Die Versorgung geflüchteter Menschen hat in Österreich schon manchen politischen Streit entfacht. Man erinnere sich an die Aufstellung von Zelten durch die Bundesbetreuungsagentur BBU vergangenen Herbst. Mangels genügender Quartiere für Asylwerbende in den Ländern waren die Bundesasylquartiere damals randvoll

Integrationsministerin Susanne Raab und Innenminister Gerhard Karner
Integrationsministerin Susanne Raab und Innenminister Gerhard Karner (von links) verhandeln über das Aufenthaltsrecht von Ukraineflüchtlingen.
Foto: APA/Benedikt Löbel

Nun ist in diesem Bereich einiges in Fluss geraten. So haben sich das türkise Innenministerium und das rote Land Wien auf neue Abrechnungsregeln für die Grundversorgung geeinigt: für jenes Unterbringungs- und Versorgungsangebot, das der österreichische Staat Flüchtlingen und anderen mittellosen Fremden zur Verfügung stellt.

"Arbeitspflicht"-Vorschlag aus Oberösterreich 

Beim Treffen der Landesflüchtlingsreferenten heute, Dienstag, in Kärnten will Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) das transparente Realkostenmodell auch anderen Bundesländern schmackhaft machen. Dem Vernehmen nach dürfte das auf die Schnelle nicht klappen. Um das Abrechnungssystem zu verändern, würde es in jedem Bundesland extra längere Vorbereitungen brauchen, heißt es.

Stattdessen soll sich offenbar ein Tagesordnungspunkt um die vom oberösterreichischen Integrationslandesrat Wolfgang Hattmansdorfer (ÖVP) ventilierte Verknüpfung der Grundversorgung an die Ausübung gemeinnütziger Tätigkeiten durch grundversorgte Menschen drehen: ein Vorschlag, den etwa Lukas Gahleitner von der Asylkoordination strikt ablehnt. Es handle sich dabei schlicht um "Arbeitspflicht", sagt er.

Fixer Leistungskatalog in der Grundversorgung

Worin aber besteht die Grundversorgungsneuerung zwischen dem Bund und Wien? Statt Tagsätzen, die zum Teil jahrelang nicht erhöht wurden und daher nicht mehr ausreichen, um genug Quartiergeber in den Bundesländern zu motivieren, neue Unterkünfte zu eröffnen, rechnen der Bund und das Land Wien ab kommendem Jahr die tatsächlich anfallenden Kosten ab.

Die entsprechenden Leistungen wurden in einer Arbeitsgruppe definiert und festgeschrieben, sodass sie auch kontrolliert werden können. Für die Versorgung Minderjähriger und vulnerabler Asylwerbender sowie von Flüchtlingen mit Behinderungen gilt das neue System rückwirkend ab Jänner 2023. Die Tagsätze waren hier besonders unzureichend.

In ÖVP wird um Ukrainevertriebene verhandelt

In Diskussion ist derzeit außerdem die Frage, ob – und, wenn ja, wie – bleibewillige Ukraine-Flüchtlinge statt ihrem derzeitigen Vertriebenenstatus fixe Aufenthaltsbewilligungen erhalten sollen. Hier herrscht Uneinigkeit in der ÖVP, es finden noch Verhandlungen statt. Innenminister Karner will Niederlassungsbewilligungen und Sozialhilfezugang für die rund 50.000 Menschen.

Integrationsministerin Susanne Raab schweben zusätzliche Kriterien vor. Sozialhilfe dürfe nur erhalten, wer sechs Monate mehr als geringfügig gearbeitet und erfolgreich Deutsch gelernt habe.

Derzeit gelten Flüchtlinge aus der Ukraine laut einer EU-weiten Richtlinie als Kriegsvertriebene. Sie können sich in der gesamten EU aufhalten und haben Zugang zum Arbeitsmarkt. In Österreich werden sie, so sie bedürftig sind, grundversorgt. Die Leistungen werden ihnen aber gestrichen, wenn die selbst Geld verdienen, was ihnen die Jobannahme sehr erschwert. Flüchtlings-NGOs fordern daher ihre Gleichstellung mit anerkannten Flüchtlingen.
(Irene Brickner, 19.9.2023)