Woche vor Schulbeginn. Mit meiner Kollegin möchte ich den Raum so gestalten, dass sich die Kinder wohlfühlen. Dabei muss natürlich auch auf alle Feinheiten der Volksschule geachtet werden: Steht der Geburtstagskalender? Hängen die Schilder der Schulordnungsregeln? Sind alle Materialien an ihrem Platz? An diesen Tagen werde ich mir auch meinen Arbeitsplatz im Konferenzzimmer aussuchen und in einer inoffiziellen Konferenz am Freitag das restliche Kollegium näher kennenlernen.

Zeit für weitere Vorbereitungen bleibt da keine, darum werde ich die Zeit davor nutzen. Mit Sticker und Stempel habe ich mich eingedeckt, das erste Spiel in Englisch ist schon fix. Ich habe zur Wiederholung bereits gelernter Vokabeln "Fly Flap" geplant. Dabei spielen zwei Kinder gegeneinander, wer am schnellsten ein bestimmtes englisches Wort auf Bildkärtchen mit seinem Fliegenpracker berührt, bekommt einen Punkt. Der Wettbewerb im Spiel zieht immer. Namenlernen steht ebenfalls auf meiner Liste, damit die im September wirklich sitzen.

Der Schulstart wird nicht nur für die Kinder, sondern auch für mich ein Neustart. Und auch wenn die Aufregung schon da ist, die Vorfreude ist es auch. Es wird schön werden, neben meiner Rolle als Mama noch eine weitere Aufgabe zu haben. (PROTOKOLL: Anna Wiesinger)

Die Lehrerin bat um Anonymität für ihre Gedanken zum Wiedereinstieg nach der Karenz in eine neue Schule, weil dabei noch vieles im Unklaren liege.

Erstklässlerin mit Schultüte
Aus dem Kindergartenkind Valentina Strolz wird jetzt eine Volksschülerin.
Privat

3. Valentina, die "Räuber Hotzenplotz" selbst lesen will

Über den Sprung vom Kindergarten in die Volksschule

Ihre Familie vergleicht Katrin Strolz mit einem Mobile. Jedes Familienmitglied hängt in ihrer Vorstellung an einem Faden des Gebildes. Bei Veränderungen gerät das Mobile aus dem Gleichgewicht. Um sich wieder einzupendeln, braucht es seine Zeit.

Wenn in einer Woche in dem Tiroler Dorf, in dem die 34-Jährige mit ihrer Familie lebt, wieder Schule und Kindergarten beginnen, wird ihr Mobile einiges aushalten müssen. Zum einen wechselt die vierjährige Lina in den Kindergarten, zum anderen steigt die älteste Tochter Lilli in die dritte Klasse Volksschule auf. Für die sechsjährige Valentina ändert sich aber am meisten: Sie tauscht Kindergartenrucksack gegen Schultasche und beginnt Mitte September ihre ersten Tage als Schülerin. "Für Valentina verändert sich viel, da sie immer noch sehr verspielt ist. Mit Schulbeginn muss sie sich dann plötzlich den ganzen Vormittag lang konzentrieren und nachmittags Hausübungen machen. Außerdem muss sie früh aufstehen und mit ihrer Schwester allein aus dem Haus gehen", sagt Strolz. Um die ersten Schulwochen abzufedern, begannen die Vorbereitungen daher schon Mitte August. Mit Ferienheften soll die neunjährige Lilli bereits Gelerntes aus Mathematik und Deutsch wiederholen, die sechsjährige Valentina darf sich mit Übungsblöcken langsam auf das Schulleben vorbereiten. "Ich will nicht, dass sie unvorbereitet sind. Immerhin weiß ich, wie lange Schülerinnen und Schüler brauchen, bis sie wieder zu ihrer Lernroutine finden", betont die 34-Jährige. Denn: Die Tirolerin ist selbst seit rund 13 Jahren Lehrerin.

Die restlichen Ferienwochen nutzt Strolz daher auch für eigene (Unterrichts-)Vorbereitungen und den Kauf von Schulmaterialien für sich, ihre Kinder und ihre Schülerinnen und Schüler. Auf ihrer Einkaufsliste stehen die Schulhefte ihrer zweiten Klasse Volksschule – die werden an ihrer Schule von der Lehrperson besorgt. Zeichenunterlagen, Stifte, Hausschuhe und Sportkleidung. Für Valentina allein muss sie rund 100 Euro veranschlagen, die Schultasche nicht mitgezählt. Was sich für Strolz ab Herbst in ihrer Doppelrolle als Mama dann zweier Schulkinder und Lehrerin ändert? Dass sie noch mehr denken müsse, sagt sie. Und ergänzt: "Schön wäre es aber, wenn Lilli ihre jüngere Schwester ein wenig mitzieht, die beiden vielleicht gemeinsam Hausübungen machen und Valentina in ihrer großen Schwester ein Vorbild hat."

Fragt man allerdings die Sechsjährige nach ihrer Motivation zum Schulbeginn, hört man Gegenteiliges: "Ich freu mich nicht auf die Schule, weil da muss man so lange lernen. Ich hab bei Lilli gesehen, wie viele Hausübungen sie hat." Auch auf den rund zehnminütigen Schulweg hat Valentina keine Lust: "Ich würde lieber mit dem Bus fahren, aber das darf ich ja nicht."

Dass das rechtzeitige Erledigen der Hausübungen eine der größten Schwierigkeiten werden wird, weiß auch ihre Mutter. Ähnlich wie ihre ältere Schwester wird Valentina Wochenhausübungen erhalten. Im Gegensatz zu täglichen Aufgaben haben die Kinder länger Zeit, dafür sind sie aber auch umfangreicher. "Da wird es einige Diskussionen mit beiden geben", ist Katrin Strolz sicher.

Schließlich findet Valentina doch noch etwas Gutes am Schulbeginn: "Ich freu mich darauf, lesen zu lernen. Dann kann ich alles lesen, auch Räuber Hotzenplotz." Auch das Schulanfangslied scheint ihr zu gefallen. Sie singt: "Schultasche tragen kann ich schon!" (Anna Wiesinger)

Schuldirektorin Doris Kurus
Vierfach-Direktorin Doris Kurus leitet den Schulverbund Klingenberg in Oberösterreich.
Vio Wakolbinger

4. Die Direktorin, die vier Schulen leitet

Über den Kampf gegen den akuten Lehrkräftemangel

Bei Doris Kurus muss man alles mal vier denken. Sie ist Direktorin von gleich vier Schulen in Oberösterreich. Vor 14 Jahren übernahm die damals 37-jährige Lehrerin für Mathematik, Physik und Chemie die (Neue) Mittelschule Pabneukirchen im unteren Mühlviertel. 2019 kam die Kleinstvolksschule im benachbarten St. Thomas am Blasenstein dazu, ein Jahr später die Volksschule Pabneukirchen und im Vorjahr noch die Volksschule in Münzbach. Heute umfasst der Schulverbund Klingenberg 326 Kinder in 21 Klassen und 36 Lehrkräfte.

Apropos. Das L-Wort ist jenes Stichwort in diesen Tagen vor dem Beginn des neuen Schuljahres – egal, wo in Österreich man mit Direktorinnen und Direktoren spricht –, das die allermeiste Energie der Schulleiterinnen beansprucht: L wie Lehrkräftemangel.

Auch Doris Kurus kann davon ein Lied singen. Beim Besuch in ihrem Büro – eine Wand gelb, im Physiklabor der Mittelschule mit Technikschwerpunkt sorgt die Farbe Rot für Lebendigkeit, drüben in der 1a bei den Jüngsten leuchtet eine Zimmerseite in einem fröhlichen Hellblau – fehlen Kurus zwölf Tage vor Schulbeginn in der MS drei Lehrpersonen, und in der VS ist eine halbe Lehrverpflichtung offen.

Was tun? "Etwas tun!", lautet die zupackende Devise von Kurus. Sie erinnert aber auch daran, "dass die Lehrergewerkschaft seit langem vor genau dieser prekären Lage gewarnt hat". Nun ist der Mangel da, und die Schulen müssen irgendwie damit umgehen. Sie plante mit dem, was sie hat. Mit ihrem Kollegium: "Wir müssen derzeit wirklich sehr kreativ sein", sagt die energiegeladene 50-Jährige und will "die Autonomie, die wir haben, nutzen, und, ja, auch die Verantwortung dafür tragen".

So hat sie es auch heuer wieder geschafft, alle Fächer und Stunden, die unter normalen Umständen zweieinhalb Vollzeitstellen wären, zu besetzen. Allerdings musste sie dafür, wie viele andere Schulleitungen auch, die ganze Palette, mit der die Bildungspolitik den immer gravierenderen Lehrkräftemangel auffangen möchte, nutzen. "Und wir helfen uns im Bezirk Perg auch gegenseitig mit Lehrpersonen", sagt die "zielorientierte Netzwerkerin".

Eine Volksschulpädagogin in Teilzeit wird nun "nach vielen Gesprächen" ihre Lehrstunden aufstocken. Ein Problem gelöst. Zumal die am Dienstag abgelaufene Bewerbungsfrist für die halbe VS-Stelle auch kein neues pädagogisches Personal brachte. Umgekehrt "helfen drei Lehrerinnen aus der Volksschule in der MS aus", etwa als Begleitlehrerin in Deutsch – ein Beispiel für "positive Synergien" des Schulverbunds an der wichtigen "Nahtstelle" zur fünften Schulstufe, sagt Kurus: "Die Lehrkräfte kennen die Kinder schon." In der MS erhöhen vier Lehrkräfte ihre Stundenzahl, die anderen haben Überstunden. Ein Klassenvorstand und Mathematiklehrer geht als Zweitlehrer in eine Deutschklasse mit und nimmt Turnen dazu, kommt damit auf fünf Überstunden.

Das Prinzip, dass in der MS in Deutsch, Mathematik und Englisch zwei Lehrkräfte im Einsatz sind, möchte Kurus übrigens "nicht mehr missen. Teamteaching ist wirklich sinnvoll, aber leider wird genau das vielerorts wegen des Personalmangels jetzt schon zurückgefahren." Das würde die Pädagogin mit dem Faible für Frösche und Dinosaurier – das habe ihr statt des andernorts gebräuchlichen "Direx" den Spitznamen T-rex eingebracht, erzählt sie lachend – auch persönlich verhindern. Kurus, die das als Direktorin nicht müsste, unterrichtet selbst auch noch vier Stunden pro Woche Mathematik im Team: "Ich will das bewusst, den Kontakt zu den Kindern. Das ist für eine Schule auch wichtig, dass die Direktorin präsent ist."

Dann gibt es noch einen Lehramtsstudenten für Geografie und Biologie, der unibedingt aber nur an zwei Tagen da sein kann. "Den habe ich selbst gesucht und über Mundpropaganda gefunden", erzählt Kurus: "Die Stelle war ausgeschrieben, aber über diesen Kanal meldet sie so gut wie niemand mehr. Darum halte ich immer die Augen offen nach potenziellen Lehrpersonen."

In der neuen Pädagogenbildung sieht Kurus einen Faktor für die Verschärfung des Problems. Manche angehenden Lehrkräfte brennen schon vorher aus. Auch das hat die Schulmanagerin erlebt: Eine Junglehrerin in ihrem Team, die daneben eigentlich den Master machen soll, pausiert mit dem Studium ein Jahr, weil sich Unterricht und Uni parallel nicht ausgehen. 2022 kam Hilfe von einer pensionierten Lehrerin, die nach Jahren im Ruhestand für ein Jahr zurückkam und Zeichnen und Leseförderung übernahm. Werkunterricht liegt seit Jänner in den Händen einer Quereinsteigerin, da lehrt eine Damenkleidermacherin.

Das Ziel sei dennoch klar und unverhandelbar, sagt Doris Kurus: "Am Montag muss ich für alle Kinder vollen Unterricht gewährleisten." So schwierig wie heuer war es noch nie.

Der Stundenplan ist fertig. Es kann losgehen. Muss es ja. (Lisa Nimmervoll, 3.9.2023)