Köln – Gegen Jan Böhmermann und seine Sendung "ZDF Magazin Royale" wird derzeit wie berichtet wegen Recherchemethoden zur aktuellen Sendung über rituelle Gewalt ermittelt, auch seine Sendung vom vergangenen Oktober über Cybersicherheit sorgt gerade für neuen Wirbel. Darin erhob er Vorwürfe gegen Arne Schönbohm, den damaligen Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), der nach der Ausstrahlung sein Amt als BSI-Präsident verlor, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) begründete das damals mit einem "gestörten Vertrauensverhältnis". Jetzt fordert Schönbohm Schmerzensgeld vom Sender.

Via Mastodon weist Böhmermann die Kritik an der Sendung "Wie eine russische Firma ungestört Deutschland hackt" zurück, "die @zdfmagazin Redaktion bleibt weiterhin bei ihrer Meinung, dass die scharfe Kritik am ehemaligen BSI-Chef angemessen war und ist. Es gab und gibt begründete Zweifel an Kompetenz und Urteilsvermögen von Herrn Schönbohm, einem hohen, für wichtige Sicherheitsfragen verantwortlichen Bundesbeamten". "Auch andere Medien und Expert*innen haben diese Bedenken vor uns geäußert", so Böhmermann. Es seien "keine 'falschen Vorwürfe' erhoben oder gar 'Unwahrheiten' oder 'Falschbehauptungen' verbreitet" worden.

"Notausgang Satire"

Neben diesen – juristischen – Ermittlungen und Schmerzensgeldforderungen ist Böhmermann gerade auch mit heftiger Kritik von TV-Kollegen konfrontiert. Moderator Markus Lanz und Philosoph Richard David Precht arbeiten sich in ihrem Podcast an Böhmermann ab (ab ca. Minute 20). Neben dem Fall Aiwanger geht es in der neuen Ausgabe nämlich auch um den "ZDF Magazin Royale"-Satiriker. "Für Jan Böhmermann ist ja jeder, der rechts von der SPD steht, ganz schnell unter Nazi-Verdacht", sagt etwa Precht. Damit würde man dem Nazi-Begriff die Schärfe nehmen. Das führe dazu, dass wir wahre Nazis dann nicht mehr "von ganz normalen Rechten" unterscheiden können. Der Böhmermann-Sager zu "Nazis mit Substanz" in Richtung CDU sei Lanz "sauer aufgestoßen". Auch Precht findet das "völlig unsäglich" und wirft Böhmermann eine "moralische Selbstgerechtigkeit vor, indem Böhmermann entscheide, wer in Deutschland Nazi sei und wer nicht.

Philosoph Richard David Precht und Moderator Markus Lanz
Im neuen Podcast von Philosoph Richard David Precht und Moderator Markus Lanz geht es auch um Jan Böhmermann.
Foto: ZDF, Christian Bruch

Und Lanz erzählt von einer Begegnung mit Böhmermann anlässlich einer Podiumsdiskussion der "Zeit", Böhmermann kritisierte, dass Lanz den umstrittenen Virologen Hendrik Streeck eingeladen habe. "Weißt du, was mich damals wirklich gestört hat?", fragt Lanz im Podcast Precht. Böhmermann wähle immer dann, wenn ihm die Argumente fehlten, "den Notausgang Satire". "Das ist etwas, was mich wahnsinnig stört", so Lanz", du zündelst mit Argumenten, haust einen raus, und wenn du merkst, es geht daneben oder fällt dir auf die Füße, dann nimmst du den Notausgang Satire." Damit könne er nicht umgehen. Lanz: "Das ist eine Form von Feigheit."

Precht im Podcast generell über Comedians: "Ich glaube, dass das Problem viel größer ist als die Person Böhmermann." Es sei interessant, welche gesellschaftliche Rolle Comedians heute in der Gesellschaft einnehmen. Kabarettisten in den 1960er- bis 1990er-Jahren hätten die Aufgabe gehabt, sich "mit den Mächtigen anzulegen", es ging darum, den Herrschaftsdiskurs infrage zu stellen, kritisch-satirisch zu beleuchten. "Heute haben wir politische Comedians" wie Jan Böhmermann, so Precht, "und die brandmarken alles, was nicht im Mainstream liegt. Also genau umgekehrt." (ae, 11.9.2023)