"Die Spielzeugschachtel wurde 1963 in der Wiener Innenstadt, genauer gesagt in der Rauhensteingasse Nummer 5, aufgesperrt. Das Geschäft liegt gegenüber jenem Haus, in dem Mozart 1791 gestorben ist. Jetzt steht dort das Kaufhaus Steffl. Ich bin über Umwege vor beinahe 20 Jahren hier gelandet. Krankheitsbedingt musste ich ein Medizin- und Sportstudium aufgegeben und sprang dann sozusagen ins 'kalte Wasser'. Es war ein Kopfsprung, denn ich hatte keine Ahnung vom Spielzeughandel. Mittlerweile verfügen wir über eine Verkaufsfläche von gut 300 Quadratmetern. Ich arbeite hier mit meinen Eltern und meinem ältesten Sohn, der sich die Geschäftsführung mit mir teilt. Er hat unter anderem die Abteilung für Spielzeugautos umgestaltet, jetzt verkaufen wir dreimal so viele Spielzeugautos. Insgesamt zählt unser Team zehn Personen, die sich um bis zu 2000 Produkte kümmern. Irgendwann wird mein Sohn, er ist jetzt 23, alles übernehmen. Gott sei Dank.

Spielzeug, Innenstadt
Susanne Sühs vor ihrem Spielzeuggeschäft in der Wiener Rauhensteingasse.
Michael Hausenblas

Mein Herz schlägt eindeutig für die Bücherabteilung. Man kann ruhigen Gewissens sagen, dass wir die bestsortierte Kinderbuchhandlung in Wien sind. Was mir nicht so liegt, sind Gesellschaftsspiele aller Art, aber auch für diesen Bereich haben wir unsere Fachleute. Lego und Playmobil gibt es zum Erstaunen vieler bei uns keines. Da können wir ganz einfach nicht mit den Preisen der Ketten mithalten. Wir konzentrieren uns immer schon auf die speziellen Produkte, die nicht überall erhältlich sind. Unser Hauptaugenmerk liegt ferner auf Nachhaltigem und pädagogisch Wertvollem, wir bieten auch viele Spielsachen aus Holz an, wenn möglich, in Deutschland oder Österreich produziert. Das sind die besten Produkte. Zum Beispiel Matador.

Konkurrenz Amazon

Die liebsten Kunden sind mir die bodenständigen Stammkunden. Es gibt Leute, die kommen aus ganz Österreich, weil ihnen unsere Beratung sehr am Herzen liegt. Wunderschön ist es, wenn Kinder hereinkommen, denen vor lauter Staunen der Mund offen stehen bleibt. Einmal kam ein Bub aus den USA ins Geschäft und sagte, er wollte immer schon einmal einen Spielzeugladen sehen, wie er ihn nur aus Filmen kennt. Bei ihm zu Hause gebe es so etwas nicht mehr. Manche Kinder kommen schnurstracks hereinspaziert, grüßen freundlich, verschwinden in der gesuchten Abteilung, holen, wonach sie suchen, zahlen und sind auch schon wieder dahin. Ich würde nicht sagen, dass sich die Kinder verändert haben. Ihre Freude ist dieselbe wie vor 20 Jahren. Es kommen übrigens auch immer mehr Touristen aus aller Welt, die uns viel positives Feedback geben. Bis aus Australien.

Wir hören fast täglich, dass Geschäfte wie unseres mittlerweile eine echte Rarität seien. Man muss sich vorstellen, dass es zum Beispiel in Stuttgart kein Spielwarengeschäft mehr gibt. Warum wir überlebt haben? Es liegt wohl an unserer unglaublich breiten Auswahl von einer Vielzahl von Anbietern, auch von kleinen Unternehmen. Klar ist der Onlinehandel ein Problem. Vor allem, wenn Kunden sich eine Stunde lang beraten lassen, dann auf ihr Smartphone zeigen und meinen, dass sie das betreffende Produkt bei Amazon oder sonst wo günstiger bekommen.

Das Sortiment in der Spielzeugschachtel setzt sich aus vielen Produkten, oft von kleineren Produzenten, zusammen.
Das Sortiment in der Spielzeugschachtel setzt sich aus vielen Produkten, oft von kleineren Produzenten, zusammen.
Michael Hausenblas

Es war früher nicht alles besser. Es war anders. Was uns das Leben jedoch schwerer macht, ist die Tatsache, dass immer mehr kleine Produzenten von großen Unternehmen geschluckt werden. Nehmen wir zum Beispiel die Puppen von Käthe Kruse oder Schildkröt. Die sind von derselben Firma gekauft worden. Die Produktion wird teilweise ausgelagert und die Kollektionen beschnitten, sodass nur mehr die Bestseller zu haben sind. Uns fehlt dann in der Folge die Vielfalt. Also wie soll ich sagen? Wenn etwas nervt, sind es die sich verschlechternden äußeren Bedingungen seitens der Produzenten. Wenn die Riesen die Vorherrschaft übernehmen, wird es heikel." (Michael Hausenblas, 17.9.2023)

In unserer Serie widmen wir uns alltäglichen Problemen und Problemchen und stellen den unterschiedlichsten Personen die Frage: "War früher alles besser?"

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