Wien - Ein ORF-Beitrag in Form einer Haushaltsabgabe anstatt der gegenwärtigen GIS-Gebühr: Was gesetzlich bereits beschlossene Sache ist, beschäftigt weiter den ORF und dessen Stiftungsräte (DER STANDARD berichtete). Die Stiftungsräte interessiert wie im Finanzausschuss am Montag auch bei der anstehenden Sitzung am Donnerstag etwa, ob die Umstellung reibungslos klappen wird und mit welchen Mitteln Neuzahlerinnen und Neuzahler angesprochen werden sollen. Eine große Kampagne, die den "ORF für alle" untermauert, ist wie berichtet in der Pipeline.

Zwei Kampagnen

Der ORF bereitet zwei Kampagnen für Herbst vor: Die Umstellung von der GIS auf den ORF-Beitrag und den neuen Namen der ORF-Gebührentochterfirma GIS in OBS (ORF Beitrags Service GmbH) wird die OBS gegen Ende 2023 mit einer Informationskampagne einbegleiten. Der ORF indes startet im Oktober eine Imagekampagne für die Positionierung als "ORF für alle". Diese Positionierungskampagne hat naturgemäß mit der Umstellung von GIS zu ORF-Beitrag von allen zu tun, der Beitrag ist dort aber nicht Thema.

Die Umstellung von der gegenwärtigen an Fernseher und Radios gekoppelte GIS-Gebühr auf eine geräteunabhängige Haushaltsabgabe erfolgt mit 1. Jänner und bedeutet für viele Personen eine Reduktion des Betrags von 18,59 Euro auf 15,30 Euro. Andere, die bisher den ORF nur online oder gar nicht nutzten, werden künftig zur Kasse gebeten. ORF-Chef Roland Weißmann betonte daher in jüngster Zeit wiederholt, dass der "ORF für alle" da sei. Unter diesem Schlagwort wird auch an einer großen Kampagne gefeilt, die im Herbst ausgerollt werden soll.

"Es ist zweckmäßig, dass der ORF über diese Umstellung informiert und gleichzeitig seinen Anspruch für die eigene Arbeit definiert - nämlich ein ORF für alle zu sein", sagte Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, der APA. Wesentlicher Aspekt sei, den höchsten journalistischen Ansprüchen, die an den ORF gestellt werden, auch Genüge zu tun. Die Umstellung auf den ORF-Beitrag sieht der Stiftungsrat als "ganz zentrale Herausforderung für die kommenden Monate". "Das Unternehmen hängt davon ab, dass es von Anfang an gut funktioniert. Aus heutiger Sicht scheint es von der Geschäftsführung sehr gut vorbereitet zu sein. Wir erwarten daher einen reibungslosen Übergang", so Zach.

"Sehr kluge Kampagne"

Heinz Lederer, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, sprach gegenüber der APA von einer "sehr klugen, sehr ausgewogenen" Kampagne. Wichtig sei, keine Werbekampagne im klassischen Sinne zu fahren, sondern versuchen zu erklären, mit welchen Qualitäten der ORF zur Verfügung stünde. Daher sei es mit einer Überschrift auch nicht getan. Das öffentlich-rechtliche Medienhaus müsse sich überlegen, was es tun könne, um Neuzahler "mit auf die Reise eines spannenden, informativen ORF" zu nehmen, so Lederer. "Wir brauchen neue Formate im Informations-, Talk- und Unterhaltungsbereich, die zeigen, wie breit und umfassend der ORF im täglichen Leben verankert ist", forderte der Stiftungsrat. Einen "richtigen Relaunch" möchte er auch bei den ORF-Landesstudios sehen. Denn: "Sie sind die wichtigsten Brücken zu den Sehern."

Sigrid Pilz, die für den Grünen-"Freundeskreis" im Stiftungsrat spricht, erachtete die geplante Kampagne als "richtig". "Sie verdeutlicht, dass der ORF allen zur Verfügung steht. Es soll sich jeder eingeladen fühlen, nicht nur zu konsumieren, sondern sich auch im ORF zu beteiligen", hoffte sie auf zahlreiche Partizipationsangebote. Bei der Umstellung auf den ORF-Beitrag tritt sie dafür ein, dass möglichst keine große Umstellung für jene, die bereits GIS-Gebühr entrichten, nötig sei. "Ich bin überzeugt, dass wir den Prozess gut hinbekommen, sofern es keine politischen Querschüsse gibt", so Pilz. Traditionell lehnt speziell die FPÖ die ORF-Gebühren ab. Der von der FPÖ entsandte ORF-Stiftungsrat Niki Haas sprach im "Standard" mit Blick auf die Umstellung auf eine Haushaltsabgabe von "größtmöglicher Unzufriedenheit". Er tritt für einen auf Kernaufgaben reduzierten, budgetfinanzierten ORF ein.

Weiterhin Thema ist ein drohendes Minus beim ORF-Jahresabschluss 2023. Ende Juni prognostizierte ORF-Chef Weißmann rund 17 Millionen Euro, die etwa aufgrund der Werbeerlössituation fehlen werden. Der Betrag ist mittlerweile um mehrere Millionen Euro geschrumpft. "Ich bin froh, dass die Geschäftsführung weiter daran arbeitet, diese Lücke bestmöglich zu schließen", sagte Zach. Das Budget für 2024 sieht er auf einem guten Weg. Aber: "Trotz der gesicherten Gebührenfinanzierung haben wir eine extrem herausfordernde wirtschaftliche Situation im nächsten Jahr zu bewerkstelligen. Wie bisher muss jeder Euro zweimal umgedreht werden, um möglichst viele Mittel für die Programmgestaltung zu haben." Lederer betonte, dass man die Finanzen des ORF im Auge behalten müsse. "Ein Sparprogramm nur auf Kosten des Personals werde ich nicht mittragen", sagte der SPÖ-"Freundeskreisleiter. Einiges Einsparungspotenzial macht er im Produktionsbereich aus.

Ethikkommission

Noch keine konkreten Ergebnisse hat die vor geraumer Zeit eingesetzte Ethikkommission im ORF geliefert. "Das muss schneller gehen. Wir müssen noch vor der Umstellung auf die Haushaltsabgabe zeigen, dass wir maximal transparent und sparsam sind und sich die ORF-Mitarbeiter zu 99 Prozent mit dem ORF und seinen Sehern beschäftigen und nicht zu 50 Prozent mit Nebenbeschäftigungen", so Lederer. Der Stiftungsrat fordert "maximal rigide" Richtlinien für Nebenbeschäftigungen. Abseits davon beschäftigt sich die Ethikkommission auch mit Vorgaben für den Social-Media-Bereich.

Im Werden befindet sich eine Flottenstrategie für den Radiobereich. Auch die Gespräche mit Betriebsrat und Redaktionsrat zur Organisationsanweisung für den multimedialen ORF-Newsroom mit neuer Führungsstruktur schreiten voran. (APA, red, 13.9.2023)