Siedlung Sonnenweiher in Grafenwörth
Die an einem Foliensee geplante Siedlung Sonnenweiher in Grafenwörth.
Wojciech Czaja

Seit Wochen kommt die 3.000-Einwohner-Gemeinde Grafenwörth in Niederösterreich nicht aus den Schlagzeilen. Grund dafür ist ihr Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP), der wegen mehrerer umstrittener Grundstücksdeals massiv unter Druck steht. Der ÖVP-Politiker ist bereits seit dem Jahr 1990 Ortschef seiner Heimatgemeinde. Am Donnerstag fand schließlich die erste Gemeinderatssitzung seit Aufkommen der Vorwürfe statt.

Eine Diskussion über die Vorwürfe oder gar ein Misstrauensantrag fand sich nicht auf der zwölf Punkte umfassenden Tagesordnung der Sitzung. Zur Sprache kamen die umstrittenen Grundstücksdeals natürlich dennoch, nämlich als Helmut Ferrari, Chef der Bürgerliste, mangelnde Transparenz in dieser Causa kritisierte.

Am Ende der Sitzung – es ging lauf orf.at unter anderem um die Vergabe für den Bau des Kindergartens und eine Nutzungsvereinbarung für das Haus der Generationen – soll Riedl schließlich klargemacht haben, dass ein Rücktritt als Bürgermeister für ihn nicht infrage kommt.

Niederösterreichs Neos-Landeschefin Indra Collini hat dafür kein Verständnis. "Das Problem sind wieder einmal die Sesselkleber, die sich trotz massiver Verfehlungen an die Macht klammern", moniert sie in einer Stellungnahme. Sie fordert von Riedl, "für Transparenz zu sorgen", indem er alle Unterlagen zum Projekt Sonnenweiher veröffentlicht. Bislang stoße man "auf eine Mauer des Schweigens".

Rückzug als Präsident

Als Präsident des Gemeindebundes hingegen dürfte Riedl nicht mehr zurückkommen, wie er intern signalisiert haben soll – das bestätigten vor wenigen Tagen mehrere Präsidiumsmitglieder dem Ö1-"Morgenjournal". Ende Juli stellte Riedl seine Vorsitzfunktion beim Gemeindebund ruhend – um die Interessenvertretung aus der Schusslinie zu nehmen, wie er meinte.

Riedl wolle zunächst aber die Ergebnisse der beiden Prüfverfahren von Landesrechnungshof und Bezirkshauptmannschaft abwarten und sich dann erklären, ließen daraufhin Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger, Vizepräsidenten des Gemeindebundes, in einer Stellungnahme wissen. "Wir werden uns zeitnah, möglichst noch heuer, aber spätestens beim nächsten Bundesvorstand um die organisatorische Neuaufstellung kümmern."

Dass die für März 2024 geplante Vorstandssitzung des Gemeindebundes wie kolportiert auf Herbst 2023 vorgezogen wird, ist laut einem Gemeindebund-Sprecher noch nicht fixiert. Dafür sei ein Vorlauf von zwei Monaten notwendig, um den Landesverbänden Zeit für Wahlvorschläge zu geben. Eine Sitzung noch im Herbst könnte aufgrund der Fristenläufe also knapp werden.

Gemeindebund-Chef Alfred Riedl
Gemeindebund-Chef Alfred Riedl steht nach umstrittenen Grundstücksdeals unter Druck.
IMAGO/SEPA.Media

Persönlicher Profit

Worum geht es bei den Vorwürfen gegen Riedl? Zum Verhängnis wurde Riedl ein in mehrfacher Hinsicht umstrittenes Bauprojekt in seiner Heimatgemeinde. Die an einem Foliensee geplante Siedlung Sonnenweiher gilt Kritikern nicht nur als abschreckendes Beispiel, wie hemmungslos in Österreich Boden versiegelt wird. Riedl hat von diesem "Mini-Dubai im Weinviertel" – so der Spitzname – auch noch persönlich profitiert: Der von der ÖVP dominierte Gemeinderat hat Grundstücke, die Riedl teils geerbt, teils aber günstig erworben hat, für das Projekt in Bauland umgewidmet – mit einer ordentlichen Wertsteigerung als Folge. Eine Million Euro soll er beim späteren Verkauf für die neue Siedlung verdient haben, was Riedl nicht bestätigt, aber bisher auch nicht dementiert hat.

Laut Recherchen der "WZ" soll Riedl zudem mit weiteren Grundstücksverkäufen in seiner Heimatgemeinde Geld verdient haben. Die Deals wurden teilweise über eine Firma abgewickelt und sollen hunderttausende Euro Gewinn gebracht haben. Bis 2022 war Riedl Alleineigentümer und Geschäftsführer der Firma. Nun sind seine drei Töchter Mitgesellschafterinnen. (Sandra Schieder, 15.9.2023)