Wer im Jahr 2021 einen Kredit mit 30 Jahren Laufzeit aufgenommen hat, um eine Immobilie zu kaufen, musste dafür monatlich rund 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens bezahlen. Heute, im Jahr 2023, liegt dieser Prozentsatz schon bei 46 Prozent.

Denn in den letzten zwei Jahren hat sich viel getan. Die Zinsen sind gestiegen, gleichzeitig ist es für viele Menschen in Österreich nun weit schwieriger, einen Kredit zu bekommen – die Richtlinien dafür wurden im August 2022 verschärft.

Paar Wohnung
Die Anzahl der Kredite, die Banken heuer vergeben haben, ist drastisch zurückgegangen.
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Für die Zukunft sieht es auch nicht rosiger aus: Die Zinsen dürften laut Analysen von Raiffeisen auch in den nächsten drei Jahren noch weiter hoch bleiben. "Wir sind schon am Gipfel und werden hier jetzt noch länger bleiben", sagt Raiffeisen-Analyst Matthias Reith. Mit einer weiteren Erhöhung rechnen die Experten zwar nicht. Erste, langsame Zinssenkungen werde es aber auch erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 geben. Und auch mit Null- und Negativzinsen, wie es sie noch vor wenigen Monaten gab, rechnen Reith und seine Kollegen längerfristig nicht mehr.

Viel weniger Kredite

Bei der Raiffeisen-Bausparkasse habe man schon zuletzt eine Vollbremsung beobachtet, wie Geschäftsführer Christian Vallant es nennt. Im ersten Halbjahr 2023 wurden rund 550 Millionen Euro als Darlehen vergeben, im selben Zeitraum im Jahr zuvor waren es 973 Millionen Euro. Auch die Höhe der Darlehen habe sich extrem reduziert. Zudem wird ein immer größer werdender Anteil für Sanierungs- und Renovierungsarbeiten sowie für Umbauten verwendet – nämlich rund 40 Prozent. Im Vorjahr lag dieser Wert bei 25 Prozent, davor sogar nur im einstelligen Prozentbereich. Immerhin handle es sich dabei um einen positiven Trend, wie Vallant sagt, da durch die vermehrte Nutzung von Bestand der Bodenversiegelung Einhalt geboten werden könne.

Weiters erlebe der Bausparvertrag aktuell ein Revival, 170.000 neue Verträge wurden heuer bereits abgeschlossen. Vallant spricht von einem "Schritt zurück zur Normalität – schließlich gibt es jetzt wieder Zinsen". Gerade junge Menschen hätten so wieder die Chance, sich notwendige Eigenmittel anzusparen.

Apropos: Durch die hohen Zinsen könnten jene in Zahlungsschwierigkeiten geraten, die einen Kredit mit variablem Zinssatz zurückzahlen müssen. Dennoch rechnet Reith nicht damit, dass Kreditnehmer im großen Stil damit Probleme bekommen werden, künftig ihre Raten zurückzuzahlen. Zumal seit Beginn der Pandemie ein Run auf Fixkredite zu beobachten sei. Lag die Anzahl der Kredite mit fixem Zinssatz 2013 noch bei unter fünf Prozent, wurden im Frühjahr 2020 bereits 60 Prozent mit einer fixen Verzinsung abgeschlossen – und diese Menschen seien temporär immun gegen hohe Zinsen. Deshalb sei auch nicht davon auszugehen, dass das Immobilienangebot schon bald drastisch ansteige.

Ein möglicher Grund dafür könnte allerdings die geplante Mietpreisbremse sein. Beispiele aus anderen Ländern hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass ein solcher Deckel Immobilienbesitzer möglicherweise dazu bringe, ihre Wohnung zu verkaufen, anstatt sie weiter zu vermieten. Dadurch werde dem Mietmarkt Angebot entzogen, gleichzeitig steige für Eigentumswohnungen das Angebot, da diese dann ja günstiger seien, sagt Reith.

Leichter Rückgang

Das alles hat auch Einfluss auf die Preise. Diese sind allerdings nicht – wie von manchen befürchtet – in den letzten zwei Jahren drastisch eingebrochen, sondern nur leicht zurückgegangen. Für die Jahre 2023 und 2024 zusammen rechnen die Experten mit einem weiteren Rückgang um zehn Prozent. Doch selbst dann werden Immobilien noch teurer sein als vor der Pandemie. Zum Vergleich: Vor der ersten Corona-Welle war Wohneigentum noch um 30 Prozent günstiger als heute. Allerdings verlieren Immobilien derzeit zudem an Wert, weil die Inflation hoch ist. Die Preisrückgänge kommen dann noch obendrauf. Insgesamt sind Wohnungen und Häuser dadurch rund 20 Prozent weniger wert als noch vor der aktuellen Krise.

Auch für die nächsten Quartale rechnen die Experten noch mit Preisrückgängen auf dem Immobilienmarkt. Allerdings teilt sich der Markt in zwei Segmente: Neubauwohnungen sind auch zuletzt teurer geworden, was auf die erhöhten Baukosten sowie auf die gestiegenen energetischen Anforderungen an Wohnungen zurückzuführen sei. Für gebrauchte Wohnungen hingegen sinken die Preisen, da hier für die Zukunft mit hohen Investitionskosten zu rechnen sei. Dieser Trend zu einer Zweiteilung des Marktes werde auch noch länger anhalten, glaubt der Experte.

Insgesamt befinde sich der Immobilienmarkt in einer Umbruchphase. Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäuferinnen klaffen derzeit weit auseinander – sie müssten erst wieder zueinanderfinden, was auch die Transaktionszahlen zeigen: Im ersten Quartal 2023 sind sie um ein Viertel zurückgegangen. (Bernadette Redl, 5.9.2023)