Dürnstein
Die in der Wachau gelegene Stadt Dürnstein zählt mit dem markanten blauen Turm der Stiftskirche und der darüber gelegenen Ruine zu den beliebtesten Ausflugszielen in Niederösterreich.
DDSG Blue Danube / Kurt Patzak

Hitzewellen, Trockenperioden, Starkregen, Hochwasser, Schneemangel, Sturm, Erdrutsche und Steinschlag: Die teils verheerenden Auswirkungen des Klimawandels werden zusehends auch hierzulande spür- und sichtbar. Auch im idyllischen Niederösterreich hinterlassen die Folgen der globalen Erwärmung deutliche Spuren.

Doch nicht nur Privatpersonen sind von diesen Auswirkungen betroffen, ganze Wirtschaftszweige blicken einer ungewissen Zukunft entgegen. Einer dieser Sektoren ist die Tourismusbranche, die immer stärker in Bedrängnis gerät. Um künftig nicht an Attraktivität zu verlieren, steht die Sparte vor der Herausforderung, angemessene Vorkehrungen zu treffen.

Nachhaltige Tourismusstrategie

Für das Forschungsprojekt ClimATT II haben sich die Fachhochschule IMC Krems und die Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) zusammengeschlossen, um die Bedingungen und Anpassungsstrategien von 34 niederösterreichischen Sehenswürdigkeiten zu untersuchen. Teil des Projekts ist auch, etwaige Veränderungen im Verhalten von Besucherinnen und Besuchern zu erheben.

Das Ziel von ClimATT II besteht darin, ein fundiertes Verständnis der regionalen Gegebenheiten zu erlangen, um einer nachhaltigen Tourismusstrategie den Weg zu ebnen. Zu diesem Zweck lud das Forschungsteam die Führungskräfte betroffener Betriebe zu ausführlichen Interviews ein.

Gewinner und Verlierer

"Den Rosmarin haben wir früher noch mühsam einwintern müssen, jetzt gedeiht er in prächtigen Sträuchern. Dagegen ist der Bergahorn aufgrund extremen Hitzestresses ein absoluter Klimawandelverlierer", beschreibt Franz Gruber, Geschäftsführer von Die Garten Tulln, die gegenwärtige Wende im Gespräch mit dem STANDARD. Als Europas erste ökologische Gartenschau, die inzwischen zur Dauereinrichtung wurde, beschäftigt man sich dort bereits seit 15 Jahren intensiv mit dem Thema Klimawandeladaption. Regenwasserrückgewinnung, Reduktion versiegelter Böden und die Schaffung wohltuender Ruheplätze im Baumschatten für die Besucherinnen und Besucher sind nur einige von vielen Schritten, die gesetzt werden.

Bewässerung, Kühlung, Bepflanzung, Sanierung von Bauwerken, um sie klimafit zu machen, sind allesamt kosten- und energieintensive Maßnahmen, mit denen die Tourismusattraktionen konfrontiert sind. "Insgesamt besteht großer Handlungsbedarf, um sowohl entsprechende Klimaschutz- als auch Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen", führt die Projektleiterin von ClimATT II, Claudia Bauer-Krösbacher, aus.

"Bei historischen Gebäuden und Gärten stellt sich zudem die Frage nach der Vereinbarkeit der Anpassungsmaßnahmen mit dem Denkmalschutz", erklärt die Leiterin des Studiengangs Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft am IMC FH Krems. Diese Thematik betreffe unter anderem die Gebäudeerhaltung bei Wetterextremen, das Anbringen von Photovoltaikanlagen zur Nutzung von Sonnenenergie oder das Austauschen von Pflanzen, die unter den veränderten klimatischen Bedingungen nicht mehr überlebensfähig sind.

Flexibilität ist Trumpf

Neben anderen Schritten zur Anpassung ist besonders Flexibilität im Management gefragt, etwa durch variable Öffnungszeiten, die Verlegung von Veranstaltungen in kühlere Abendstunden oder die gezielte Nutzung der Nebensaison im Frühjahr und Herbst. Nachhaltige Mobilitätslösungen und eine Wetter-App mit Hinweisen zu Alternativangeboten sind ebenfalls empfehlenswert. Das Forschungsprojekt ClimATT II erhebt auch die sich verändernden Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher.

Dabei liefern Fokusgruppen und Einzelinterviews wertvolle Informationen über individuelle Planungsweisen von Ausflügen und auch über den Einfluss, den hierbei etwa Wetterbedingungen spielen. Entschließt sich eine Familie an Hitzetagen für den Besuch eines Museums? Oder nutzt sie stattdessen das Naturerlebnisangebot? Das Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung an der Boku führte dazu eine Befragung mit mehr als 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. Die Ergebnisse bestätigen, dass sich die Planungsmuster der Besucherinnen und Besucher verändert haben. Wie sich zeigt, suchen die Befragten verstärkt nach kühlen Oasen, führen ihre Ausflüge weniger spontan durch und planen darüber hinaus gezielter.

Deutlich zeigt sich außerdem auch, dass Attraktionen in größeren Höhenlagen und solche inmitten der Natur besonders beliebt sind. Letztere ziehen Menschen vor allem dann an, wenn sie Schatten- oder Wasserelemente bieten. Die Auswahl des jeweiligen Zielorts hängt aber nach wie vor stark von individuellen Interessen ab.

Pluspunkte erkennen

Auf Basis dieser umfassenden Einsichten werden touristischen Attraktionen Möglichkeiten aufgezeigt, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen. Festgehalten wird all das gesammelte Wissen in einem Handbuch für das Management der einzelnen Tourismusziele. So können sich touristische Einrichtungen an die neuen Bedingungen anpassen, vorhandene Potenziale ausschöpfen, ihre Attraktivität als Ausflugsziel erhalten und diese gegebenenfalls sogar steigern.

"Bemerkenswert ist, dass einige Attraktionen wie klimatisierte Museen oder höher gelegene Orte durchaus vom Klimawandel profitieren können", betont Projektleiterin Bauer-Krösbacher. "Einige Betriebe berichten von Saisonverlängerungen, andere freuen sich über laue Sommerabende, die sich hervorragend für Veranstaltungen eignen", sagt sie.

Der Abschluss des Forschungsprojekts, das vom Land Niederösterreich im Rahmen des FTI-Calls 2020 zum Thema Klimawandel gefördert wird, ist für das Jahr 2024 geplant. "Wir stehen in engem Kontakt mit den Geschäftspersonen. Gemeinsam legen wir fest, welche Anpassungsmaßnahmen wir umsetzen werden", erklärt Bauer-Krösbacher. Daneben wird auch auf langfristige Planungssicherheit gesetzt, wie die FH-Professorin erläutert: "Politische Entscheidungsträger werden in einem Workshop ebenfalls in das Forschungsprojekt eingebunden, um eine nachhaltige Unterstützung zu gewährleisten." (Julia Dvorin, 2.10.2023)