Im Bild ein Stahlarbeiter der Voestalpine im Werk Donawitz in der Steiermark.
So schlecht waren die Vorzeichen für die Herbstlohnrunde der Metallindustrie schon sehr lange nicht.
APA / Hans Klaus Techt

Wien – Die verschlechterten Konjunkturaussichten erschweren die an negativen Indikatoren reiche Herbstlohnrunde, die am 25. September traditionell mit der Forderungsübergabe der Metallindustrie beginnt. Wobei ein einheitliches Bild von der Ausgangslage zu zeichnen de facto unmöglich ist.

Produktivität "unterirdisch"

Denn die Metallindustrie besteht aus sechs Branchenverbänden, die nur bedingt vergleichbar sind. Was Bergbau, Eisen- und Stahlerzeugung Rekordgewinne beschert, ist den Maschinen- und Metallverarbeitungsindustrie der Rohstoff. Heißt auf gut Deutsch: Je höher die Erzeugerpreise etwa der Eisen- und Stahlproduktion, desto dünner wird die Marge in der Metallverarbeitung, also der metalltechnischen Industrie, wie sich Maschinen- und Metallwarenhersteller selbst nennen. Die Preise ihrer erzeugten Waren und Güter konnten nur um 6,9 Prozent erhöht werden, Metallpreise, Vormaterialien (Bauteile) und Energiepreise stiegen aber deutlich kräftiger, Energie koste heuer um 54 Prozent mehr als 2021. Wie lang dieses Delta noch zu verkraften ist, bleibt die große Frage. Für üppige Gewinnausschüttungen reichte es noch, merkt man in der Gewerkschaft kritisch an. Viel Spielraum sehen auch Konjunkturforscher nicht, denn zwar habe die Metallindustrie teils hohe Gewinne geschrieben, allerdings sei im Wege der Energiekrise zu viel Geld ins Ausland abgeflossen für Strom, teures Öl und Gas. Das fehle jetzt im laufenden Geschäft. Für einen halbwegs vertretbaren Abschluss müssten wohl beide Seiten Opfer bringen.

Fakt ist auch, dass die Produktivität in der Herstellung von Waren längst "unterirdisch" ist, wie ein Volkswirtschafter die aktuelle Lage beschreibt. Die Auftragseingänge seien schlecht, die Investitionen negativ und aufgrund der Zinserhöhungen auch teurer. Hinzu kommt, dass das vorhandene Kapital primär in Energiesparmaßnahmen fließe, also in Ersatzinvestitionen. Für Erweiterungsinvestitionen bleibe damit wenig Spielraum. "Zum Verteilen gibt es nur, was da ist", sagt ein namhafter Ökonom, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Die Industrie ist bereits in der Rezession, formuliert es Wifo-Chef Gabriel Felbermayr pragmatisch.

Während sich Nicht-Eisen-Metallhersteller, Gießereien und Bergbau-Stahl heuer im Großen und Ganzen in einer durchaus vergleichbaren Lage befänden, läuft die vierte Metallsparte, die Fahrzeugindustrie, auf einem eigenen Gleis. Sie ist die einzige, die noch unter erheblichen Materialengpässen leidet. Bei den meisten anderen Industriezweigen haben sich die Lieferketten laut Erhebung des deutschen Ifo-Instituts halbwegs normalisiert.

Quasi außer Konkurrenz laufen die Gas-Wärme-Erzeuger, deren Löhne ebenfalls im Rahmen der Metallerrunde verhandelt werden. Sie sind de facto aber abgekoppelt.

Alle sechs Fachverbände verhandeln seit 2011 getrennt nach Branchen, haben de facto aber Lohnabschlüsse in der gleichen Liga.

In Sicherheit wiegen sollten sich die Gewerkschaftsverhandler für die rund 200.000 Beschäftigten der Metallindustrie übrigens nicht. Zwar herrscht Fachkräftemangel, aber die von Arbeitsminister Martin Kocher angekündigte neue Kurzarbeitsregelung wird in Teilen der Metallindustrie bereits ersehnt. Die Rasanz des Auftragsmangels sei schockierend, heißt es. (ung, 11.9.2023)