Eines muss man Andreas Babler lassen: Wenn es um große Gesten geht, trifft er instinktiv den richtigen Ton. Seine stärksten Minuten beim ORF-Sommergespräch waren jene zum Schluss, als er ohne Worte zeigen sollte, wofür er in der Politik steht. Babler fasste sich, ohne zu zögern, ans Herz. Das wirkte authentisch und spontan und kam bei vielen Zusehern gut an.

Nicht ganz so rund läuft es, wenn Babler Dinge erklärt – oft verschluckt er die zweite Hälfte eines Gedankens, spricht zu schnell und zu kompliziert. Das ist nicht weiter tragisch. Konzise Rhetorik kann man lernen – oder auch nicht, und trotzdem Vizekanzler werden, wie Werner Kogler zeigt.

SPÖ-Parteichef Andreas Babler
Muss zeigen, dass er das Zeug zum Bundeskanzler hat: Der SPÖ-Parteichef Andreas Babler.
APA/HELMUT FOHRINGER

Heikler ist da schon die inhaltliche Ausrichtung der SPÖ, die deren Chef nun, knapp ein Jahr vor dem geplanten Wahltermin, festlegen muss. Babler muss dabei auch zeigen, dass er das Zeug zum Bundeskanzler hat – nicht geringer kann der Anspruch sein. Zudem ist es ja auch Bablers erklärtes Ziel, die FPÖ mit Herbert Kickl zu verhindern und eine alternative Koalition unter Führung der Sozialdemokratie zu bilden.

Der Druck, den die SPÖ in Richtung amtierende Regierung aufgebaut hat, was die Themen Lebensmittelteuerung und Mieterhöhungen betrifft, war ein erster Schritt. Anders als häufig unter Rendi-Wagner ist die SPÖ drangeblieben, hat das Thema bis zur Sondersitzung gepusht, ist sogar mit der vielgeschmähten FPÖ eine Allianz eingegangen – und die Regierung hat reagiert. Das ist, bei aller inhaltlichen Kritik am Ergebnis, ein politischer Erfolg für die Opposition. Die Schrillheit freilich, mit der sich Babler und die SPÖ darüber empörten, dass Türkis-Grün die Mietpreisbremse als Verfassungsgesetz verankern wollte, war wiederum einen Tick zu viel. Die berechtigte Sorge, dass die Richtwertmieten in fünf Jahren umso rascher steigen könnten, hätte man auch sachlicher formulieren können.

Erstaunlich ist, dass der SPÖ-Chef, der öffentlich fix davon ausgeht, der nächste Bundeskanzler zu sein, großzügig alles Mögliche garantiert. So rief er sich selbst zum "Garanten für alle Häuslbauer" aus, "garantierte", dass mit ihm als Bundeskanzler 96 Prozent aller Steuerpflichtigen weniger zahlen würden, und er verkündete einen "Rechtsanspruch auf einen Facharzttermin innerhalb von 14 Tagen". Das klingt zwar gut, aber: Garantien muss man einlösen, und da könnte er die Rechnung ohne einige namhafte Player gemacht haben – unter anderem in seiner eigenen Partei.

Dass Babler alle Häuslbauer künftig von der Grunderwerbsteuer befreien will, wird wohl auch viele SPÖ-Bürgermeister nicht gerade zu Luftsprüngen veranlassen. Steuersenkungen zu garantieren ist zudem stets gefährlich – denn was passiert, wenn sich der Staat das einfach nicht leisten kann? Und was die Facharzttermin-Garantie betrifft: Man wünscht dem SPÖ-Chef angesichts des Ärztemangels viel Erfolg bei den Verhandlungen mit der Ärztekammer.

Die Frage der Einlösbarkeit von Versprechen muss Babler im Blick haben, wenn er das Kanzleramt anstrebt. Politik ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, und Wählerinnen und Wähler haben einen zunehmend nüchternen Blick darauf. Sie lassen sich nicht leicht beeindrucken. Das sieht man etwa an den Einmalzahlungen der Regierung zur Bekämpfung der Teuerung. Die führten nicht einmal vorübergehend zu besseren Umfragewerten für Türkis und Grün. (Petra Stuiber, 2.9.2023)