Im Gastblog schreibt Rechtsanwältin Theresa Kamp über rechtliche Fragen zum Kindesunterhalt.

Kinder kosten Geld. Wer Kinder hat, muss Kindesunterhalt leisten. So weit klingt das recht einfach, dennoch ist der Kindesunterhalt ein Themengebiet, das viele Fragen und häufige Konflikte heraufbeschwört. Angesichts der aktuell umstrittenen Debatte in Deutschland, wo eine Reform des Unterhaltsrechts – kurz: Wer mehr betreut, soll weniger zahlen – erwogen wird. Hier lohnt sich ein Blick auf die rechtliche Situation in Österreich, wo nämlich genau das schon der Fall ist.

Kind packt Koffer
Verbringt ein Kind häufig Zeit mit beiden Elternteilen, hat dies auch Konsequenzen für allfällige Unterhaltszahlungen.
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Wer zahlt Kindesunterhalt?

Eltern sind ihren Kindern gegenüber grundsätzlich unterhaltspflichtig und zwar so lange, bis die Kinder selbsterhaltungsfähig sind. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder tritt – entgegen einem weit verbreiteten Missverständnis – jedenfalls nicht automatisch mit dem 18. Lebensjahr ein.

Die Person, die die Kinder überwiegend betreut, also die auch nach der Trennung noch mit den Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt, leistet ihren Beitrag durch Naturalunterhalt. Also beispielsweise durch die tatsächliche Versorgung (Essen, Betreuung, Wohnraum, Kleidung) der Kinder. Der andere Elternteil schuldet Geldunterhalt

Höhe des Kindesunterhalts

Einerseits geht es bei der Frage wie viel Unterhalt zu zahlen ist, darum, wie viel der oder die Unterhaltsschuldner:in verdient und andererseits um den tatsächlichen Bedarf des Kindes. Als Orientierung gibt es Prozentsätze, um die Unterhaltshöhe zu ermitteln. Je nach Alter des Kindes werden zwischen 16 bis 22 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens geschuldet. Auch weitere Sorgepflichten (weitere Kinder oder Ehepartner:innen) des oder der Unterhaltsschuldner:in werden berücksichtigt. Außerdem gibt es eine sogenannte "Playboygrenze" oder Luxusgrenze, die den Kindesunterhalt ab einer gewissen Einkommenshöhe deckelt. Es soll damit eine pädagogisch nicht wertvolle Überalimentierung vermieden werden. Unterhaltsbeträge wie aus amerikanischen Medien kolportiert gibt es also in Österreich nicht. Diese Playboygrenze beläuft sich auf den zwei- beziehungsweise 2,5-fachen Regelbedarf des Kindes.

Kontaktrecht, Betreuung und Kindesunterhalt

Der oben dargestellte Unterhalt geht in Österreich davon aus, dass ein Elternteil die Kinder hauptsächlich betreut und dem anderen ein Kontaktrecht zukommt. Bei der Bemessung des Kindesunterhalts ist das Kontaktrecht ein Faktor. "Vollen" Kindesunterhalt in der oben dargestellten Form gibt es bei einem "normalen Kontaktrecht", das circa 80 Tage pro Jahr umfasst. "Üblich" ist ein Kontaktrecht nach der Rechtsprechung im Ausmaß von zwei Tagen alle zwei Wochen (oder einem Tag/Woche) sowie vier Wochen in den Ferien. Das heißt vereinfacht zum Beispiel: Jedes zweite Wochenende Freitag bis Sonntag und Dienstagnachmittag (einzelne Stunden am Tag werden unterhaltsrechtlich nicht gezählt, das Wochenende wird von Freitag bis Sonntag als zwei Tage gezählt) plus vier Wochen Ferien. Geht das Kontaktrecht über das "normale" Kontaktrecht deutlich hinaus, kommt es zu Abzügen beim Kindesunterhalt. Die Rechtsprechung zieht circa zehn Prozent pro (regelmäßigem) zusätzlichen Tag ab, weil der unterhaltspflichtige Elternteil somit auch in einem höheren Ausmaß Naturalunterhalt leistet. Weniger Kontakt führt nicht zu einem höheren Kindesunterhalt.

Betreuen beide Eltern circa gleichteilig und verdienen etwa gleich viel, entfällt der Kindesunterhalt zur Gänze und die Kosten für das Kind werden geteilt. Gibt es gravierende (etwa ein Drittel übersteigende) Einkommensunterschiede, kann es zu einem "Ergänzungsunterhalt" an den Elternteil kommen, der weniger verdient. Die Idee ist, dass bei gleichteiliger Betreuung auch alle Kosten für die Kinder geteilt werden. Das belastet aber die Person, die weniger verdient oft mehr.

Streit um Übernachtungen

In Österreich erlebt man in der anwaltlichen Praxis, wie sehr der Umstand, dass mehr Kontakt weniger Unterhalt heißt, die Konflikte rund um die Kinder befeuert. Es wird immer wieder erbittert um einzelne Übernachtungen gestritten. Solche Verfahren ziehen sich in die Länge und kosten nicht nur Geld, sondern auch Kraft – insbesondere nicht nur die Eltern, sondern vor allem auch die Kinder. Das Gesprächsklima verbessert sich dadurch selten. Tatsächlich geht es dann nämlich häufig nicht nur um die Kinder, sondern auch um Geld – und das auf beiden Seiten. Manchmal gibt es Elternteile, die erst bei der Trennung den intensiven Wunsch nach möglichst viel Kontakt zu den Kindern verspüren und eine gleichteilige Betreuung anstreben, die sie beruflich gar nicht (selbst) leisten können. Manchmal gibt es auch Elternteile, die mehr Kontakte grundsätzlich befürworten würden, es sich aber finanziell ohne (vollen) Kindesunterhalt nicht ausgeht.

Schwierig ist auch, wenn die Lebensrealitäten von Personen, die jahrelang beruflich zurückgesteckt haben, um sich der Betreuung der gemeinsamen Kinder zu widmen, und als Folge weniger Einkommen haben, dabei nicht ausreichend berücksichtigt werden können. De facto bringt die Koppelung von Geld mit Kontakt Schwierigkeiten mit sich. Das Argument, dass, wer gleichteilig betreut und dennoch voll zahlen muss, im Nachteil sei, hat aber auch seine Berechtigung. (Theresa Kamp, 26.9.2023)