Roland und Sabine Bösel halten Händchen beim Spazierengehen
Die Psychotherapeuten Roland und Sabine Bösel sind seit 40 Jahren ein Paar.
Stefan Fürtbauer

Sabine und Roland Bösel verbindet viel. Sie sind Psychotherapeuten aus Leidenschaft, begleiten seit mehr als drei Jahrzehnten Paare und sind seit 40 Jahren in einer Beziehung. Das gegenseitige Verständnis für berufliche Themen erachten sie als großen Vorteil. Der Nachteil sei wiederum, dass eine Abgrenzung vom Job manchmal schwerfalle. Ein Arbeitsalltag ohne einander ist für Roland Bösel aber nur schwer vorstellbar: "Je länger wir zusammen leben und arbeiten, umso mehr schätze ich es." Was die Bösels nach über 30 Jahren im Job beruflich und privat nicht (mehr) machen würden, verraten sie hier:

1. Nach Schuldigen suchen

"Bei Konflikten tendieren wir schnell dazu, anderen die Schuld für etwas geben zu wollen, damit wir uns selbst besser fühlen", sagt Roland Bösel. Der Psychotherapeut könne sich selbst davon auch nicht ausnehmen: "Früher habe ich das auch in unserer Beziehung gemacht. Bis ich bemerkt habe, dass ich mit dieser Methode nicht weit komme. Auch wenn ich das heute nicht mehr mache, frage ich mich manchmal, warum mich meine Frau damals nicht in den Wind geschossen hat." Nach Schuldigen zu suchen sei nicht nur in der Beziehung eine schlechte Idee, sondern auch im Job. Als Therapeutin vermeide Sabine Bösel es immer schon, sich in der Paarberatung auf eine Seite zu stellen. "Eine Unterteilung der Klientinnen und Klienten in Täter und Opfer ist wenig hilfreich", ergänzt Roland Bösel.

2. Eine Beziehungsprognose abgeben

"Immer wieder kommen Paare zu uns und fragen: 'Haben wir überhaupt noch eine Chance?'", erzählt Sabine Bösel. Mittlerweile würden sich die beiden Paartherapeuten nicht mehr dazu hinreißen lassen, diese Frage zu beantworten. "Die paar Male, die wir es gemacht haben, lagen wir meistens daneben", sagt Roland Bösel lachend. "Manche Paare machen zwar den Eindruck, dass sie gut zusammenpassen, am Ende kann eine Verabschiedung dennoch die richtige Entscheidung sein – und umgekehrt", erklärt die Psychotherapeutin.

Die Bösels sind sich einig: Eine Beziehungsprognose abzugeben sei immer unseriös. Einerseits könne man nie genau vorhersagen, wie sich Menschen künftig verhalten werden. Andererseits könne das Abgeben einer Einschätzung das Verhalten beeinflussen. "Und ganz wichtig, die Entscheidung muss am Ende immer von den Paaren kommen", sagt Sabine Bösel.

3. Befreundete Paare therapieren

Und wie sieht es im privaten Umfeld aus – sind Beziehungstipps im Bekanntenkreis tabu? "Einfach wegschauen geht für uns als Paartherapeuten nicht", ist Sabine Bösel überzeugt. Für Freunde und Familie hätten sie laut Roland Bösel immer ein offenes Ohr. Eine Grenze würden sie jedoch nie überschreiten: "Ich hüte mich davor, Kommentare abzugeben, und versuche den Hut der Therapeutin nicht aufzusetzen", ergänzt sie. Zusammengefasst bedeutet das: zuhören ja, therapieren nein. Eine Empfehlung für eine Kollegin oder einen Kollegen, die oder der befreundeten Paaren weiterhelfen kann, geben sie aber gerne. (Anika Dang, 18.9.2023)