Gefragt, welcher Satz von ihm in Erinnerung bleiben möge, notierte Österreichs Bundeskanzler im ORF-Sommergespräch geliehene Worte. Er schrieb jenen berühmten Satz auf, den sein großes Vorbild, Kanzler Leopold Figl (ebenfalls ÖVP), zu Weihnachten 1945 ans Volk gerichtet hatte: "Glaubt an dieses Österreich."

Kanzler Karl Nehammer
Setzte beim ORF-Sommergespräch auch auf geliehene Worte: Kanzler Karl Nehammer.
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Eine berührende Bitte im kalten Nachkriegswinter, der folgende Sätze vorausgegangen waren: "Ich kann euch zu Weihnachten nichts geben, kein Stück Brot, keine Kohle zum Heizen, kein Glas zum Einschneiden. Wir haben nichts. Ich kann euch nur bitten: Glaubt an dieses Österreich."

Dass der heutige Kanzler die aktuellen Herausforderungen mit jenen dramatischen im zerstörten Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg in Relation setzt, mag verwundern, ist aber zu akzeptieren. Dass er damit wirklich in die Geschichtsbücher eingehen wird, ist trotzdem nicht zu erwarten.

Vielleicht schafft es die türkis-grüne Regierung ja stattdessen ins Buch der Rekorde. Seit fast zwei Jahren ist die Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde nicht fix besetzt. Seit neun Monaten ist die Spitze des größten Gerichts der Republik, des Bundesverwaltungsgerichts, nicht fix besetzt. Erstmals in der Geschichte hat der Generalrat der Nationalbank weder Präsidenten noch Vizepräsidenten, einige einfache Mandate sind unbesetzt. Türkis und Grün können sich nicht aufs Personal einigen: Ist halt so.

Hauptsache, wir glauben an dieses Österreich. (Renate Graber, 5.9.2023)