Sophie Turner bei der Vanity Fair Oscar Party
Derzeit wird viel über Sophie Turner und ihre Mutterqualitäten spekuliert.
REUTERS

Oh nein! Eines von Hollywoods Traumpaaren, die Schauspielerin Sophie Turner und Boyband-Star Joe Jonas, lassen sich nach vier Jahren Ehe scheiden! Zuletzt hat Turner den Vater ihrer zwei Kinder sogar verklagt, weil er sich geweigert haben soll, die gemeinsamen Töchter mit ihr zurück nach England gehen zu lassen!

Viele erinnern sich noch an Sansa Stark, gespielt von Sophie Turner, die in der Serie "Game of Thrones" auf ihrem Weg, "Queen in the North" zu werden, die schlimmsten Qualen durchmachen musste. Nun hat die Schauspielerin ganz andere Probleme: In Boulevardblättern wird sie in Berichten über ihre Scheidung als Rabenmutter dargestellt.

Doch warum interessiert uns die Trennung zweier Hollywoodsternchen, die viele STANDARD-Leser:innen wahrscheinlich nicht einmal vom Namen kennen? Weil sich auch hier wieder zeigt, wie unterschiedlich die Maßstäbe sind, die an die Geschlechter angelegt werden, und wie vor allem Mütter immer noch mit oft unerreichbaren Anforderungen konfrontiert sind. Und wie mit prominenten Frauen umgegangen wird, hat Auswirkungen auf den Rest der Gesellschaft – allen voran auf junge Frauen und Mädchen. Aber beginnen wir mit dem Anfang vom Ende.

Eindeutiges Bild

Sophie Turner und Joe Jonas sind seit 2019 verheiratet und haben mittlerweile zwei Kinder im Alter von ein und drei Jahren. Anfang September wurde bekannt, dass die beiden sich scheiden lassen. Wenig später hieß es auf ihren jeweiligen Instagram-Accounts: "Nach vier wundervollen Ehejahren haben wir gemeinsam entschieden, unsere Ehe in Freundschaft zu beenden." Und weiter: "Es gibt viele Spekulationen über die Gründe, aber es ist wirklich eine gemeinsame Entscheidung, und wir hoffen aufrichtig, dass alle den Wunsch nach Privatsphäre von uns und unseren Kindern respektieren."

Doch wie so oft hielt das die Klatschpresse nicht davon ab, zu stochern und zu spekulieren. Einen Tag nachdem die Trennung offiziell bekanntgegeben wurde, tauchten Bilder von Joe Jonas mit seinen beiden Töchtern auf, die zuvor fast nie von Paparazzi fotografiert worden waren. "Page Six" gab an, dass Jonas ein gemeinsames Sorgerecht für die Kinder forderte. Demnach würden die beiden hauptsächlich Zeit mit ihm verbringen, während Turner arbeitet.

Doch damit nicht genug: TMZ zitierte eine anonyme Quelle mit "direkter Kenntnis", dass Joe Jonas sich "so ziemlich die ganze Zeit" um die Kinder gekümmert habe, sogar während die Jonas Brothers in den USA auf Tour waren. "Sie feiert gerne, er bleibt lieber zu Hause. Sie haben sehr unterschiedliche Lebensstile", hieß es weiter. Die britische "Daily Mail" "enthüllte", dass Turner "nur wenige Tage" bevor die Scheidung bekannt wurde, "vollkommen unbekümmert" Party gemacht habe.

Jonas hingegen habe versucht, die Ehe zu "retten", und betrachte die Scheidung als "letzten Ausweg", sagte eine weitere Quelle (oder immer die gleiche Jonas offenkundig nahestehende?) zu "Page Six", aber "er musste das tun, was er als das Beste für seine Mädchen empfand". Einige Tage später berichteten diverse Medien über die auf einem spanischen Strand mit einem anderen knutschende Sophie Turner – irgendwo in Absatz zehn von zwölf findet sich dann die Information, dass es sich um eine Filmszene handelt. Gute Laune hatte sie laut "Page Six" bei den Dreharbeiten mitten in der Scheidung auch noch!

Das Bild war klar: Hier der Vorzeigepapa, der sich trotz Arbeit liebevoll um seine Kinder kümmert, dort die Rabenmutter, die sich im weit entfernten Europa schmusend bei Dreharbeiten befindet – also nicht für ihre Kinder da ist.

Zeiten haben sich geändert

Vor 20, 30 Jahren wäre dieses Bild vielleicht einfach so stehen geblieben, hätte vielleicht sogar Auswirkungen auf die Karriere Turners oder einen möglichen Sorgerechtsstreit gehabt. Erst Anfang des Jahres machte Schauspielerin Sharon Stone öffentlich, dass ihre Filmrollen im Sorgerechtsprozess 2004 gegen sie verwendet wurden, um das Bild einer schlechten Mutter zu zeichnen.

Heute, in Zeiten von sozialen Medien, ist das anders. Schnell wurde auf X (vormals Twitter) oder Instagram Kritik an der sexistischen Berichterstattung laut, auf Widersprüche hingewiesen. Etwa, dass Turner binnen dreier Jahre zwei Kinder geboren hat und in dieser Zeit ihrer schauspielerischen Tätigkeit kaum nachging.

Sie hatte sich außerdem noch zu Corona-Lockdown-Zeiten in einem Interview als "introvertiert" und eine "Stubenhockerin" bezeichnet, ihren Mann als geselligen "social butterfly": "Wenn ich den ganzen Tag zu Hause bleiben könnte, würde ich das tun, also ist das großartig für mich."

#ConanAtHome: Sophie Turner Full Interview | CONAN on TBS
Team Coco

Mit den "unterschiedlichen Lebensstilen" ist es also womöglich nicht ganz so schwarz und weiß: Sowohl Turner als auch Jonas sehen offenbar in dem:der Partner:in eine Person, die gerne Party macht. Was ja auch absolut okay ist: Abhängig vom im besten Fall gemeinsam vereinbarten Arrangement für die Kinderbetreuung sollen Mütter genauso Party machen – und auch lohnarbeiten – können wie Väter. Nur scheint es bei Vätern eigentlich nie eine negative Headline wert zu sein, wenn sie das tun. Für die Jonas Brothers stehen allein in den nächsten zwei Monaten fast 40 Konzerttermine an.

Aber zurück zu den sozialen Medien: Vor allem Frauen und marginalisierte Gruppen sind dort besonders viel Hass und Angriffen ausgesetzt. Gleichzeitig ist der Diskurs in den sozialen Medien aber deutlich vielstimmiger geworden, die Erzählung und das Framing liegt nicht mehr vor allem in den Händen von Boulevardblättern und Paparazzi. "Anfang der 2000er- und in den 1990er-Jahren, wenn jemand im Fernsehen Britney fragte, ob sie noch Jungfrau sei, oder über ihre Brüste als Teenager sprach, war das einfach im Fernsehen, und wir haben es konsumiert. Dann ist es verschwunden", sagt dazu auch Samantha Stark, Regisseurin der Dokumentation "Framing Britney Spears". "Es gab keine Möglichkeit, das sofort zu kommentieren, wie es heute der Fall ist."

Trotz des Widerspruchs, der inzwischen schneller und lauter kommt, zeigt auch der Fall Sophie Turner: Schiefe Bilder über Mutterschaft sind gesellschaftlich noch immer fest verankert. Väter scheinen auch heutzutage noch für den kleinsten Anteil, den sie bei der Betreuungsarbeit leisten, Lob zu kassieren, während Mütter, auch wenn sie sich abrackern ohne Ende, nur verlieren können. Sophie Turner hat sich bisher nicht zu der sexistischen Berichterstattung geäußert. Sie muss sich aber auch für nichts rechtfertigen. (Noura Maan, 22.9.2023)