Journalisten sollen "ausgewogen" berichten, heißt es häufig. Eine Banalität, wenn man darunter versteht, dass möglichst alle relevanten Aspekte einer Sache oder einer Person berichtet und/oder kommentiert werden. Aber die Freunde des "Gib brav das Pfoti"-Journalismus verstehen unter "ausgewogen", dass man ja nichts Kontroversielles ohne Beruhigungstropfen anbringen darf. Das ist der sogenannte "Beidseitismus". Etwa: "Corona ist eine Pandemie, aber manche sagen, Corona gibt’s nicht."
Im ORF zeichnen sich entsprechende Tendenzen ab. Es soll einen "Ausgewogenheitscheck" geben, verlautet aus der Chefetage. Und im ORF- Kulturmontag gab es eine, Schnappatmung, "einseitige Anti-Kurz-Show", wie "Stiftungsratsmitglieder" bemängelten. Der Politologe Peter Filzmaier und der Kabarettist (und STANDARD-Kolumnist) Florian Scheuba erörterten halt die beiden Kurz-Filme. Das gefiel der ORF-Geschäftsführung gar nicht. Weil "die Vorwürfe gegen Kurz von Scheuba ohne Unschuldsvermutung" vorgetragen wurden. Es müsse eine "ausgewogene Einladungspolitik" geben – "im Rahmen einer aktiven Fehlerkultur". So wie im sonntäglich Im Zentrum mit brav einem/einer aus jedem Eck? Mit all den "Diese Vorwürfe weisen wir zurück"-Automaten vom Dienst? Bis endgültig die GAL ("Größte anzunehmende Langeweile") eingetreten ist? "Aktive Fehlerkultur"? Oder "vorauseilende Selbstaufgabe"? (Hans Rauscher, 15.9.2023)