Im Film 'Catch Me If You Can' spielt di Caprio einen erfolgreichen Hochstapler. Im echten Leben ist er damit nicht der Einzige.
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Ich weiß nicht genau, was es bedeuten soll, aber in den vergangenen Tagen habe ich einigermaßen häufig über das Thema "Hochstapler" nachgedacht. Vielleicht liegt das Thema derzeit einfach in der Luft. Ein Hochstapler ist bekanntlich eine Person, die vorgibt, mehr zu sein oder zu können, als dies tatsächlich der Fall ist, eine taube Nuss also, die so tut, als sei sie ein Goldnugget.

Freilich sind diese tauben Nüsse Teilleistungsgenies. Ein akademisches Studium mag ihnen zu öd oder zu beschwerlich sein, aber sie verstehen sich so zu gebärden, als hätten sie sub auspiciis promoviert und die Weisheit mit Löffeln gefressen. Sie lügen wie gedruckt, sind charmant und brillieren in der Kunst des Einseifens und Einschleimens. Mit öliger Wendigkeit stellen sie sich auf ihr jeweiliges Gegenüber ein und sagen ihm das, was es hören will. Mundus vult decipi, die Welt will betrogen sein: Niemand hat das besser verstanden als die hochstapelnde Zunft.

Farbenfrohes Hochstapeln

Ein gutes Betätigungsfeld für Individuen, die diesem Jobprofil entsprechen, ist die Politik. Dort werden sie immer gebraucht und können es bei einiger Skrupellosigkeit weit bringen. Wenn es blöd hergeht, können Sie aber auch irgendwann an "Ärztinnen" oder "Ärzte" kommen, die sich frech in einen Operationssaal hineingeschwindelt haben, obwohl sie keinen Dickdarm von einem Blinddarm unterscheiden können. Alles schon da gewesen!

Sofern man nicht gerade selbst übers Ohr gehauen wird, ist das Thema "Hochstapeln" farbenfroh und amüsant. Daher wird es auch in der Literatur und im Film gern behandelt: der Hauptmann von Köpenick, Frank Abagnale jr. (von Leonardo DiCaprio in Steven Spielbergs Catch Me If You Can verkörpert) und natürlich Thomas Manns Hochstapler Felix Krull.

Dessen Vorbild war übrigens ein aus bescheidenen Verhältnissen stammender Rumäne namens Georges Manolescu (1871–1908), der höchst erfolgreich hochstapelte und als "Fürst Lahovary" in feudale Kreise einheiratete. Leider brachten ihn spießige Staatsanwälte vor Gericht, und langweilige Richter bremsten seine Karriere weiter ein. Der findige Manolescu half sich aber selbst. Mit Memoiren, die sich verkauften wie geschnitten Brot, erschloss er eine schöne neue Einkommensquelle. Heute würde er vielleicht kein Buch schreiben, sondern einen Film über sich drehen lassen. (Christoph Winder, 8.9.2023)