Als Anfang September in mehreren großen Tageszeitungen auf der ganzen Welt kryptische ganzseitige Anzeigen auftauchten und gleichzeitig die identen Sujets in diversen sozialen Medien aufpoppten, gingen die Wogen in der Uhren-Blase hoch: Zu sehen war unter anderen eine Wasserfläche und darin ganz dezent versteckt die Umrisse einer Aufzugskrone, gekennzeichnet mit einem "x" und einem "S", darunter ein Datum – 9.9.2023.

Das Original, die Fifty Fathoms von Blancpain, und der Crossover
Das Original, die Fifty Fathoms von Blancpain, und der Crossover "Bioceramic Scuba Fifty Fathoms" von Swatch (vorne).
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Schnell machten daraufhin auf den einschlägigen Plattformen erste Gerüchte die Runde: Swatch bereitet eine weitere Kooperation vor. Nur, mit welcher Uhrenmarke? Und wird diese wieder so einen Hype auslösen wie weiland die Moonswatch – jene geniale Kreuzung der ikonischen Speedmaster von Omega mit einer Swatch, die für lange Schlangen vor den Boutiquen sorgte und global einen bisher nicht gekannten Hype auslöste?

Einen, der bis heute anhält: Fast drei Millionen mal sollen sich die verschiedenen Modelle der Moonswatch seit ihrer Lancierung am 26. März 2022 bereits verkauft haben. Für die neueste Version, ein blaues Neptune-Modell mit goldenem Sekundenzeiger, standen Fans zum Verkaufsstart Ende August wieder vor den Geschäften an. Viele mussten nach stundenlangem Warten allerdings wieder ihre Campingstühle einpacken – und ohne den begehrten Zeitmesser abziehen: ausverkauft.

Das Modell Antarctic Ocean (42,3 Millimeter) weist eine Besonderheit auf: Einen echten Wasserkontaktindikator, der eindringende Nässe anzeigt. Seit 1954 baut Blancpain diese Funktion in bestimmte Modelle ein, die für Tauchclubs und Militäreinheiten gedacht sind. Der Sensor bei 6 Uhr auf dem Zifferblatt gewährleistet, dass die Wasserdichtigkeit der Uhr bei der Verwendung durch den vorherigen Taucher nicht beeinträchtigt wurde. 
Das Modell Antarctic Ocean (42,3 Millimeter) weist eine Besonderheit auf: einen echten Wasserkontaktindikator, der eindringende Nässe anzeigt. Seit 1954 baut Blancpain diese Funktion in bestimmte Modelle ein, die für Tauchclubs und Militäreinheiten gedacht sind. Der Sensor bei 6 Uhr auf dem Zifferblatt gewährleistet, dass die Wasserdichtigkeit der Uhr bei der Verwendung durch den vorherigen Taucher nicht beeinträchtigt wurde.
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Es könnte sein, dass sich diese Szenen wiederholen. Denn seit heute, Donnerstag, ist die Katze aus dem Sack. Wie viele vermutet hatten, ist es eine Kreuzung aus Swatch und der Fifty Fathoms, der, zumindest unter Uhrenkennern, legendären Taucheruhr von Blancpain. Diese feiert heuer ihren 70. Geburtstag und gilt als die erste echte Taucheruhr der Welt. Im Lauf der Zeit wurde sie zur hochgeschätzten Taucheruhr, die unter anderem Jacques-Yves Cousteau und sein Tauchteam in dem Film "Die schweigende Welt" (Originaltitel: "Le Monde du silence") trugen. Sie kam auch in der Elitetaucheinheit der Navy Seals sowie bei deutschen und französischen Marinesoldaten zum Einsatz, um nur einige zu nennen.

Für die Fifty Fathoms-Fangemeinde ist auf dem Zifferblatt der Arctic Ocean ein spezielles Symbol angebracht: ein rotes Dreiblatt auf gelbem Grund, geteilt von einem weißen Kreuz. Die Worte
Für die Fifty-Fathoms-Fangemeinde ist auf dem Zifferblatt der Arctic Ocean ein spezielles Symbol angebracht: ein rotes Dreiblatt auf gelbem Grund, geteilt von einem weißen Kreuz. Die Worte "No Radiation" unter dem Logo haben einen besonderen Grund. In den 1960ern wies das Zifferblatt mit dem "No Radiation"-Logo darauf hin, dass diese Taucheruhren frei von radioaktivem Radium waren.
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Fünf Modelle wirft man ins Rennen. Mit dem Namen "Bioceramic Scuba Fifty Fathoms" spielt die Kollektion auf die Swatch-eigenen Scuba-Taucheruhren an. Die neuen Uhren dieser nicht limitierten Kollektion reproduzieren "sämtliche Kennzeichen der Fifty Fathoms: überragende Wasserdichtigkeit, ausgezeichnete Ablesbarkeit, mechanisches Uhrwerk, gesicherte, einseitig drehbare Lünette und Magnetfeldresistenz", wie es in einer Presseaussendung heißt.

Modell Atlantic Ocean
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Blancpain und Swatch holten sich ihre Inspiration für diese fünf Swatch-Modelle aus der Tiefsee. So trägt jedes von ihnen den Namen eines der fünf Welt-Ozeane: Arctic Ocean, Pacific Ocean, Atlantic Ocean, Indian Ocean und Antarctic Ocean. Wie es sich für eine Taucheruhr gehört, ist die Bioceramic Scuba Fifty Fathoms im tiefen Wasser dicht – bis zu einer Tiefe von 91 Metern. Eine weitere Anspielung auf Blancpain: Der Name Fifty Fathoms bezieht sich auf Faden, historisch gesehen das maritime Maß für die Tiefe in der englischsprachigen Welt. Fünfzig Faden entsprechen 300 Fuß oder eben 91 Metern.

Modell Indian Ocean: Wie die anderen Zeitmesser der Kollektion hat auch dieses Modell eine farbenfrohe Illustration auf der Rückseite. In diesem Fall ist es der Nacktkiemer Nembrotha Kubaryana, der tatsächlich im Indischen Ozean lebt.
Modell Indian Ocean: Wie die anderen Zeitmesser der Kollektion hat auch dieses Modell eine farbenfrohe Illustration auf der Rückseite. In diesem Fall ist es der Nacktkiemer Nembrotha kubaryana, der tatsächlich im Indischen Ozean lebt.
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Dass man anders als bei der Moonswatch, in der ein Quarzwerk tickt, auf ein mechanisches Uhrwerk setzt, ist nur konsequent und freut sämtliche Aficionados. Immerhin hat sich Blancpain, die Marke gehört ebenso wie Omega zur Swatch Group, auf die Fahnen geschrieben, niemals eine Uhr mit Quarzwerk auszustatten. Uhrenzampano Jean-Claude Biver hat den Spruch geprägt: "Seit 1735 gibt es bei Blancpain keine Quarzuhren. Es wird auch nie welche geben."

Und so setzt man bei der "Bioceramic Scuba Fifty Fathoms", wie das Modell offiziell und etwas sperrig heißt, auf das mechanische "Sistem51"-Uhrwerk. Auch das ist wohl kein Zufall: Es wurde vor genau zehn Jahren vorgestellt. Es ist das erste und einzige mechanische Uhrwerk, dessen Produktion vollständig automatisiert geschieht. Das Uhrwerk ist dank seiner Nivachron-Spiralfeder magnetgeschützt und besteht aus nur 51 Teilen, inklusive einer zentralen Schraube sowie einer 90-Stunden-Gangreserve. 2013 revolutionierte "Sistem51" die Welt der Automatikuhren zudem mit einem sichtbaren Uhrwerk: "Die Vorderseite zeigt die Uhrzeit, die Rückseite erzählt die Geschichte", lautet das Motto.

Bunte Interpretation

Demgemäß zeigt die Rückseite aller fünf Uhren die Illustration eines farbenfrohen Tiers, das in allen fünf Ozeanen zu Hause ist: Nacktkiemer (wissenschaftliche Bezeichnung Nudibranchia) in Form eines Digitalprints auf dem Rotor des automatischen Uhrwerks. Mittels dieses Rotors zieht sich die Uhr automatisch mit jeder Handbewegung auf. Auf dem Modell Arctic Ocean ist zum Beispiel ein Dendronotus frondosus zu sehen, erkennbar an seiner weichen Körperform. Das Modell Atlantic Ocean wiederum ist Glaucus atlanticus gewidmet. Seine intensiven Blautöne sollen eine Hommage an die raue See sein. Doch auch wenn die Tierart die Fragilität der Meereswelt unterstreicht, darf man sich nicht täuschen: Sie ist giftig. Der Name Blauer Drache deutet es bereits an. Alle diese Nacktkiemer leben tatsächlich in den Ozeanen, die für das jeweilige Uhrenmodell Pate standen. Auf der Rückseite jeder Uhr ist außerdem der Ozean abgebildet, den sie repräsentiert.

Modell Pacific Ocean
Modell Pacific Ocean
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Alle Modelle dieser Kooperation zwischen den beiden Swatch-Group-Marken werden wie schon die Moonswatch aus "Bioceramic" gefertigt, einem Material, das zu zwei Dritteln aus Keramik und zu einem Drittel aus biobasiertem Material aus Rizinusöl besteht. Als Ausdruck des Engagements für die Erhaltung der Ozeane sind die Nato-Armbänder aus recycelten Fangnetzen gefertigt, die aus dem Meer entfernt wurden, erfährt man in der Presseaussendung.

Die kombinierten Blancpain-x-Swatch-Logos finden sich auf dem Zifferblatt und der Krone. Der Name "Swatch" ist auch auf dem Gehäuse angebracht, in gleicher Weise wie "Blancpain" auf den Fifty-Fathoms-Originalen.

Wissen verbreiten

Die Uhren sind ab Samstag weltweit nur in ausgewählten Swatch Stores erhältlich. In Österreich werden sie im Wiener Store am Graben 28, in Salzburg im Store in der Getreidegasse 38 und in Innsbruck im Kaufhaus Tyrol verkauft. Wie auch bei der Bioceramic Moonswatch ist der Kauf auf eine Uhr pro Person und Tag limitiert. Die Uhren werden in einem speziellen Tauchkoffer präsentiert. Sie werden auch einige Wochen lang in ausgewählten Blancpain-Boutiquen in der Auslage sein. Kostenpunkt: 390 Euro. Zum Vergleich: Die Moonswatch-Modelle bewegen sich zwischen 260 Euro für die "Basismodelle" und 285 Euro für jene mit Sekundenzeiger aus Echtgold. Das Original von Blancpain bewegt sich übrigens in ganz anderen Sphären: Es kostet fast 16.000 Euro.

Aber wer weiß, orakelt Nick Hayek, Boss der Swatch Group, der diese Swatch-Kooperationen auch als Möglichkeit sieht, auf spielerische Weise Wissen über Uhren und generell die Schweizer Uhrenindustrie zu verbreiten: "Viele Leute haben erst mit der Lancierung der Moonswatch erfahren, dass die Omega Speedmaster als erste Uhr auf dem Mond war. Und auch die Käufer der Scuba Fifty Fathoms werden sich dafür interessieren, was es mit dem Original von Blancpain auf sich hat. Und irgendwann, wenn sie es sich leisten können, werden sie diese Uhr kaufen wollen", wird er in der "NZZ" zitiert. (Markus Böhm, 7.9.2023)